Titel: Verbrechen an der ThemseAutor: Agatha ChristieSprecher: Stephan BensonVerlag: Der HörverlagPreis: 9,99€Dauer: 3h 20m
Krimis gibt es wie Sand am Meer. Auch gute Krimis lassen sich recht einfach finden. Aber Krimis mit der ganz besonderen Portion Charme hat in meinen Augen fast nur eine geschrieben: Agatha Christie. Ich liebe die Fälle, die diese Dame sich für ihre Inspektoren einfallen ließ und genauso sehr liebe ich ihre Charaktere. Miss Marple und Hercule Poirot stapeln sich in meinen Regalen und auch mein Hörbuchregal ist sehr gut gefüllt. Doch so langsam habe ich alle Fälle dieser beiden Detektive durchgehört. Warum sich also nicht mal eine andere Geschichte aus der Feder von Christie wagen und den etwas unbekannteren Ermittlern eine Chance geben? Genau das dachte ich mir, als ich mir das Hörbuch „Verbrechen an der Themse“ aus dem Hörverlag zulegte. Hier ermittelt Parker Pine, der mir bisher noch kein Begriff war. Vergleicht man ihn mit den Namen Marple oder Poirot, wird man leider enttäuscht. Doch Pine hat auch einen ganz anderen Anspruch, einen statistischen. Und deswegen lohnt sich diese Kurzgeschichtensammlung eben doch.
Agatha Christie lässt ihren beliebten Privatdetektiv Parker Pyne in den Straßen Londons ermitteln.
Christopher Parker Pyne ist im wohlverdienten Ruhestand. Doch bald wird ihm langweilig und so annonciert er in der »Times« und bietet seine Dienste als Privatdetektiv an.
Nicht lange, da kommt eine betrogene Ehefrau, die ihren Mann zurückerobern will, sowie ein Soldat, der Geld braucht und zudem eine Frau fürs Leben sucht. Als ein verzweifelter Ehemann bei ihm klingelt, kann Parker Pyne allen seinen Klienten helfen. Doch da wendet sich eine junge Frau an ihn, die einen Diebstahl melden will. Aber der Privatdetektiv durchschaut rasch ihre Machenschaften und überführt sie wegen Betrugs!
Beginnen wir mal mit den recht formalen Angaben. Bei „Verbrechen an der Themse“ handelt es sich um eine Kurzgeschichtensammlung, die auf drei CDs vertont wurde und insgesamt fünf Geschichten beinhaltet. Das Cover passt wunderbar zur Agatha Christie-Reihe aus dem Hörverlag und das Booklet ist ebenfalls gelungen. Es enthält nicht ganz so viele Informationen, aber wenn man einen Überblick über die vorkommenden Figuren braucht, kann man dies nachgucken. Hier ist also schon einmal alles gut gelungen.
Auch der Sprecher der Geschichten, Stephan Benson, ist sehr gut ausgewählt und hat eine hervorragende Stimme für diese Geschichten. Seine ruhige und sehr tiefe Stimme passt super zu Parker Pine, weshalb das Setting sehr authentisch ist. Das Tempo und seine Betonungen haben mir ebenfalls gut gefallen.
Kommen wir also nun zum Inhalt der Kurzgeschichten. Und das ist der Punkt, mit dem ich erst einmal zurechtkommen musste. Parker Pine ist im Ruhestand und war sein Leben lang berufstätig. Er war aber nicht etwa Ermittler, sondern Beamter. Pine beschäftigt sich mit Vorliebe mit Statistiken und überträgt deren Erkenntnisse quasi auf die Wirklichkeit. Er hat eine Art Konzept entwickelt, wie er unglücklichen Menschen – rein statistisch betrachtet – helfen kann. Und deswegen bietet er in einer Zeitungsannonce seine Dienste an. Jede Geschichte beginnt mit dieser Annonce, die da lautet „Sind die glücklich? Wenn nicht, melden Sie sich bei Parker Pine…“. Oh Wunder, jede Geschichte der Sammlung handelt von einer Person, die sich bei Pine meldet und er versucht ihr zu helfen. Warum die Menschen alle unglücklich sind, ist natürlich unterschiedlich und meist sehr alltäglich: unglückliche Beziehungen, zu wenig Aufregung im Leben…eben der Alltag. Parker Pine beginnt dann, für die jeweilige Person eine Verbesserungsmöglichkeit zu entwickeln. Zum Beispiel glaubt eine Frau, dass ihr Mann eine Affäre hat. Die beiden sind schon lang verheiratet und offenbar ist die Luft raus aus der Beziehung. In diesem Fall schickt Pine dann einen seiner Mitarbeiter vor, der sich um eben diese Dame bemüht, um den Mann quasi zu zeigen, wie begehrenswert seine Frau ist. Es handelt sich also vielmehr um Psychologie und ja, auch ein kleines bisschen Betrug. Zumindest habe ich es beim Hören oft so verstanden. Von richtiger Detektivarbeit ist nämlich nie die Rede. Und tatsächlich wird auch niemand in dieser Kurzgeschichtensammlung umgebracht. Es geht nur darum, unglückliche Menschen glücklicher zu machen – auf die ein oder andere Art und Weise. Hat Pine immer Erfolg? Könnte man meinen, ist aber nicht so. Das wiederum fand ich sehr spannend. Die Fälle an sich ähneln sich aber manchmal doch recht stark. Das war vor allem bei „Der Fall der Ehefrau in mittleren Jahren“ und „Der Fall des unzufriedenen Ehemanns“ so. Die anderen drei Fälle haben mir deutlich besser gefallen. Meine Lieblingsgeschichte war „Der Fall des unzufriedenen Soldaten". Hier wurde das Setting, aber eben auch die Handlung, verändert und so entstand Spannung.
Insgesamt sind diese Geschichten nett für zwischendurch. Der Charme von Christie kommt durchaus zum Vorschein. Aber das Konzept ist eben einfach anders. Auch tritt der Protagonist Parker Pine wirklich selten in den Vordergrund. Vielleicht konnte er mein Herz auch deswegen nicht ganz erobern. Ich würde durchaus wieder zu einer seiner Geschichten greifen, denn irgendwo sind seine Methode und der Ansatz der Statistik auch wirklich interessant. Wer aber auf der Suche nach einem spannenden Kriminalfall inklusive Leiche ist, wird hier enttäuscht. Wer bei Alltagstätigkeiten, wie zum Beispiel Kochen, vom Alltag abgelenkt werden möchte, kann diese Sammlung allerdings ganz wunderbar hören.
Ich habe die Geschichten anfangs mit Skepsis und später mit viel Spaß gehört. Nachdem man sich an das Konzept von Parker Pine gewöhnt hat, wird man von dieser Kurzgeschichtensammlung gut unterhalten. Dennoch bietet sie nicht viel Nervenkitzel und die Spannung ist eine etwas seichtere. Für mich war es eine interessante und charmante Erfahrung und deswegen vergebe ich vier von fünf Sternen.