9. August 2023

Rezension [Hörbuch]: "Der Fall der verhängnisvollen Blumen" von Nancy Springer


Titel: Der Fall der verhängnisvollen Blumen - Ein Enola-Holmes Krimi
Autorin: Nancy Springer
Sprecherin: Luisa Wietzorek
Verlag: Der Hörverlag
Preis: 14,95€
Dauer: 4h 2m

Die klassischen Detektive hatten es mir schon immer angetan. Allen voran die Großen der Szene: Hercule Poirot und natürlich Sherlock Holmes. Selbstverständlich bemerkte ich dann auch das Auftauchen einer gewissen Enola Holmes – auf Netflix. Die beiden Filme um die jüngere Schwester von Sherlock und Mycroft gefielen mir sehr gut. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir nicht bewusst war, dass die Filme auf einer Jugendbuchreihe von Nancy Springer basieren. Ein Versäumnis meinerseits, das dringend bereinigt werden musste. Und so begann ich mit (dem eigentlich dritten Fall) diese Reihe. „Der Fall der verhängnisvollen Blumen“ entführt den Leser – oder in meinem Fall Hörer – in das heruntergekommene London, in dem sich ein junges, aber sehr intelligentes Mädchen allein durchschlägt und mit allen Mitteln vor ihren Brüdern flieht.
Können die Bücher es mit den Filmen aufnehmen? Definitiv! Ich hatte beim Hören jedenfalls eine Menge Spaß und wurde hervorragend von der jungen, quirligen und etwas schräg denkenden Enola unterhalten.

Dr. Watson ist verschwunden und Meisterdetektiv Sherlock Holmes ist ratlos. Enola Holmes macht sich auf die Suche nach Dr. Watson, obwohl sie damit in Gefahr gerät, von ihren Brüdern Mycroft und Sherlock entdeckt und ins Internat gesteckt zu werden. Als sie einen Blumenstrauß in Dr. Watsons Haus bemerkt, dessen Blüten allesamt den Tod symbolisieren, muss sie schnell handeln. Denn offenbar ist Dr. Watson in Lebensgefahr. Kann sie Dr. Watson rechtzeitig aufspüren?

Ich bin kein Fan davon, eine Reihe mittendrin zu beginnen. Doch im „Fall der verhängnisvollen Blumen“ kann ich somit immerhin garantieren, dass sich dieses Buch auch ohne Vorkenntnisse hören lässt und man alles versteht. Bestimmt ist es viel sinnvoller, zunächst Band eins und zwei zu lesen/hören, um noch mehr Hintergrundinfos zu bekommen. Kennt man aber die Filme, reicht dies auch völlig.
Enola ist die deutlich jüngere Schwester von Sherlock Holmes, dem Meisterdetektiv. Doch wie ihr großer Bruder auch, hat Enola ausgefallene Hobbys und hat sich dem Aufspüren vermisster Personen oder Gegenständen verschrieben. Dabei klammert sie aus, dass auch sie quasi vermisst wird. Denn sie ist untergetaucht, um ihren Brüdern zu entgehen, die sie vermutlich in ein Pensionat oder eine Anstalt stecken wollen. Im verruchten und dunklen London gelingt es dem selbständigen Mädchen recht gut, sich zu verbergen. Als Enola aber in der Zeitung liest, dass Dr. Watson verschwunden ist, geht sie das Risiko ein, ihrem Bruder Sherlock in die Quere zu kommen. Denn der sympathische Arzt muss unbedingt gefunden werden – Bruder hin oder her. Enola beginnt also auf eigne Faust, Watson zu suchen. Als Hörer weiß man bereits aus dem Prolog, wo er sich aufhält und kann somit immer gut feststellen, ob Enola eine heiße Spur hat oder im Dunkeln tappt. Insgesamt ist ihr Denken dem ihres Bruders natürlich recht ähnlich. Doch es ist wirklich angenehm, dass die Detektivin dabei keinesfalls unnahbar ist. Sie ist auf den ersten Blick kein großes Genie, sondern recht praktisch veranlagt. Um ermitteln zu können, überlegt sie lange, welche Verkleidung sinnvoll ist. Sie hat große Kenntnis über die Sprache der Blumen und weiß, wie man Dinge vortäuscht. Aber jeder ihrer Schritte ist nachvollziehbar und gerade deswegen klappt die Identifikation mit „der kleinen Schwester“ so gut. Enola ist klug, gar keine Frage. Aber im Grunde ist sie auch ein ganz normales Mädchen, das sich nach ihrer Mutter sehnt. Sie kann eben nichts dafür in diese Familie hineingeboren zu sein.
Einer der ersten Schritte der Ermittlung ist ein Besuch bei Mary Watson. Eben dort fällt ihr ein absonderlicher Blumenstrauß ins Auge. Ihr ist sofort klar, dass er vom Täter stammen muss. Und so nimmt die Ermittlung ihren Lauf. Die misstrauische Enola geht dabei logisch, aber nachvollziehbar vor. Und findet auch ein wenig durch Zufall die Lösung. Aber wird sie am Ende doch von ihren Brüdern übertrumpft?
Ich fand die gesamte Geschichte super unterhaltsam. Der Fall ist spannend und hat schon allein durch die Protagonistin etwas Feminines. Und das ist bei Detektiven (Verzeihung, Miss Marple) doch eher neu. Enola als Hauptfigur ist sehr einsam und offenbart sich dem Hörer durch ihre Gedanken sehr gut. Ich fand sie einfach toll! Und auch ihre Ermittlungsart gefiel mir sehr gut.
Es ist nur passend, dass natürlich auch ihre Stimme, die ihr von Luisa Wietzorek geliehen wird, wunderbar zur Geschichte passt. Es handelt sich dabei auch um die Synchronsprecherin der Netflix-Filme. Wer diese also kennt, hat sofort ein Gesicht vor Augen. Enola beschreibt sich übrigens zumeist als nicht sehr ansehnlich…das wiederum passt zwar nicht zur Besetzung, aber was soll’s. Die Sprecherin Wietzorek macht ihre Aufgabe jedenfalls mehr als gut. Sie liest auch die verschiedenen Charaktere sehr passend und nimmt den Hörer so mit ins London des neunzehnten Jahrhunderts. Das übrigens fand ich besonders charmant: die Atmosphäre der Zeit. Enola kommuniziert viel durch Zeitungsannoncen und Codes. Schade, dass es so etwas heute nicht mehr gibt. Auch sonst ist die Stimmung des tristen Londons der Unterschicht sehr gut eingefangen.

Ich habe einfach rein gar nichts an „Der Fall der verhängnisvollen Blumen“ auszusetzen. Die Protagonistin ist toll und nahbar, die Sprecherin liest hervorragend und die Geschichte ist unterhaltsam und kurzweilig. Der Fall erscheint so normal, denn es geschieht ja nicht einmal ein Mord. Und trotzdem ist sie etwas ganz Besonderes. Dass der große Sherlock Holmes nur in einer Nebenrolle auftritt, fällt eigentlich gar nicht auf. Denn die Bühne gehört zurecht seiner kleinen Schwester. Und dieser verleihe ich mit ihrem dritten Fall fünf Sterne.




1. August 2023

Rezension [Hörbuch]: "Arielle die Meerjungfrau"


Titel: Arielle die Meerjungfrau
Sprecherin: Rieke Werner
Verlag: Der Hörverlag
Preis: 9,99€
Dauer: 3h 33m
 

Schon als kleines Mädchen habe ich Arielle geliebt. Ich weiß nicht, wie oft ich den Disneyfilm, die dazugehörige Serie oder sogar den zweiten Teil mit ihrer Tochter Melody gesehen habe. Die rothaarige Prinzessin steht sogar heute noch als Funko bei mir im Bücherregal. Die Liebe zu dieser Figur besteht also schon lange. Daher war es absolut klar, dass ich auch die neue Realverfilmung von Disney sehen muss. Als ich aber sah, dass es ein dazugehöriges Hörbuch gibt, wusste ich, dass ich dieses unbedingt zuerst hören muss. Denn das Medium des Hörbuchs hat definitiv auch Vorteile gegenüber dem Film. Aber konnte „Arielle die Meerjungfrau“ diese auch ausspielen? Oh ja! Mit diesem Hörbuch bekommt man nämlich die wundervoll magische Welt der kleinen Meerjungfrau und gleichzeitig alle Emotionen und versteckten Gedanken, die vielleicht im Film nicht ganz klar sind. Absolute Hörempfehlung!

Die Meerjungfrau Arielle lebt mit ihrer Familie in einem Meeresreich, das von ihrem Vater, König Triton, regiert wird. Sie singt gerne und sehnt sich heimlich nach dem Leben auf der Wasseroberfläche. Immer wieder bricht das junge Mädchen mit der schönen Stimme die Regeln und nähert sich der Welt der Menschen. Arielle ist fasziniert von den Menschen, ihren Sitten und Gebräuchen, und dem Menschenprinzen Eric. Und auch Eric bekommt die schöne Stimme des Mädchens nicht aus dem Kopf, die er aus dem Meer hörte. Arielle geht einen Pakt mit einer bösen Meerhexe ein, um das Leben an Land kennenzulernen, der sie aber letztlich in Lebensgefahr bringt.

Die Geschichte von Arielle ist ja bekannt. Trotzdem war ich gespannt, ob es Änderungen gegeben hat. Das Original ist schließlich das Märchen von Hans Christian Andersen und das ist bekanntlich in vielen Aspekten ganz anders als das, was Disney später aus der kleinen Meerjungfrau machte. Aber Fans können hier aufatmen: Bis auf kleine Änderungen ist die Geschichte dieselbe wie im Zeichentrickfilm. Diese Änderungen betreffen ein paar Charaktere, wie zum Beispiel Erics Mutter oder dass der Koch Louis keine Rolle spielt. Auch die Handlung ist in kleinen Teilen anders, vielleicht etwas „realistischer“. Skuttle zum Beispiel ist eine weibliche Möwe (, was ich wirklich gut finde, denn es gibt einfach zu viele männliche Charaktere in Disneyfilmen!) und Fabius spielt natürlich keine so große Rolle. Das Handlungsgerüst ist und bleibt aber das gleiche: Arielle verliebt sich in einen Menschen und möchte selbst ein Mensch sein. Die böse Meerhexe Ursula hilft ihr bei diesem Vorhaben und hat ihre ganz eigenen Hintergedanken. Zur Geschichte selbst brauche ich also nichts weiter sagen. Mir gefielen diese winzigen Änderungen wirklich sehr und irgendwie waren sie auch nötig, damit der Film eigenständig ist. Die Geschichte ist total unterhaltsam und sehr humorvoll. Ich konnte mir beim Hören gut vorstellen, wie die Szenen im Film wohl aussehen. Sebastian ist auch in dieser Version ein sehr lustiger Charakter, der mir sehr gut gefiel. Auch der sensible Eric ist wirklich interessant. Und mir gefiel auch diese neue Version von Arielle selbst. Sie ist natürlich naiv – das muss sie für die Geschichte auch sein – aber sie ist selbständiger als früher. Insgesamt ist die Handlung sehr kurzweilig und entführt in die wundervolle (Unterwasser-)Welt. Ich habe mich allerdings gefragt, ob es im Film Lieder gibt. Diese sind im Hörbuch nämlich nicht, obwohl angedeutet wird, dass es sie geben könnte. Das tut dem Unterhaltungsfaktor aber keinen Abbruch.
Das allerbeste an diesem Hörbuch aber ist die Sprecherin. Ich habe gelesen, dass Rieke Werner auch die Synchronstimme von Arielle ist. Das finde ich wirklich wundervoll, denn ich kann mir keine bessere Stimme für die Meerprinzessin vorstellen. Werner liest die Geschichte hervorragend und sorgt dafür, dass man sich als Hörer sofort fallen lässt. Sie interpretiert die Geschichte einfach toll und hat eine sehr schöne Stimme. Auch dank ihr hatte ich das Gefühl, die Charaktere richtig gut zu kennen. Denn dies ist der große Vorteil des Hörbuchs: Der Hörer bekommt einen Einblick in das Innenleben der Figuren. Denn  - wie in einem Buch auch – die Autorin beschreibt natürlich die Gefühle der Hauptpersonen. Man weiß genau und kann nachempfinden, wann Arielle nervös ist oder an sich zweifelt. Man weiß, dass Eric unzufrieden ist und fühlt mit ihm. All das kann sicher auch durch schauspielerische Leistungen zu erkennen sein, aber im Hörbuch werden die Emotionen ganz deutlich. Und das war wirklich schön.
Ein paar Sätze möchte ich noch zur bekannten Debatte fallen lassen. Ich will den Film auf jeden Fall sehen! Und das auch, obwohl ich mit der rothaarigen, weißen Arielle aufgewachsen bin. Ich bin mir nämlich sicher, dass auch eine farbige Arielle ganz zauberhaft sein wird. Ich finde es toll, dass Disney hier eine Offenheit an den Tag legt, die längst überfällig ist.

Das Hörbuch „Arielle die Meerjungfrau“ hält genau, was es verspricht. Es ist kurzweilig, sehr unterhaltsam und wirklich humorvoll. Man verliert sich sehr schnell in dieser Welt, die allen Disneyfans bekannt und trotzdem hier wieder ganz neu ist. Ich kann die Geschichte nur empfehlen und vergebe volle fünf Sterne für diese schöne und emotionale Interpretation mit einer überragenden Sprecherin.