Titel: Intrige
Autor: Robert Harris
Verlag: Random House Audio
Preis: 3,99€
Seiten/ Dauer: 625/ 6:53 Min.
Vor Jahren las ich ein Buch von Robert Harris, das sich mit dem Leben des griechischen Redners Cicero befasst („Imperium“). Ich habe es geliebt. Umso begeisterter war ich, als ich das Hörbuch „Intrige“ geschenkt bekam, das ebenfalls aus der Feder von Mr. Harris stammt. Diesmal das Thema: Die Dreyfus-Affäre Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich. Eine spannende, aber bürokratische Geschichte, die in der Realität wahrscheinlich explosiver war, als es in diesem Hörbuch geschildert wird. Die Handlung an sich gefiel mir. Doch durch ausschweifende Erzählungen, unsympathische Entscheidungen, einen nicht sehr überzeugenden Vorleser und die vielen, verwirrenden, französischen Namen bleibt das Hörbuch leider nur mittelmäßig.
Klappentext
Am 22. Dezember 1894 wird der französische Hauptmann Alfred Dreyfus wegen Landesverrat zu lebenslanger Haft verurteilt und verbannt. Ein Justizirrtum, wie er beteuert und wovon auch der neue Geheimdienstchef Picquart zunehmend überzeugt ist. In den Wirren der Dreyfus-Affäre, die ganz Europa erschüttert, rollt er den Fall neu auf. Weshalb er bald selbst zwischen die Mühlräder der Macht gerät und das Ziel dunkler Machenschaften wird
Meinung
Ich bin mal wieder gezwungen mir eine traurige Wahrheit einzugestehen. Obwohl ich in der Theorie studierte Historikerin bin, hatte ich zuvor noch nie von der Dreyfus-Affäre gehört. Traurig, aber wahr. Das war aber nur ein Grund mehr, warum ich mich auf das Hörbuch „Intrige“, gelesen von Hannes Jaenicke, gefreut habe. Es handelt sich um eine lange und komplizierte Geschichte. Das liegt natürlich vor allem am Ursprung. Es gefällt mir sehr, dass Harris sich immer mit historischen Zweifelsfällen auseinandersetzt, seine eigene Note mit hineinbringt und Geschehnisse aus der Vergangenheit in Romanform den Lesern näher bringt. So hat das Ganze noch einen bildenden Charakter. Durchaus habe ich während des Hörens etwas gelernt. Doch vor allem war ich verwirrt. Der manchmal sehr grobe, manchmal sehr feine Stil von Harris ist gelungen. Wird einem das Buch aber vorgelesen, macht das die Sache unnötig kompliziert. Das große Problem lag für mich an der Vielfalt der Namen. Die Hauptbühne des Romans bildet die französische Regierung Ende des 19. Jahrhunderts. Der Protagonist Marie-Georges Piquart, der Chef des Geheimdienstes wird, ist ein vernünftiger und rechtschaffender Mann. Er ist kein sympathischer Charakter, aber er tut das Richtige. Auf der politischen Bühne spielen nun aber eine Menge andere Figuren noch eine Rolle. Und die haben alle sehr glatte französische Namen. Spätestens ab CD 4 steigt man als Hörer nicht mehr so richtig durch, wer denn jetzt eigentlich wer ist und welche Funktion diese Figur in der Regierung innehat. Wer ist nochmal welcher Meinung? Wer ist Freund, wer Feind? Das Wichtige kann man als Hörer natürlich trotzdem verstehen, dennoch verkompliziert das die Sache. Als Historikerin finde ich es gut und richtig, dass die wahren historischen Persönlichkeiten aufgegriffen werden und der Roman sich an die Quellen hält, aber als Hörerin war mir das Ganze zu viel. Und außerdem zu dröge. Denn die Geschichte hat keine durchgehende Spannungskurve. Vor allem zu Beginn braucht sie viel Zeit um in Fahrt zu kommen. Piquart beschreibt manchmal in eine Art Tagebuchform, wie er die Geschehnisse erlebt. Dazu gehört dann auch, welche Straße er wann lang gegangen ist – was einfach völlig unnötig ist. Beschreibungen dieser Art finden sich zu Hauf. Das macht das Hören manchmal langweilig. Allerdings ist es nicht durchgehend so. Man wird als Leser ebenfalls verdammt wütend, weil die Lage der Geschichte so ungerecht ist. Man fiebert in gewisser Weise mit. Und da ich den Ausgang der Dreyfus-Affäre nicht kannte, war es für mich durchaus spannend. Das Ende aber war unbefriedigend.
Ein Wort noch zum Vorleser: Obwohl er als emotional brillant beschrieben wird, fand ich ihn eher monoton. Andererseits bringt er die Persönlichkeit Piquarts gut herüber. Leider machte es die Sache für mich nicht besser. In den fast 7 Stunden sorgte die Art des Vorlesens durchaus manchmal dafür, dass ich müde wurde.
Fazit
Eine Geschichte mit viel Potenzial und noch viel mehr Komplikationen. Ein erschwertes Hören und ein Vorleser, der nur in seiner Verkörperung des Protagonisten glänzen kann. Die Dreyfus-Affäre scheint die reinste Bürokratie-Intrige gewesen zu sein und das empfand ich durchaus als interessant. Es gibt Höhen und Tiefen, doch grundsätzlich ist die Geschichte in die Länge gezogen. Ich komme auf 2,5 Spitzenschuhe, da es sich für mich zwar um interessante Allgemeinbildung, aber nicht um ein Hörvergnügen gehandelt hat.