Titel: Federn über London - IrreführungAutor: Sabine SchulterVerlag: selfpublishedPreis: 4,99€Seiten: 334
Es ist noch gar nicht lange her, da eroberte Sabine Schulter
mit „Federn über London – Erwachen“ wieder einmal mein Fantasy-Herz. Ich war
von dieser neuen Welt der Schutz- und Todesengel fasziniert und freute mich
sehr auf den zweiten Teil der vierbändigen Reihe. Endlich zurück zu dem ruhigen
Ease, den zauberhaften Vellas und den Geheimnissen zwischen Ober- und
Unterwelt!
Und da die Autorin höchst ambitioniert ist, musste ich nur wenige Monate warten,
bis ich Band zwei in den Händen hielt. Er trägt den passenden Titel „Irreführung“,
denn genau das ist das große Thema des Buches. Ich begab mich gemeinsam mit
Clear und Co. auf die Suche nach Antworten, riet mit und bangte um die
Charaktere. „Irreführung“ bereitete mir viele schöne Lesestunden. Alles, was
ich an Band eins geliebt hatte, hatte ich zurück. Doch klitzekleine Abstriche
musste ich auch machen.
Völlig unerwartet
erhält Clear ihren ersten Schub und steigt zu einem Engel des zweiten
Trimesters auf. Zuerst erleichtert sie das, denn es bedeutet, dass sie
gemeinsam mit Ease und den anderen Todesengeln die Seelen Verstorbener
einsammeln kann.
Doch London ist in Aufruhr und die Vermutung, dass das dunkle Nichts Jagd auf
Clear und ihre Kollegen macht, birgt große Gefahren. Niemand weiß, wer den
Jäger aufgeschreckt hat, aber ein Hinweis führt sie direkt in die Tiefen der
Unterwelt. Zusammen mit ihren Kollegen und dem gefallenen Engel Daimion begibt
sich Clear dorthin, ohne zu merken, dass die Lösung vieler Rätsel direkt vor
ihr liegt.
An „Erwachen“ habe ich vieles gelobt. Besonders stach der
Weltentwurf für mich heraus und das hat sich zu Band zwei keinesfalls geändert.
Sabine Schulter hat sich viele Gedanken gemacht und eine furchtbar innovative
Idee niedergeschrieben. Ich liebe es immer, wenn ich in eine Welt eintauchen
kann, die ich so noch nicht kannte. Hier koppelt die Autorin so viel Bekanntes
miteinander, bringt es in eine neue Reihenfolge und heraus kommt ein spannendes
Setting. Spannend ist generell eine gute Beschreibung für die Handlung von „Federn
über London“. Band eins endete fulminant und mit einem großen „Bang“. Schön ist
es für den Leser, dass er auf den ersten Seiten von „Irreführung“ sofort zum
Schauplatz des Finales des Vorgängers zurückkehrt. Die Geschichte geht nahtlos
weiter und man weiß schnell wieder, was als letztes passiert war. Insgesamt
wird der Spannungsbogen gut aufrechterhalten, ohne dabei gekünstelt zu sein. „Irreführung“
braucht keine tausend Schlachten und Kämpfe, um spannend zu sein. Die Spannung
lag hier für mich auch durchaus im Entdecken der Welt an sich. Ein großer Teil
des Buches spielt nämlich in der Unterwelt. Von dieser hat der Leser in Band eins
noch nicht ganz so viel mitbekommen. Auch deswegen gefielen mir gerade diese
Kapitel so gut.
Warum Unterwelt? Weil die Todesengel von London den Auftrag bekommen,
herauszufinden, wo der neue Machtstrom hinführt, der in der Akademie der Engel
aufgetaucht ist. Und deswegen machen Ease und sein Team sich auf in die
Unterwelt. Natürlich ist auch die eigentliche Protagonistin Clear mit von der
Partie und damit die Sache noch spannender wird, nehmen die Todesengel auch
Daimion, den gefallenen Engel, mit. Auf dieser Mission begegnen die Engel
vielen unbekannten Wesen und geraten natürlich auch in Schwierigkeiten. Die
einzelnen Ringe der Unterwelt kennenzulernen, hat mir viel Spaß gemacht. Hier
konnte die Autorin ihr Gespür für fantastische Welten unter Beweis stellen!
Sabine Schulter schreibt sehr bildreich und die Wesen, die sie mit ihrer
Sprache erschaffen hat, erscheinen dem Leser direkt vor Augen. Insgesamt ist
der Schreibstil übrigens gelungen und sehr flüssig.
Aber zurück zur Geschichte. Ich habe sie als spannend beschrieben, doch es gibt
auch die ruhigeren Momente. Für diese sorgt zumeist der ruhige und besonne
Ease, der sich schon im ersten Teil zu meinem Liebling gemausert hat. Der
Anführer der Todesengel ist ein sehr ruhiger Zeitgenosse, der seine Gefühle
nicht nach außen trägt. Doch die eigentliche Protagonistin Clear löst in ihm Dinge aus, mit denen er kaum
umzugehen weiß. Die Kapitel aus Ease Sicht haben mir sehr gut gefallen, denn
sein Innenleben ist interessant. Außerdem habe ich ihm immer die Daumen in
Hinsicht auf Clear gedrückt. Doch die neu erwachte Clear macht ja bekanntlich
nie das, was man von ihr erwartet. In Sachen Liebesdingen hat die Autorin mich
übrigens auch sehr überrascht und genau das gefiel mir. Ich möchte an dieser
Stelle nichts weiter dazu sagen, aber ich hoffe doch sehr, dass Clears Herz in
den kommenden beiden Bänden noch eine Menge durchmachen wird.
„Irreführung“ ist spannend, aber auch kurzweilig. Man kommt sehr schnell beim
Lesen voran. Das liegt natürlich auch an den tollen Kapiteln, die als kleiner
Showdown verfasst sind. Die letzten Kapitel sind allesamt so gestaltet. Ihr
dachtet, Band eins hätte einen fulminanten Abschluss? Dann lasst euch mal von
Band zwei überraschen. In den letzten Kapiteln geht es noch viel mehr zur
Sache, als in „Erwachen“. Doch hier kommt mein erster Kritikpunkt: So spannend
die Suche um denjenigen ist, der die „Irreführung“ steuert, so ist des Rätsels
Lösung doch relativ offensichtlich. Mich hat es zumindest kein bisschen
überrascht, was schade ist. Überrascht hat mich allerdings, dass auf der
allerletzten Seite dann doch wieder ein fieser Cliffhanger kommt und man sich
denkt: „Oh nein, und jetzt?“. Ich bin sehr gespannt, ob auch Band drei wieder
direkt an seinen Vorgänger anschließen wird.
Ich sagte bereits, dass die Handlung, das Setting und der Schreibstil wirklich
toll sind. Und das gilt auch weiterhin für die Figuren. Ich persönlich habe
zwar immer noch keinen Draht zu Clear geknüpft, aber dafür gefallen mir viele
andere Figuren sehr. In diesem Teil fand ich Aura zum Beispiel auch sehr
präsent und interessant. Auch Black und Daimion sind kleine Herzensbrecher.
Doch der größte unter ihnen bleibt Zerus, der Vellas der Beruhigung. Ich
beneide Clear um diesen kleinen Kameraden wirklich sehr. Er sorgt auch in der
Geschichte immer mal wieder für einen süßen Moment, was mich des Öfteren lächeln
ließ.
Was ebenfalls toll an diesem Buch ist, ist der Grad der ungeklärten Dinge. Denn
auch, wenn man nun schon die Hälfte der Reihe gelesen hat, so hat man doch das
Gefühl, dass so vieles noch offen ist. Warum folgt Zerus Clear? Wird Clear ins
dritte Trimester kommen? Ist ihr Herz bereits vergeben? Und was passiert nun
mit den Wesen der Ober- und der Unterwelt? Ich brenne auf die Antworten auf
diese Fragen und deswegen freue ich mich jetzt schon auf Mai, wenn Band drei
herauskommt.
Doch einen Kritikpunkt habe ich noch: Wie ich in meiner Rezension von Band eins
schon erwähnte, wird die Reihe aus drei Perspektiven erzählt: Clear, Ease und
Lance. Als Protagonistin muss man Clear ausmachen, doch auch Ease prägt große
Teile der Handlung. Lance Bedeutung für die Geschichte verstehe ich ehrlich
gesagt noch nicht so ganz. Sicher, er ist der Leiter der Schutzstaffel und
einer der wichtigsten Schutzengel der Akademie. Außerdem ist er ein wirklich
lieber Charakter und in seinen Kapiteln erfährt man Dinge, die die Todesengel
nicht wissen können. Und doch finde ich diese Kapitel immer etwas blass. Generell
muss ich kritisieren, dass mir die unterschiedlichen Perspektiven nicht
verschieden genug sind. Man kann die drei Figuren zumindest nicht anhand des
Schreibstils auseinanderhalten und das finde ich schade.
Kommen wir aber doch wieder zurück zum Guten: Spannung?
Check. Tolle und interessante Figuren, deren Beziehungen sich noch entwickeln?
Check. Guter Schreibstil? Check. Ein tolles Setting mit neuen Ideen? Auf jeden
Fall: Check. Ich weiß also gar nicht, was ich noch hinzufügen soll. „Irreführung“
ist ein spannender zweiter Teil, der dem Leser mehr über die Ober- und
Unterwelt und das Leben der Schutz- und Todesengel zeigt. Es gibt Kämpfe, große
Gefühle und süße Momente. Zwei Dinge habe ich kritisiert und deswegen ziehe ich
einen halben Punkt ab. Nichtsdestotrotz bin ich sehr gern in die Welt von Clear
zurückgekehrt und freue mich schon, das bald wieder zu tun. Ich vergebe 4,5
Sterne für „Federn über London – Irreführung“.
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