Titel: Eleanor
Autor: Jason Gurley
Verlag: Heyne
Preis: 14,99€
Seiten: 416
Ich bin auf das Buch „Eleanor“ aufmerksam geworden, als ich
einen Blick in den Klappentext warf. Eine Mischung aus Fantasy und Realität
erwartet den Leser. Dazu kommt ein ominöses Geheimnis, das mich sehr neugierig
machte. Ein völlig subjektiver Grund, warum ich zu diesem Buch griff, ist der
Titel. Ich liebe den Namen „Eléna“ und „Eleanor“ ist im Englischen nicht so
weit weg davon…also: Lesen. Anfangs musste ich sehr mit der brutalen Geschichte
kämpfen. Dann nimmt das Buch an Fahrt auf und wird spannender. Man taucht
tiefer in Jason Gurleys erschaffene Welt ein und findet langsam die Logik.
Nichtsdestotrotz ist diese nicht immer leicht zu finden. Der Leser ist schnell
verwirrt, denn im Buch herrscht das reinste Chaos. Erst nach gut 300 Seiten
gewinnt man an Durchblick und das ist wirklich anstrengend. „Eleanor“ ist
wirklich auf eine gewisse Weise ein besonderes Buch. Man kann schnell erfassen,
dass Gurley fast 15 Jahre an dieser Geschichte geschrieben hat. Denn sie ist
komplex, kompliziert, nicht wirklich greifbar und hat dennoch ihre ganz eigene
Logik. Ich finde das Buch faszinierend, aber man muss es mit sehr viel
Aufmerksamkeit und Zeit lesen, damit man den Zauber dahinter verstehen kann –
und das zu schaffen ist ein Kunststück für sich.
Klappentext
Das Leben der jungen Eleanor gerät völlig aus den Fugen, als
ihre Zwillingsschwester Esme bei einem Autounfall stirbt: Der Vater verlässt
die Familie, die Mutter ergibt sich dem Alkohol. Eines Tages tritt Eleanor in
der Schule durch die Tür der Cafeteria und befindet sich plötzlich zu einer
völlig anderen Zeit an einem völlig anderen Ort. Im Laufe der Jahre fällt
Eleanor immer öfter aus der Zeit und kommt schließlich einem magischen
Geheimnis auf die Spur – einem Geheimnis, das mit dem Tod ihrer Schwester zu
tun hat …
Meinung
„Eleanor“ ist ein tragisches Buch. Dieser Punkt muss gleich
zu Beginn klargestellt werden. Ich zum Beispiel hatte das nicht so heftig erwartet und
war daher von den Geschehnissen erschlagen. Hinzu kommt der komplizierte Aufbau
des Buches. Als wenn diese traurige und brutale Tragödie nicht genug ist, muss
der Leser erst einmal vieles begreifen, um sich zurecht zu finden.
Im Grunde ist das Buch in einen Prolog, vier verschiedene Teile und einen
abschließenden Epilog geteilt. Der Pro- wie auch Epilog befassen sich ebenfalls
mit einer Eleanor, allerdings nicht der Protagonistin. Hier begegnet dem Leser
die Großmutter der späteren Eleanor, die spurlos verschwindet. Dass sie eine
zentrale Bedeutung für die Geschichte hat, ist schnell klar. Genauso tragisch,
wie die Geschichte beginnt, geht sie weiter. Dem Leser wird die Familie um die
Zwillinge herum vorgestellt, der schreckliche Autounfall wird beschrieben und spätestens
hier hat sich das Gesicht jedes Lesers zu einer traurigen Grimasse verzogen.
Die Themen in diesem Buch haben mich auf den ersten 100 Seiten beinahe
erschlagen. Jason Gurley konfrontiert den Leser mit Themen, die er im Alltag
normalerweise meiden würde. Für mich persönlich war die Alkoholsucht von
Eleanors Mutter der schlimmste Punkt. Durch diese geballte Themenwahl fühlte
ich mich mit dem Buch unwohl. Ich war konfrontiert mit zu viel brutaler
Realität, der ich doch eigentlich durch das Lesen entrinnen will. Aber gut, man
muss sich auf das Buch einlassen. Und das ist gar nicht so einfach.
Denn es ist nicht so, als wenn die junge Eleanor, die wir nach dem Unfall, bei
dem sie sechs ist, mit 14 Jahren kennenlernen, die einzige Erzählerin wäre. Sie
nimmt den größten Teil ein. Aber dann wäre das noch die mysteriöse Mea, die
körperlos im Nichts schwebt. Als wäre das nicht verwirrend genug, kommt noch „Die
Hüterin“ hinzu – und die ist so richtig merkwürdig. Ich wusste lange Zeit
nicht, was ich mit ihr, ihrem Schatten und der komischen Welt, in der sie lebt,
anfangen soll. Denn die Hüterin hat nicht viel Reales an sich und dennoch
werden ihre Passagen immer wichtiger und größer. Für mich war sie lange Zeit ein
wahres Rätsel und ich habe ihre Passagen auch wirklich nicht gern gelesen. Am Ende komme noch Paul, Agnes, Geraldine und Jack als Erzähler hinzu.
Vielleicht kennt ihr das: Man braucht einige Tage und schafft nur wenig in
einem Buch. Dann kommt ein Tag, an dem man viel, viel Zeit hat und an dem man
den größten Teil des gesamten Buches liest. So war es bei mir. Lange turnte ich
bei den ersten 150 Seiten herum. Die folgenden 200 las ich dann an einem Abend.
Vielleicht liegt es daran, dass ich finde, dass die Geschichte an Fahrt
aufnimmt und spannender wird. Man wird ziemlich viel allein gelassen, aber
dadurch ist der Aha-Effekt am Ende auch sehr groß. Eigentlich hat Jason Gurley
das Buch sehr schlau geschrieben, aber man braucht so viel Durchhaltevermögen,
um ihm das auch anzuerkennen. Sein Stil ist zum Teil sehr kompliziert, was aber
an der dazugehörigen Perspektive liegt. Manchmal kommen auch sehr schöne Sätze zum Vorschein. Eleanor konnte man immer gut folgen und
das Buch ist gut geschrieben. Auch ist Eleanor ein sympathischer Charakter. Sie
tut dem Leser natürlich unglaublich leid – wie könnte es auch anders sein. Ihr
Leben ist nichts, das man anstrebt. Für mich war in diesem Zusammenhang Jack
eine sehr wichtige Figur. Seine Liebe zu Eleanor wird besonders am Ende so
deutlich sichtbar, dass man den beiden die Daumen drückt. Eleanors Vater Paul ist
interessanter und sehr realistischer Charakter. Agnes, ihre Mutter, ist wohl
ein Damoklesschwert. Sie ist der Bösewicht des Buches und dennoch kann man sie
nur in Teilen hassen. Die Situation, die Gurley zeichnet, ist einfach nur
brutal und nicht leicht zu verarbeiten. Die Fantasygeschichte, die er aufmacht
ist interessant und innovativ umgesetzt. Es erscheint einem nicht wirklich
unlogisch und zusätzlich lässt sich so wenig von gängiger Fantasy entdecken.
Man hat das Gefühl, als wenn das Genre Fantasy kaum vorhanden wäre und dennoch
wäre das Buch ohne den Fantasyaspekt gar nicht existent. Das Thema Zeit ist allgegenwärtig und gut eingefangen - das hat mir sehr gut gefallen. Insgesamt gibt es viele Aspekte, die ich in meiner Rezension nicht benennen kann, die aber gelungen sind.
Fazit
Ich bin sehr zwiegespalten, was das Buch betrifft, denn am
Ende gefiel es mir ganz gut! Eleanor ist eine gute und starke Protagonistin und
sie macht den Leser neugierig. Die Geschichte ist interessant. Aber
gleichzeitig baut der Autor so viele tragische Themen ein, dass einem die Freude
am Lesen genommen wird. Die interessante Geschichte wird wirr und man kann ihr
nur schwer folgen. Ich finde, dass Gurley einen sehr authentischen Kreis und
eine ebenso realistische Geschichte geschrieben hat und dennoch musste ich so
sehr mit ihr kämpfen. Man kann „Eleanor“ als ein tolles Buch bezeichnen, in das
man aber etwas investieren muss, damit es dazu wird. Will man sich einfach nur
berieseln lassen, ist man hier absolut falsch. Und man darf nicht zimperlich
sein, was die Themen betrifft. Leider treffen nicht alle diese Punkte auf mich
zu, weshalb ich bei 3,5 Spitzenschuhen bin. Es gibt tolle Passagen und das Buch
ist unglaublich durchdacht, aber es ist auch einfach ein bisschen zu kompliziert.
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