22. November 2019

Rezension: "Römisches Finale" von Natasha Korsakova



Titel: Römische Finale
Autor: Natasha Korsakova
Verlag: Heyne
Preis: 12,99€
Seiten: 384


Die Kriminalpolizei und klassische Musik – wie passt das zusammen? Ganz wunderbar, wie Natasha Korsakova mit ihrem zweiten Roman „Römisches Finale“ erneut unter Beweis stellt. Nachdem mich Commissario di Bernado bereits einmal in die wunderschöne, aber intrigante Welt der Musik entführt hatte, musste ich einfach ein zweites Mal an seiner Seite ermitteln – und dabei lese ich äußerst selten Krimis. Doch „Römisches Finale“ konnte mich von der ersten Seite an überzeugen. Die Mischung aus spannender Unterhaltung, der richtigen Prise Privatheit eines Detektivs und der Detailliebe zur Musik ist hier phänomenal, was „Römisches Finale“ nicht nur lesenswert, sondern auch besonders macht.

Rom. Der weltberühmte Pianist Emile Gallois wird nach einem triumphalen Konzert erschossen aufgefunden. Commissario Di Bernardo, der bereits erfolgreich in der Musikwelt ermittelt hat, wird an den Tatort gerufen. Gemeinsam mit seinem jungen Kollegen Ispettore Del Pino stößt er schon bald aus einem Sumpf aus Intrigen und Affären. Scheinbar führte Emile Gallois ein wildes Doppelleben, und die Ehe mit seiner Frau war nur noch Fassade. Sie hätte also durchaus ein Motiv gehabt, ihn umzubringen. Als dann jedoch eine zweite Leiche gefunden wird, stellt sich der Fall noch einmal ganz anders und sehr viel komplexer dar …

Es ist eine Weile her, als ich auf den ersten Fall des römischen Commissarios aufmerksam wurde. Damals scrollte ich das Programm des Heyne-Verlags durch und bemerkte das Hörbuch „Tödliche Sonate“, das mit einem Mordfall im Setting der klassischen Musik aufwartete. Meine Neugier war geweckt, höre ich doch sehr gern klassische Musik, und so legte ich mir das Hörbuch zu. Ich war von der Geschichte absolut begeistert, denn es handelte sich um ein spannendes Hörbuch voller unerwarteter Wendungen, das nicht nur besonders liebevoll gestaltet sondern auch umgesetzt wurde. Mit der Kombination eines Detektivs, der im Kreise der klassischen Musik ermittelt, hat Natasha Korsakova ihren Commissario zu etwas Besonderem gemacht.  Und umso glücklicher war ich, als ich erfuhr, dass ein Folgeband erschienen ist. 
„Römisches Finale“ ist eine tolle Weiterentwicklung aller Konstanten aus dem ersten Fall und gleichzeitig mit neuen Ideen gespickt. Kennt man den ersten Band, fühlt man sich direkt im ersten Kapitel, als würde man nach Hause kommen. Obwohl ich dieses Mal zum Buch greifen musste, da das Hörbuch noch nicht erschienen ist, erklang in meinem Ohr wieder die sympathische und doch etwas ruppige Stimme des Commisarios. Dionisio di Bernardo ist ein wundervoller Protagonist. Ich mag es nicht, wenn Kriminalfälle von den persönlichen Abgründen der Ermittler überschattet werden und deswegen mag ich D Bernardo auch so gern. Er ist ein Mensch voller Fehler, doch er hat das Herz am rechten Fleck. Er hat seine Probleme und von denen erfährt der Leser auch in einem angemessenen Umfang, doch er hat keine Alkoholexzesse, ist nicht selbst in ominöse Fälle verwickelt oder in irgendeiner Weise korrupt. Er ist sympathisch, manchmal engstirnig, aber gleichzeitig großherzig. Gemeinsam mit seinem Inspettore Del Pino unterhält er den Leser optimal. Die beiden sind ein tolles Gespann. Auf der einen Seite der etwas ernste Di Bernardo mit seinen persönlichen Schwächen, auf der anderen der flippige Del Pino, der immer nur ans Essen denkt. Mit beiden hat der Leser eine Menge Spaß. Einmal musste ich sogar in einem Dialog der beiden laut auflachen. 
Di Bernardo übt seinen Beruf mit der richtigen Leidenschaft aus, weshalb er den Leser auch so in seinen Bann zieht. Der Fall, mit dem er es dieses Mal zu tun hat, ist dabei natürlich knifflig. Ein Starpianist wurde nach einer Probe erschossen und natürlich zeigt sich schnell, dass in der Welt der Musik so einiges im Argen liegt. Es mangelt nicht an Neidern oder möglichen Mordszenarien. Doch wer hätte vom Tod des Pianisten profitiert? Der Fall entwickelt sich sehr unterhaltsam, denn die Autorin beherrscht die Balance zwischen Spannung und Normalität, die ein guter Kriminalfall braucht. Als Leser merkt man kaum, dass bereits 200 Seiten gelesen wurden – so viel ist schließlich noch nicht passiert und gleichzeitig wurde einem noch überhaupt nicht langweilig. Das liegt natürlich auch am wirklich guten Schreibstil von Natasha Korsakova. Er ist fließend, beinhaltet keine Brüche, sondern viele Dialoge. Die ewige Stadt ist hier Handlungsort und handelnde Person in einem, denn Rom spielt eine besondere Rolle. Es gibt viele detailreiche, aber wunderschöne Beschreibungen, sodass man sich fühlt, als wäre man vor Ort. Die Geschichte von Rom selbst wird immer wieder angerissen und sehr gut in den Kontext des Falles gesetzt. Das italienische Flair kommt an keiner Stelle zu kurz und nicht nur einmal hatte ich das Bedürfnis, mir beim Lesen einen Espresso zu genehmigen. 
Neben der Aufklärung des Mordes wird noch ein zweiter Erzählstrang aufgemacht, der für den Leser nur schwer durchschaubar ist. Er handelt von Ausschnitten aus dem Leben einer Mafia-Familie. Manchmal fragt man sich, wozu. Doch gleichzeitig weiß man natürlich, dass beide Handlungsstränge irgendwann zusammenführen und natürlich tun sie das auch. Das hat zur Folge, dass ich mit der Auflösung des Falles erst sehr spät gerechnet habe und mich das Buch wirklich überraschen konnte. Die Handlung gefällt mir wirklich ohne Einschränkung, denn sie bietet Unterhaltung, Verwirrung, Intrigen und wunderbare Charaktere.
Die Figuren sind nämlich ein weiterer Pluspunkt. In der Mitte steht natürlich Di Bernardo, der zusammen mit seinem Sohn Alberto in Rom lebt. Aber auch die Nebenfiguren wie Del Pino, Giorgia oder Borghese sind absolut gelungen. Der miesepetrige Questore Borghese gewinnt in diesem zweiten Fall wirklich deutlich an Sympathie. Auch Del Pino hat sich weiterentwickelt. Man kann gut erkennen, dass zwischen dem ersten und zweiten Fall ein wenig Zeit liegt, denn die Figuren sind leicht verändert, aber irgendwie stärker. Außerdem gibt es Entwicklungen in den Beziehungskisten, was mir gut gefiel. Der Leser knüpft zwar somit nicht genau an die Inhalte des ersten Bandes an, aber das ist gar nicht schlimm, da es die Figuren so viel menschlicher macht.
Und dann ist da ja noch der letzte Nebencharakter, den man nicht vergessen sollte: die klassische Musik. Als Leser muss man die Liebe der Autorin zur Welt der Musik einfach bemerken, denn sie erzählt so fachmännisch und liebevoll von Rachmaninow, großen Konzertsälen oder ganz besonderen Interpretationen, dass man einfach in diese Welt entführt wird. Nicht nur der Commissario entdeckt seine Liebe zur Musik, indem er in diesen Kreisen ermitteln muss, sondern auch der Leser, indem er in Korsakovas Welt eintachen darf..


Für mich ist „Römisches Finale“ ein großartiger Kriminalfall, der seinem Vorgänger in nichts nachsteht. Die Autorin schreibt gekonnt und führt so in den unterhaltsamen und immer spannenden Mordfall im Musiksetting ein, sodass man gebannt die Seiten umblättert. Die Geschichte ist dabei mit sympathischen Details versehen, wie etwa ihrem Protagonisten Dionisio di Bernardo. Das einzige Manko, das ich bemängeln muss, ist der traurige Fakt, dass in einem Buch leider keine musikalische Untermauerung untergebracht werden kann, wie es bei einem Hörbuch der Fall ist. Denn hört man während des Lesens die Musik großer Komponisten – passenderweise Rachmaninow – dann versinkt man in dieser Welt. Aber für diesen Umstand kann das Medium des Buches nichts und deswegen vergebe ich mit Freuden fünf von fünf Sternen.



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