Titel: Im Bann des roten Königs
Autor: Janis Nebel
Verlag: selfpublished
Preis: 4,99€
Seiten: 384
Janis Nebels Debüt „Die Gabe des roten Königs“ war für mich
eine positive Überraschung, über die ich mich sehr gefreut habe. Der Auftakt
der Fantasytrilogie konnte mich absolut mitnehmen und mit seiner ungewöhnlichen
Umsetzung vollends überzeugen. Es handelte sich keineswegs um eine klassische
Fantasygeschichte, die man so oder so ähnlich schon viele Male gelesen hatte. Der
Auftakt ist innovativ, spannend und besitzt einige Wendepunkte sowie
Leerstellen. Und diese Leerstellen zu füllen, ist natürlich die Aufgabe des
Folgebandes: „Im Bann des roten Königs“.
Denn nachdem ich vom ersten Teil so gefesselt war, musste ich natürlich zum
zweiten greifen. Und ich kann verraten: Auch dieser lohnt sich – bleibt aber (,
wie es sich für einen Mittelteil beinahe schon gehört) hinter seinem Vorgänger
zurück. Gleichzeitig baut er die idealen Voraussetzungen für ein packendes
Finale auf. Kann Merle den entscheidenden Kampf gewinnen?
Ohne Kenai wäre Merle längst tot. Geschwächt und von ihm abhängig, macht sie
sich auf den Weg, um ihre Eltern zu warnen. Die Zeit drängt, da der Rote König
nach der Gabe ihrer Mutter giert.
Merle merkt schon bald, dass sie alleine keine Chance hat gegen brutale
Rebellen und die Soldaten des Königs. Aber kann sie Kenai wirklich vertrauen?
Er hat Geheimnisse vor ihr und seine wahren Beweggründe liegen im Dunkel.
Und doch ist es womöglich nicht nur ihre Gabe, die sich zu ihm hingezogen fühlt...
Nachdem „Die Gabe des roten Königs“ ein so fulminantes und überraschendes Ende
hatte, musste ich schnell zur Fortsetzung greifen. Der Einstieg in „Im Bann des
roten Königs“ gelang mir sehr gut. Die Handlung setzt genau dort ein, wo Teil
eins beendet wurde. Merle und Kenai befinden sich zusammen auf der Flucht. Doch
kann Merle dem Südländer wirklich trauen? Diese Frage ist im ersten Drittel des
Buches leider omnipräsent, was mich mit der Zeit wirklich störte. Der Aufbau
der Geschichte war mir zu langatmig, sodass ich schon während des Lesens das
Gefühl hatte, die Handlung hätte auch gekürzt werden können. Es ist ein ewiges Hin
und Her, bis Merle sich endlich entscheidet und die Geschichte an Fahrt aufnimmt.
Das Gefühls- aber auch Handlungswirrwarr ist leider typisch für einen zweiten
Band einer Trilogie. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, als Autorin die
richtige Dosis zu finden, die Geschichte vorantreiben, aber auch innehalten zu
lassen. Zu Beginn des Buches wurde definitiv zu lange innegehalten. Doch danach
ging es mit der Handlung deutlich bergauf. Es wurde spannend und vielseitig.
Janis Nebel ist ihrer innovativen Art treu geblieben und hat interessante (und
ungewöhnliche) Elemente eingebaut, die den Leser in die Geschichte ziehen. Oft
handelt es sich dabei um schleichende Entwicklungen, von denen man nicht weiß,
was sie bewirken werden. Das Auftauchen eines sehr menschenzugewandten
Rotkelchens wäre hierfür ein Beispiel. Was es damit auf sich hat, werde ich
leider erst mit dem Abschluss der Reihe erfahren… Doch ich kann verraten: Es
bleibt spannend. Im Laufe der Geschichte verlagert sich der Fokus vom
Gefühlsdrama hin zu der Gabe, was gut ist. Merle und Kenai beschließen, mehr
über die Gabenkompasse herauszufinden und Merles Eltern zu befreien. Doch dafür
benötigen sie Hilfe. Und diese taucht in Form der Rebellen auf, die man aus
Band eins bereits kennt. Die Handlung entwickelt sich ab ungefähr der Hälfte zu
einer spannenden Achterbahnfahrt zwischen Angriff und Verteidigung, dem
Aufdecken von Geheimnissen und der Entwicklung persönlicher Gefühle.
Denn nachdem der erste Teil von „Im Bann des roten Königs“ sehr stark von Merle
und Kenai bestimmt wird, tauchen mit den Rebellen viele weitere interessante
Figuren im Zentrum der Geschichte auf. Viele der Rebellen sind tolle
Nebencharaktere. Drain, der starke Ausbilder, gefiel mir beispielsweise sehr
gut. Ebenso in mein Herz kämpfte sich der junge Jakob mit seiner Frau Zita. Und
dass genau dort für Skip und seine Zieheltern Harri und Selma bereits ein Platz
war, ist ja bekannt. Neben den gelungenen Nebenfiguren haben es auch die
Hauptfiguren weiterhin in sich. Merle hat bereits im ersten Teil einen
charakterstarken Wandel durchgemacht. Ihre Entwicklung geht auch im zweiten
Teil weiter voran. Sie wird stärker und mutiger. Gleichzeitig beginnt sie,
wichtige Entscheidungen selbst zu treffen und sie sich nicht abnehmen zu
lassen, was mir gut gefiel. Merle mausert sich insgesamt zu einer starken
Heldin, die endlich lernt, sich so zu akzeptieren, wie sie ist – nämlich eine
Begabte. Zu lernen, mit ihrer Gabe umzugehen nimmt in „Im Bann des roten Königs“
doch einen recht großen Teil ein. Dabei kann Merle natürlich nur einer helfen:
Kenai. Mein Liebling aus dem Auftakt bleibt auch weiterhin sehr verschlossen
und mysteriös. Gleichzeitig zeigt er Merle jedoch seine Herzensgüte und
Loyalität. Die Beziehung, die sich nur sehr, sehr langsam zwischen den beiden
entwickelt, passt gut zur Geschichte. Beide wissen nicht, ob sie sich vertrauen
können und gleichzeitig können sie gegen ihre Gefühle nichts machen. Wenn da
nur ein kleines Problem nicht wäre: Skip. Ihr seht schon, es scheint eine
typische Dreiecksgeschichte zu entstehen, doch ich kann entwarnen. Merle
entscheidet sich.
Die Figuren sind absolut gelungen und nehmen den Leser auf eine interessante
Reise mit. Diese Reise beinhaltet eine lange Reihe an Wendepunkten. Mit vielen
Handlungsschritten habe ich nicht gerechnet und die Ereignisse überraschten mich –
genauso wie das Ende. Denn trotz anfänglicher Längen und Wirrungen hat die
Autorin mit dem zweiten Teil doch eines wirklich richtig gemacht: Die Geschichte
macht Lust auf das große Finale! Es gibt auch in „Im Bann des roten Königs“
einen fiesen Cliffhanger, sodass man sich auf den dritten Teil freuen muss!
Noch ein paar letzte Worte zum Schreibstil: Janis Nebel schreibt gut. Man kann
sich dank ihrer bildlichen Sprache gut in die Geschichte hineinversetzen. Ich
musste in diesem Buch jedoch des Öfteren stutzen, da Begriffe verwendet wurden,
die mir unbekannt waren. Vielleicht mag es daran liegen, dass die Autorin in
Frankreich lebt, aber das ein oder andere Wort kam mir dann doch merkwürdig
vor. Nichtsdestotrotz ist der Schreibstil flüssig und gelungen.
Auch wenn ich kleine Kritikpunkte habe, konnte „Im Bann des
roten Königs“ mich dennoch gut unterhalten und hat seine Hauptaufgabe definitiv
erfüllt: Das Buch macht Lust auf mehr, bietet einige interessante Enthüllungen
und lässt genügend Fragen offen, um zum finalen Band zu greifen. Ich bin
gespannt, wie es mit Merles Fluch zu Ende gehen wird und freue mich auf das
Ende ihrer Reise. Für den zweiten Teil vergebe ich vier von fünf Sternen, da
ich Band ein wenig stärker fand. Trotzdem lohnt sich dieses Buch mit all seinen spannenden Wendungen und interessanten Details.
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