7. April 2020

Rezension: "Im Bann des roten Königs" von Janis Nebel



Titel: Im Bann des roten Königs
Autor: Janis Nebel
Verlag: selfpublished
Preis: 4,99€
Seiten: 384

Janis Nebels Debüt „Die Gabe des roten Königs“ war für mich eine positive Überraschung, über die ich mich sehr gefreut habe. Der Auftakt der Fantasytrilogie konnte mich absolut mitnehmen und mit seiner ungewöhnlichen Umsetzung vollends überzeugen. Es handelte sich keineswegs um eine klassische Fantasygeschichte, die man so oder so ähnlich schon viele Male gelesen hatte. Der Auftakt ist innovativ, spannend und besitzt einige Wendepunkte sowie Leerstellen. Und diese Leerstellen zu füllen, ist natürlich die Aufgabe des Folgebandes: „Im Bann des roten Königs“.
Denn nachdem ich vom ersten Teil so gefesselt war, musste ich natürlich zum zweiten greifen. Und ich kann verraten: Auch dieser lohnt sich – bleibt aber (, wie es sich für einen Mittelteil beinahe schon gehört) hinter seinem Vorgänger zurück. Gleichzeitig baut er die idealen Voraussetzungen für ein packendes Finale auf. Kann Merle den entscheidenden Kampf gewinnen?


Ohne Kenai wäre Merle längst tot. Geschwächt und von ihm abhängig, macht sie sich auf den Weg, um ihre Eltern zu warnen. Die Zeit drängt, da der Rote König nach der Gabe ihrer Mutter giert.
Merle merkt schon bald, dass sie alleine keine Chance hat gegen brutale Rebellen und die Soldaten des Königs. Aber kann sie Kenai wirklich vertrauen? Er hat Geheimnisse vor ihr und seine wahren Beweggründe liegen im Dunkel.
Und doch ist es womöglich nicht nur ihre Gabe, die sich zu ihm hingezogen fühlt...


Nachdem „Die Gabe des roten Königs“ ein so fulminantes und überraschendes Ende hatte, musste ich schnell zur Fortsetzung greifen. Der Einstieg in „Im Bann des roten Königs“ gelang mir sehr gut. Die Handlung setzt genau dort ein, wo Teil eins beendet wurde. Merle und Kenai befinden sich zusammen auf der Flucht. Doch kann Merle dem Südländer wirklich trauen? Diese Frage ist im ersten Drittel des Buches leider omnipräsent, was mich mit der Zeit wirklich störte. Der Aufbau der Geschichte war mir zu langatmig, sodass ich schon während des Lesens das Gefühl hatte, die Handlung hätte auch gekürzt werden können. Es ist ein ewiges Hin und Her, bis Merle sich endlich entscheidet und die Geschichte an Fahrt aufnimmt.
Das Gefühls- aber auch Handlungswirrwarr ist leider typisch für einen zweiten Band einer Trilogie. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, als Autorin die richtige Dosis zu finden, die Geschichte vorantreiben, aber auch innehalten zu lassen. Zu Beginn des Buches wurde definitiv zu lange innegehalten. Doch danach ging es mit der Handlung deutlich bergauf. Es wurde spannend und vielseitig. Janis Nebel ist ihrer innovativen Art treu geblieben und hat interessante (und ungewöhnliche) Elemente eingebaut, die den Leser in die Geschichte ziehen. Oft handelt es sich dabei um schleichende Entwicklungen, von denen man nicht weiß, was sie bewirken werden. Das Auftauchen eines sehr menschenzugewandten Rotkelchens wäre hierfür ein Beispiel. Was es damit auf sich hat, werde ich leider erst mit dem Abschluss der Reihe erfahren… Doch ich kann verraten: Es bleibt spannend. Im Laufe der Geschichte verlagert sich der Fokus vom Gefühlsdrama hin zu der Gabe, was gut ist. Merle und Kenai beschließen, mehr über die Gabenkompasse herauszufinden und Merles Eltern zu befreien. Doch dafür benötigen sie Hilfe. Und diese taucht in Form der Rebellen auf, die man aus Band eins bereits kennt. Die Handlung entwickelt sich ab ungefähr der Hälfte zu einer spannenden Achterbahnfahrt zwischen Angriff und Verteidigung, dem Aufdecken von Geheimnissen und der Entwicklung persönlicher Gefühle. 
Denn nachdem der erste Teil von „Im Bann des roten Königs“ sehr stark von Merle und Kenai bestimmt wird, tauchen mit den Rebellen viele weitere interessante Figuren im Zentrum der Geschichte auf. Viele der Rebellen sind tolle Nebencharaktere. Drain, der starke Ausbilder, gefiel mir beispielsweise sehr gut. Ebenso in mein Herz kämpfte sich der junge Jakob mit seiner Frau Zita. Und dass genau dort für Skip und seine Zieheltern Harri und Selma bereits ein Platz war, ist ja bekannt. Neben den gelungenen Nebenfiguren haben es auch die Hauptfiguren weiterhin in sich. Merle hat bereits im ersten Teil einen charakterstarken Wandel durchgemacht. Ihre Entwicklung geht auch im zweiten Teil weiter voran. Sie wird stärker und mutiger. Gleichzeitig beginnt sie, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen und sie sich nicht abnehmen zu lassen, was mir gut gefiel. Merle mausert sich insgesamt zu einer starken Heldin, die endlich lernt, sich so zu akzeptieren, wie sie ist – nämlich eine Begabte. Zu lernen, mit ihrer Gabe umzugehen nimmt in „Im Bann des roten Königs“ doch einen recht großen Teil ein. Dabei kann Merle natürlich nur einer helfen: Kenai. Mein Liebling aus dem Auftakt bleibt auch weiterhin sehr verschlossen und mysteriös. Gleichzeitig zeigt er Merle jedoch seine Herzensgüte und Loyalität. Die Beziehung, die sich nur sehr, sehr langsam zwischen den beiden entwickelt, passt gut zur Geschichte. Beide wissen nicht, ob sie sich vertrauen können und gleichzeitig können sie gegen ihre Gefühle nichts machen. Wenn da nur ein kleines Problem nicht wäre: Skip. Ihr seht schon, es scheint eine typische Dreiecksgeschichte zu entstehen, doch ich kann entwarnen. Merle entscheidet sich.
Die Figuren sind absolut gelungen und nehmen den Leser auf eine interessante Reise mit. Diese Reise beinhaltet eine lange Reihe an Wendepunkten. Mit vielen Handlungsschritten habe ich nicht gerechnet und die Ereignisse überraschten mich – genauso wie das Ende. Denn trotz anfänglicher Längen und Wirrungen hat die Autorin mit dem zweiten Teil doch eines wirklich richtig gemacht: Die Geschichte macht Lust auf das große Finale! Es gibt auch in „Im Bann des roten Königs“ einen fiesen Cliffhanger, sodass man sich auf den dritten Teil freuen muss!
Noch ein paar letzte Worte zum Schreibstil: Janis Nebel schreibt gut. Man kann sich dank ihrer bildlichen Sprache gut in die Geschichte hineinversetzen. Ich musste in diesem Buch jedoch des Öfteren stutzen, da Begriffe verwendet wurden, die mir unbekannt waren. Vielleicht mag es daran liegen, dass die Autorin in Frankreich lebt, aber das ein oder andere Wort kam mir dann doch merkwürdig vor. Nichtsdestotrotz ist der Schreibstil flüssig und gelungen.


Auch wenn ich kleine Kritikpunkte habe, konnte „Im Bann des roten Königs“ mich dennoch gut unterhalten und hat seine Hauptaufgabe definitiv erfüllt: Das Buch macht Lust auf mehr, bietet einige interessante Enthüllungen und lässt genügend Fragen offen, um zum finalen Band zu greifen. Ich bin gespannt, wie es mit Merles Fluch zu Ende gehen wird und freue mich auf das Ende ihrer Reise. Für den zweiten Teil vergebe ich vier von fünf Sternen, da ich Band ein wenig stärker fand. Trotzdem lohnt sich dieses Buch mit all seinen spannenden Wendungen und interessanten Details.


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