Titel: Die Gabe des roten Königs
Autor: Janis Nebel
Verlag: selfpublished
Preis: 3,99€
Seiten: 360
Ich mache des Öfteren Ausflüge in das Genre der
Fantasybücher. Dabei wechsle ich gern zwischen High-Fantasy oder
Romantasy-Geschichten. Viele Fantasygeschichten sind mir persönlich aber zu ähnlich.
Denn das Setting ist immer mittelalterlich und der Protagonist immer unerfahren.
Gleichzeitig hängt von diesem aber natürlich das Wohl der ganzen Welt ab.
Es ist also gar nicht so einfach, Geschichten zu finden, die innovativ sind und
den Leser überraschen.
Doch um genau eine solche handelt es sich bei „Die Gabe des roten Königs“ von
Janis Nebel. Ich bin mit recht wenigen Erwartungen in den Reihenauftakt der
Selfpublisherin gegangen, doch dann wurde ich überrollt. Denn was recht „normal“
für eine Fantasygeschichte beginnt, wird immer besser und lässt den Leser
letztendlich beeindruckt zurück. Habt ihr also Lust auf klassische
Fantasyelemente mit innovativen und eigenen Ansätzen, dann seid ihr bei dieser
Geschichte genau richtig.
Die siebzehnjährige Merle lebt im Reich des gefürchteten
Roten Königs auf einem abgelegenen Hof mitten im Moor. Ihre Mutter ist stumm
und gilt als geisteskrank. Als Merle zu verstehen beginnt, warum sich ihre
Eltern dort verstecken, ist sie entsetzt und läuft davon.
Ihr Ziel ist die ferne Hauptstadt des Roten Königs, in der ihr Kindheitsfreund
Skip zu Hause ist. Doch ihre Gefühle für ihn werden immer verwirrender. Und
unterwegs begegnet ihr auch noch ein geheimnisvoller Fremder, in dessen
Gegenwart seltsame Dinge geschehen.
Schon der Klappentext lässt die „klassischen Fantasyelemente“
vermuten, von denen ich im Einleitungstext sprach. Fakt ist, auch hier ist das
Setting mittelalterlich und die Protagonistin jung und unerfahren. Doch
gleichzeitig hat die Autorin ganz eigene Ideen und somit wurde aus „Die Gabe
des roten Königs“ ein abwechslungsreicher Roman voller neuer Ideen.
Beginnen wir bei den Charakteren. Davon gibt es tatsächlich gar nicht so viele.
Alles dreht sich natürlich um Merle. Anfangs hatte ich so meine Probleme mit
der Protagonistin. Sie wirkt zu Beginn sehr desorientiert. Merle weiß nicht,
was sie will. Doch wie soll sie das auch, wenn ihre Eltern sich seit vielen
Jahren schon verstecken und sie gar nicht wusste, weshalb. Merle reift
innerhalb der Geschichte und entwickelt sich vor allem zu einer starken und
weiblichen Protagonistin. Zu Beginn der Geschichte ist man sich sicher, Merle
wäre viel lieber ein Junge, der unauffällig sein Leben lebt. Doch am Ende ist
Merle das absolute Gegenteil: selbstbewusst und auch deutlich femininer als am
Anfang. Ihre größte Schwäche ist das ganze Buch über ihre Naivität. Doch ich
mochte, dass sie sie nicht abgelegt hat. Denn aus dieser resultiert auch ihre
zweite Schwäche: das Mitgefühl und das Verantwortungsbewusstsein für andere. Und
nur weil sie beide Schwächen hat, wird die Geschichte so gut, wie sie ist. Merle
ist recht selbstlos, was mir gut gefiel. Insgesamt hat Janis Nebel mit ihr eine
vorbildhafte Protagonistin geschaffen, der ich sehr gern durch ihre Geschichte
gefolgt bin.
Und genau diese hat es in sich. Auch binnen der Geschichte sind die klassischen
Elemente zu finden. Merle verlässt ihre Heimat und begibt sich in die
Hauptstadt des Reiches. Auf dem Weg dorthin begegnen ihr neue Menschen, unter
anderem der verschlossenen Kenai. Etwas ist seltsam an ihm, doch gleichzeitig
fühlt Merle sich zu ihm hingezogen. Die Faszination, die von diesem Charakter
ausging, übertrug sich auch auf mich. Ich wollte mehr über Kenai wissen. Er war
mir sofort sympathisch und ich verstand gar nicht, warum Merle weiterhin zu
Skip in die Stadt wollte. Kenai sorgt dafür, dass Merle die Stadt tatsächlich
erreicht, obwohl auf dem Weg Gefahren lauern. Und ab dann entwickelt die
Geschichte sich anders, als man vielleicht erwartet. Denn Janis Nebel entschied
sich für innovative Storyelemente. Merle lebt sich langsam in der Stadt ein,
doch dann kommt natürlich der rasante Wendepunkt.
Rebellenkämpfe, eine aufkeimende Liebe, Rache, Hass und eine ungewöhnliche
magische Gabe, über die auch nach 300 Seiten noch viele Unklarheiten bleiben,
sind nur einige Aspekte der Geschichte. Es geht Schlag auf Schlag. Und auch,
wenn man einige Wendungen vorausahnen kann, schafft die Autorin es doch immer
wieder, den Leser zu überraschen. Ich persönlich habe mit dem Ende absolut
nicht gerechnet. Vieles verlief nun einmal „klassisch“, deswegen war ich total
gefesselt, als neue Wege eingeschlagen wurden. Das Ende des ersten Teils (, es
handelt sich um eine Trilogie) ist rasant und absolut gelungen. Ein furioses
Finale, das Opfer kostet und das den Leser innehalten lässt. Haben alle
Protagonisten überlebt? Und wie geht es weiter? Fragen, die man wohl nur
beantworten kann, wenn man zum zweiten Teil greift.
Eine Figur, die für die Geschichte wichtig ist, habe ich bisher nahezu außer
Acht gelassen: Skip. Merle ist seit langer Zeit mit ihm befreundet und so
langsam entwickeln sich auch ihre Gefühle. Ich mochte den jungen Kämpfer.
Anfangs war ich skeptisch, denn mein Herz wurde ja zuvor von Kenai erobert, doch
auch Skip ist ein herzensguter Charakter, auf dessen Entwicklung ich sehr
gespannt bin.
Die Figurenchemie ist der Autorin wirklich gelungen und man merk als Leser,
dass alles noch im Aufbau ist und auch die Charaktere selbst sich erst einmal
festigen müssen.
Auch der Aufbau der Geschichte ist wirklich gelungen. Es gibt immer wieder neue
Elemente, die mich packen konnten. Erwähnt werden sollte noch der große
Anatgonist der Geschichte: der rote König. Wie schrecklich er wirklich ist,
wird in diesem Teil noch ein wenig ausgespart, doch er macht auch neugierig.
Irgendwann beschlich mich die Laune, immer weiter lesen zu wollen. Ich war tief
in der Geschichte und da die Längen der Kapitel sehr angenehm sind, blättert
man einfach immer weiter. Dieses Gefühl entsteht nur, wenn innerhalb eines
Buches viel richtig gemacht wurde. Und natürlich wird dieses Gefühl auch durch
einen wirklich guten Schreibstil begünstigt. Und den hat „Die Gabe des roten
Königs“ auf jeden Fall. Hier ist nichts gekünstelt oder stockend. Der Stil der
Autorin ist fließend und sehr bildreich. Sie arbeitet viel mit Vergleichen, was
mir gut gefiel. Des Weiteren ist das ganze Buch fehlerfrei, was eigentlich
selbstverständlich ist, doch ich betone das, da es die Professionalität der
Selfpublisherin unterstreicht.
Was bleibt mir noch zu sagen? Greift man zu „Die Gabe des
roten Königs“, erwartet den Leser eine Geschichte voller großartiger
Fantasyelemente. Die Geschichte hat eine anfangs unreife und dann immer weiter
erstarkende Protagonistin, die sich selbst neu kennenlernen muss und auf ihrem
Weg viele Geheimnisse lüftet. Es gibt tolle Charaktere und eine detailreich ausgebaute
Welt, die den Leser neugierig macht. Neugierig ist man definitiv auch darauf,
wie es weitergehen wird. Und da mir das Gesamtpaket einfach nur gute gefallen
und mich die Geschichte gleichzeitig überrascht hat, vergebe ich fünf von fünf
Sternen. Ich persönlich bin sehr gespannt, wie es mit Merle, Kenai und Skip
weitergehen wird!
Huhu Julia,
AntwortenLöschenich bin ja immer wieder fasziniert davon, wie du so viel zur Handlung schreiben kannst, und gleichzeitig nichts darüber spoilerst. Das Schreibtalent hätte ich auch gerne.
Dank dieser Rezension ist das Buch auf meiner Wunschliste gelandet. Ich hoffe mir wird das auch so gut gefallen wie dir.
Liebste Grüße
Isbel