17. Februar 2022

Rezension [Hörbuch]: "Cruella die Teufelin" von Serena Valentino

 


Titel: Cruella die Teufelin
Autorin: Serena Valentino
Sprecherin: Anja Stadlober
Verlag: der Hörverlag
Seiten: 352
Dauer: 6h 48 min.
Preis: 12,00€

Mich haben die „Disney-Villains“ schon eine ganze Weile angelächelt. Das ist als großer Disney-Fan natürlich gar kein Wunder. Und hinter jedem Menschen (oder auch magischem Wesen) steckt natürlich eine Geschichte. Warum also nicht einmal einen genaueren Blick auf jene lenken, die in den großen Märchengeschichten doch immer etwas kurz kommen: die Bösewichte.
Ich wollte dieses Unternehmen wagen und legte mir das Hörbuch „Cruella die Teufelin“ zu. „101 Dalmatiner“ ist einer der Disneyfilme, die ich zwar gern mochte, aber nie übermäßig oft angesehen hatte. Aber die große, drahtige, schwarz-weiße Frau blieb mir schon als Kind im Gedächtnis: faszinierend und zugleich abstoßend. Aber wie wurde Cruella denn eigentlich zu genau dieser Person? Das und vieles mehr erzählt die Geschichte um Cruella, die als Hörbuch absolut phänomenal ist. Eine authentische und logische Geschichte, eine hervorragende Sprecherin und großes Gefühlschaos machen diese Geschichte so hörenswert. Aber Achtung: Es wird natürlich auch traurig!

Selbst die größten Bösewichte kennen wahre Freundschaft, echte Liebe und tiefen Schmerz, wie die Geschichte von Cruella De Vil zeigt. Sie handelt von einer sehr einsamen Kindheit, der Magie luxuriöser Kleidung und dem innigen Wunsch, von der Mutter geliebt zu werden. Als Cruella von der Mutter einen weißen Pelzmantel erhält, um sich von anderen zu unterscheiden, kommt ihr eine teuflische Idee: Was wäre, wenn sie ihrer Mutter einen noch ausgefalleneren Mantel präsentieren könnte? Einen Mantel aus Dalmatinerfell? Ein zerstörerisches Verlangen bricht sich Bahn, das scheinbar durch nichts mehr aufzuhalten ist...

Ich muss zugeben, dass meine Erwartungen durchaus hoch waren. Von den „Villains“ hat man schließlich schon eine Menge Gutes gehört. Was den Charakter von Cruella anging, war ich allerdings nicht ganz so voreingenommen.
Trotzdem muss ich sagen, dass ich überrascht war, von diesem wunderbaren und lieben Kind, das man zu Beginn des Hörbuchs kennenlernt. Cruella ist ein sehr einsames Mädchen, das eigentlich nur eine einzige Sache möchte: von seiner Mutter geliebt zu werden. Genau dieser Punkt ist der rote Faden der Geschichte. Letztendlich dreht sich nämlich Cruellas gesamte Existenz um genau dieses Bedürfnis. Es ist so einfach zu analysieren und in der Ausführung dann doch so kompliziert.
Aber fangen wir von vorne an. Cruella ist das einzige Kind einer reichen Familie. Eigentlich fehlt es ihr an nichts. Sie lebt im Luxus, hat viele Bedienstete und darf machen, was sie möchte. Außerdem hat sie einen wundervollen Vater, doch der ist oft nicht zu Hause. Cruella wird umsorgt und viele der Hausangestellten lieben sie. Doch sie sehnt sich als Kind nur nach der Liebe einer einzigen Person. Und diese bringt ihr Werte bei, die alles andere als menschlich und auf jeden Fall hinterfragbar sind. Die Rede ist natürlich von ihrer Mutter. Curellas „Mama“ sieht Bedienstete als „Untermenschen“, legt viel Wert auf gesellschaftlichen Rang und hält nichts von den Freuden der Kindheit, sondern nur von Geld. Cruella will ihr gerecht werden und versucht, genauso zu leben, wie ihre „liebe Mama“ es wollen würde. Doch, wie man sich denken kann, ist Cruellas Mutter selten vor Ort und zeigt ihre „Liebe“ nur, indem sie Cruella Pelzmäntel schenkt… Dieses Detail ist natürlich überaus wichtig für die Entwicklung der jungen Frau. Im Laufe der Geschichte wird Cruella aber nicht nur erwachsener, sondern auch reifer. Als Hörer muss man trotzdem belastbar sein! Zu ihrer Entwicklung trägt auch ihre einzige Freundin Anita bei – ja, Disneyfans wissen genau, welche Anita gemeint ist. Anita ist sehr liebevoll und herzlich und Cruella und sie sind wahre Freundinnen. Sie hilft Cruella, die Dinge zu hinterfragen. Und doch… tut diese es leider viel zu selten. Die Protagonistin der Geschichte hat so viele wunderbare Seiten und man kommt als Hörer nicht umhin, die junge Cruella ins Herz zu schließen. Aber Cruella hat Chancen, so viele Chancen. Sie hätte an vielen Stellen in der Handlung andere Wege gehen können und als Hörer wünscht man sich so sehr, dass sie sich endlich gegenüber ihrer Mutter BEHAUPTET. Und zwar, indem sie sich von ihr abwendet. Doch Cruella wäre keine Bösewichtin bei Disney, wenn sie genau dies schaffen würde.
Um nicht weiter auf die Handlung an sich einzugehen (Privatschule, Hunde, ein Liebhaber, ein Unglück, die Katastrophe), kommen wir doch zur Sprecherin. Anja Stadlober hat eine sehr angenehme Stimme und vielen ist sie sicher auch nicht unbekannt. Sie ist die Synchronstimme von Emma Stone und diese freche Art, die Stadlober in ihr Lesen bringt, passt wirklich überaus gut zu Cruellas jugendlichem Charakter. Ich habe ihr wirklich gern zugehört. Und es war nicht nur die Handlung, sondern eben auch die Stimme, die mich immer wieder dazu animierte, das Hörbuch laut zu kommentieren. Ich trat wirklich manchmal in den Dialog und sagte Dinge wie „genau, weil deine Mutter dich ja auch so sehr liebt…“ Das allein zeigt, wie sehr mich die Handlung bewegt hat.
Und Gefühle sind auch das Stichwort, das dieses Hörbuch „kann“. Die Geschichte ist wirklich bewegend und an vielen Stellen so unglaublich traurig. Es gibt Handlungsstränge, die so wahnsinnig naiv sind, dass ich manchmal kurz davor war, die Geschichte abzubrechen. Aber es gibt eben auch diese tiefe Handlung, Cruellas Entwicklung und obwohl man weiß, wie es endet, ertappt man sich dabei, die Hoffnung nicht aufgeben zu wollen.
Der Autorin Serena Valentino ist vor allem die Charakterzeichnung sehr gut gelungen. Aber auch der Schreibstil an sich hat mir wirklich gut gefallen. Die Aufmachung des Hörbuchs selbst ist hübsch. Leider gibt es kein Booklet oder Ähnliches, das mit ein wenig Zusatzmaterial aufwartet, was ich schade fand. Aber ansonsten ist die CD wirklich schön, schlicht und klassisch gestaltet und macht einen hochwertigen Eindruck.

Wenn man "Cruella die Teufelin" gehört hat, dann hat man wahrscheinlich das Bedürfnis, mit jemandem darüber zu sprechen. Denn man will sich eigentlich über so vieles beschweren. Am liebsten möchte man die Protagonistin aus der Geschichte herausziehen und schütteln. Mir erging es jedenfalls so. Und das zeigt, wie emotional Cruellas Geschichte ist.
Meines Erachtens hat die Autorin eine sehr authentische Vorgeschichte der Bösewichtin Curella de Vil geschrieben. Ich habe sie wirklich gern gehört, weil sie so viele Gefühle wecken kann. Die Charaktere sind gelungen, der Stil sehr schön und die Sprecherin macht einen hervorragenden Job. Wer sich also auf Gefühlschaos ohne Happy End einlassen möchte, ist hier genau richtig. Und deswegen vergebe ich fünf von fünf Sternen. Denn dieses Hörbuch hält wirklich, was es verspricht.



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