Titel: Cruella die TeufelinAutorin: Serena ValentinoSprecherin: Anja StadloberVerlag: der HörverlagSeiten: 352Dauer: 6h 48 min.Preis: 12,00€
Mich haben die „Disney-Villains“ schon eine ganze Weile
angelächelt. Das ist als großer Disney-Fan natürlich gar kein Wunder. Und hinter
jedem Menschen (oder auch magischem Wesen) steckt natürlich eine Geschichte.
Warum also nicht einmal einen genaueren Blick auf jene lenken, die in den
großen Märchengeschichten doch immer etwas kurz kommen: die Bösewichte.
Ich wollte dieses Unternehmen wagen und legte mir das Hörbuch „Cruella die
Teufelin“ zu. „101 Dalmatiner“ ist einer der Disneyfilme, die ich zwar gern
mochte, aber nie übermäßig oft angesehen hatte. Aber die große, drahtige,
schwarz-weiße Frau blieb mir schon als Kind im Gedächtnis: faszinierend und
zugleich abstoßend. Aber wie wurde Cruella denn eigentlich zu genau dieser
Person? Das und vieles mehr erzählt die Geschichte um Cruella, die als Hörbuch
absolut phänomenal ist. Eine authentische und logische Geschichte, eine
hervorragende Sprecherin und großes Gefühlschaos machen diese Geschichte so
hörenswert. Aber Achtung: Es wird natürlich auch traurig!
Selbst die größten Bösewichte kennen wahre Freundschaft,
echte Liebe und tiefen Schmerz, wie die Geschichte von Cruella De Vil zeigt.
Sie handelt von einer sehr einsamen Kindheit, der Magie luxuriöser Kleidung und
dem innigen Wunsch, von der Mutter geliebt zu werden. Als Cruella von der
Mutter einen weißen Pelzmantel erhält, um sich von anderen zu unterscheiden,
kommt ihr eine teuflische Idee: Was wäre, wenn sie ihrer Mutter einen noch
ausgefalleneren Mantel präsentieren könnte? Einen Mantel aus Dalmatinerfell?
Ein zerstörerisches Verlangen bricht sich Bahn, das scheinbar durch nichts mehr
aufzuhalten ist...
Ich muss zugeben, dass meine Erwartungen durchaus hoch
waren. Von den „Villains“ hat man schließlich schon eine Menge Gutes gehört.
Was den Charakter von Cruella anging, war ich allerdings nicht ganz so
voreingenommen.
Trotzdem muss ich sagen, dass ich überrascht war, von diesem wunderbaren und
lieben Kind, das man zu Beginn des Hörbuchs kennenlernt. Cruella ist ein sehr
einsames Mädchen, das eigentlich nur eine einzige Sache möchte: von seiner
Mutter geliebt zu werden. Genau dieser Punkt ist der rote Faden der Geschichte.
Letztendlich dreht sich nämlich Cruellas gesamte Existenz um genau dieses
Bedürfnis. Es ist so einfach zu analysieren und in der Ausführung dann doch so
kompliziert.
Aber fangen wir von vorne an. Cruella ist das einzige Kind einer reichen
Familie. Eigentlich fehlt es ihr an nichts. Sie lebt im Luxus, hat viele
Bedienstete und darf machen, was sie möchte. Außerdem hat sie einen
wundervollen Vater, doch der ist oft nicht zu Hause. Cruella wird umsorgt und
viele der Hausangestellten lieben sie. Doch sie sehnt sich als Kind nur nach
der Liebe einer einzigen Person. Und diese bringt ihr Werte bei, die alles
andere als menschlich und auf jeden Fall hinterfragbar sind. Die Rede ist
natürlich von ihrer Mutter. Curellas „Mama“ sieht Bedienstete als „Untermenschen“,
legt viel Wert auf gesellschaftlichen Rang und hält nichts von den Freuden der
Kindheit, sondern nur von Geld. Cruella will ihr gerecht werden und versucht, genauso zu leben, wie
ihre „liebe Mama“ es wollen würde. Doch, wie man sich denken kann, ist Cruellas
Mutter selten vor Ort und zeigt ihre „Liebe“ nur, indem sie Cruella Pelzmäntel
schenkt… Dieses Detail ist natürlich überaus wichtig für die Entwicklung der
jungen Frau. Im Laufe der Geschichte wird Cruella aber nicht nur erwachsener,
sondern auch reifer. Als Hörer muss man trotzdem belastbar sein! Zu ihrer
Entwicklung trägt auch ihre einzige Freundin Anita bei – ja, Disneyfans wissen
genau, welche Anita gemeint ist. Anita ist sehr liebevoll und herzlich und
Cruella und sie sind wahre Freundinnen. Sie hilft Cruella, die Dinge zu
hinterfragen. Und doch… tut diese es leider viel zu selten. Die Protagonistin
der Geschichte hat so viele wunderbare Seiten und man kommt als Hörer nicht
umhin, die junge Cruella ins Herz zu schließen. Aber Cruella hat Chancen, so
viele Chancen. Sie hätte an vielen Stellen in der Handlung andere Wege gehen
können und als Hörer wünscht man sich so sehr, dass sie sich endlich gegenüber
ihrer Mutter BEHAUPTET. Und zwar, indem sie sich von ihr abwendet. Doch Cruella
wäre keine Bösewichtin bei Disney, wenn sie genau dies schaffen würde.
Um nicht weiter auf die Handlung an sich einzugehen (Privatschule, Hunde, ein Liebhaber, ein
Unglück, die Katastrophe), kommen wir doch zur Sprecherin. Anja Stadlober hat
eine sehr angenehme Stimme und vielen ist sie sicher auch nicht unbekannt. Sie
ist die Synchronstimme von Emma Stone und diese freche Art, die Stadlober in
ihr Lesen bringt, passt wirklich überaus gut zu Cruellas jugendlichem
Charakter. Ich habe ihr wirklich gern zugehört. Und es war nicht nur die
Handlung, sondern eben auch die Stimme, die mich immer wieder dazu animierte,
das Hörbuch laut zu kommentieren. Ich trat wirklich manchmal in den Dialog und
sagte Dinge wie „genau, weil deine Mutter dich ja auch so sehr liebt…“ Das
allein zeigt, wie sehr mich die Handlung bewegt hat.
Und Gefühle sind auch das Stichwort, das dieses Hörbuch „kann“. Die Geschichte
ist wirklich bewegend und an vielen Stellen so unglaublich traurig. Es gibt
Handlungsstränge, die so wahnsinnig naiv sind, dass ich manchmal kurz davor
war, die Geschichte abzubrechen. Aber es gibt eben auch diese tiefe Handlung,
Cruellas Entwicklung und obwohl man weiß, wie es endet, ertappt man sich dabei,
die Hoffnung nicht aufgeben zu wollen.
Der Autorin Serena Valentino ist vor allem die Charakterzeichnung sehr gut
gelungen. Aber auch der Schreibstil an sich hat mir wirklich gut gefallen. Die
Aufmachung des Hörbuchs selbst ist hübsch. Leider gibt es kein Booklet oder
Ähnliches, das mit ein wenig Zusatzmaterial aufwartet, was ich schade fand.
Aber ansonsten ist die CD wirklich schön, schlicht und klassisch gestaltet und
macht einen hochwertigen Eindruck.
Wenn man "Cruella die Teufelin" gehört hat, dann hat man
wahrscheinlich das Bedürfnis, mit jemandem darüber zu sprechen. Denn man will
sich eigentlich über so vieles beschweren. Am liebsten möchte man die
Protagonistin aus der Geschichte herausziehen und schütteln. Mir erging es
jedenfalls so. Und das zeigt, wie emotional Cruellas Geschichte ist.
Meines Erachtens hat die Autorin eine sehr authentische Vorgeschichte der
Bösewichtin Curella de Vil geschrieben. Ich habe sie wirklich gern gehört, weil
sie so viele Gefühle wecken kann. Die Charaktere sind gelungen, der Stil sehr
schön und die Sprecherin macht einen hervorragenden Job. Wer sich also auf
Gefühlschaos ohne Happy End einlassen möchte, ist hier genau richtig. Und
deswegen vergebe ich fünf von fünf Sternen. Denn dieses Hörbuch hält wirklich, was
es verspricht.
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