Titel: Kur vor Mitternacht
Autor: Agatha Christie
Sprecher: Reiner Unglaub
Verlag: der Hörverlag
Seiten: 272
Dauer: 5h 25m
Preis: 7,95€
Agatha Christie ist eine Ikone der Krimi-Klassik. Und
trotzdem sind ihre Geschichten auch in der heutigen Zeit überaus präsent und
beliebt. Erst letzte Woche schaute ich die Neuverfilmung von „Tod auf dem Nil“
im Kino. Aber obwohl Filme ein wundervolles Medium sind, um in Christies Welt
abzutauchen, bevorzuge ich doch definitiv die Bücher. Gibt es aber etwas noch
besseres als einen Agatha Christie-Roman? Ja! Die Hörbuchversion von diesem!
Für mich sind die Bücher der Autorin durch ihre charmante Ruhe und
Ermittlungsart perfekt, um sie zu hören. Und als ich auf das Hörbuch „Kurz vor
Mitternacht“ stieß, war mein Interesse sofort geweckt. Zwar kannte ich den
Ermittler Superintendant Battle bisher noch nicht, aber einer der Protagonisten
des Buches ist ein Tennisprofi. Meine Lieblingsautorin zusammen mit meiner
Lieblingssportart? Das kann nur gut werden, dachte ich mir. Und so war es auch!
Denn „Kurz vor Mitternacht“ ist ein großartiges Hörbuch!
Alle verbringen den Sommer in Gull's Point: der bekannte
Tennisspieler Nevile Strange, seine jetzige Frau Kay und seine ehemalige Frau
Audrey, deren Vetter Thomas und Kays alter Freund Ted Latimer und auch
Rechtsanwalt Treves kommt zum Dinner. Das Gespräch dreht sich um das
Rechtssystem, Mord, unmündige Täter und Gerechtigkeit. Am nächsten Tag ist
Anwalt Treves tot, gestorben an einem Herzinfarkt. Oder hat dort jemand
nachgeholfen? Auch die Gastgeberin Lady Tressilian hat nicht mehr lange zu
leben. Superintendent Battle sieht sich einem so faszinierenden Fall gegenüber,
dass er sogar seinen Urlaub vergisst.
Ich liebe den Tennissport. Und tatsächlich habe ich mich
schon einmal bemüht, Bücher zu finden, in denen Tennis eine Rolle spielt. Gar
nicht mal so einfach, kann ich euch sagen. Als ich im großen Repertoire von
Agatha Christie also auf eine Geschichte stieß, in der Tennis zumindest in
einer Form vorkommt, konnte ich mein Glück kaum fassen. „Kurz vor Mitternacht“
dreht sich zwar wahrlich nicht um die Sportart und trotzdem war mein Interesse
sofort geweckt. Tatsächlich spielt der Tennisprofi Nevile Strange eine sehr
wichtige Rolle in „Kurz vor Mitternacht“, steht er doch direkt unter
Tatverdacht. Doch dazu gleich mehr.
Beginnen wir beim Allgemeinen. Ich habe das Buch als Download zur Verfügung gestellt bekommen und ich muss sagen, dass es absolut unkompliziert funktionierte. Ich
begann sehr schnell mit dem Hören, denn auch durch die kurzen Tracks wird das
Hören total erleichtert. Ein Track geht so um die drei bis vier Minuten, sodass
man sich selbst oft dabei ertappt, doch noch schnell weiter zu hören.
Vielleicht kennt ihr das von Büchern, die besonders kurze Kapitel haben? Mir
war dieses Phänomen definitiv bekannt.
Der Sprecher Reiner Unglaub hat mir wirklich gut gefallen, da seine Stimme sehr
authentisch zum Charakter von Superintendant Battle passt. Das kann man
allerdings auch kritisch sehen. Unglaub hat eine sehr ruhige und tiefe Stimme,
die manchmal sogar etwas unbeteiligt oder gleichgültig wirkt. Für mich
persönlich passte das wie die Faust aufs Auge zum Ermittler, denn Battle ist
nicht unbedingt der ehrgeizige, überambitionierte oder rasante Typ. Er hat eine
gewisse Ruhe und strahlt Kompetenz aus. Deswegen empfand ich die Wahl des
Sprechers als sehr gelungen, auch wenn er vor allem die Frauenrollen manchmal
etwas hysterisch liest. Aber einen Vorwurf kann ich ihm auch nicht daraus
machen, denn viele der weiblichen Figuren sind genau das: hysterisch. Kommen
wir also zur Geschichte.
„Kurz vor Mitternacht“ hat eine wahnsinnig unterhaltsame und kurzweilige
Geschichte. Ich habe sie an wenigen Tagen weggehört, weil ich auch wirklich
unbedingt wissen wollte, wie es weiter geht. Die Story erscheint anfangs etwas
diffus, weil die Autorin verschiedene Erzählstränge eröffnet, die auf den ersten
Blick nichts mit dem Gesamtgeschehen zu tun haben. Warum begleiten wir Battle
zum Beispiel dabei, wie er einen Diebstahl im Internat seiner Tochter aufdeckt
oder wieso wird uns jemand vorgestellt, der Selbstmord begehen wollte und scheiterte.
Was soll das mit den Todesfällen in Gull’s Point zu tun haben? Nun ja, ihr
werdet es beim Hören erfahren. Denn tatsächlich gibt es keine unwichtigen
Aussagen in der Geschichte. Aber worum geht es in der Geschichte denn jetzt? Alles
in allem ist es ein klassisches Eifersuchtsdrama, das mit Mord endet. Oder
nicht? Der berühmte Tennisspieler Nevile Strange besucht wie jedes Jahr seine
Tante in ihrem Haus an der Küste gemeinsam mit seiner Frau Kay. Kay ist
allerdings erst seit kurzem Nevils Frau. Seine Exfrau Audrey ist noch immer
sehr gut mit Neviles Tante befreundet und besucht sie ebenfalls einmal im Jahr
für ein paar Wochen. Und in diesem Jahr fallen beide Besuche also zusammen.
Kann das gut gehen? Ein attraktiver Mann, der gleich mit zwei Frauen namens
Misses Strange vor Ort ist? Nun ja, die Bezeichnung „Krimi“ gibt euch die
Antwort: natürlich nicht. Doch es stirbt nicht etwas eine dieser drei Personen,
sondern ein alter Freund von Neviles Tante und leider auch genau diese kurz
darauf. Superintendant Battle ist eher durch Zufall vor Ort und ermittelt
gemeinsam mit seinem Neffen.
Die Art zu ermitteln gefiel mir wirklich gut. Battle ist ein erfahrener und kompetenter Mann. Die Geschichte besteht aus vielen Befragungen und
auch Irrungen. Allerdings taucht der Ermittler erst relativ spät in der
Geschichte auf, sodass man sich als Hörer schon vorher sein eigenes Bild von
den Charakteren machen kann. Das habe ich auch definitiv gemacht und ich hatte
so meine Theorie. Das Tolle aber war, dass mich die Lösung des Falls letztlich
total überraschen konnte. Darüber freue ich mich tatsächlich immer am meisten
bei einem Krimi von Agatha Christie. Hier werden die Spuren ausgelegt und
trotzdem ist am Ende dann doch alles ganz anders.
Die Charaktere sind wirklich gut gelungen und sie sind sehr verschieden.
Manchmal hatte ich ein paar Probleme, die männlichen Rollen auseinanderzuhalten,
aber das gab sich mit der Zeit. Vor allem die beiden Frauen fand ich sehr
interessant. So richtig trauen kann man in dieser Geschichte sowieso niemandem.
Es bleibt also Superintendant Battle überlassen, herauszufinden, wer Lady
Tressilian kurz vor Mitternacht umbrachte.
Ich kann euch nur empfehlen Battle bei diesem Fall zu
begleiten, denn die Wendungen und Fährten der Geschichte sind einfach klasse
und sehr unterhaltsam. Die Geschichte ist kurzweilig und nicht zu kompliziert,
doch gleichzeitig macht sie viele Handlungsstränge auf, sodass man eben nicht
von allein auf die Spur des Mörders kommt. Der Schreibstil ist flüssig und
Unglaubs Art zu lesen passt sehr gut zum Werk. Ich habe mich wunderbar
unterhalten gefühlt und hatte immer das Bedürfnis, weiter hören zu wollen. Und
deswegen vergebe ich die verdienten fünf Sterne. Spiel, Satz und Sieg? Fragt sich nur für wen.
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