29. September 2016

Rezension: "Harry Potter und das verwunschene Kind" von J. K. Rowling (u.a.)


Titel: Harry Potter und das verwunschene Kind
Autor: J. K. Rowling, Jack Thorne, John Tiffany
Verlag: Carlsen
Preis: 19,99€
Seiten: 336


Kein Buch macht in diesem Jahr mehr Aufsehen als das Theaterskript von Joanne K. Rowling. Die achte Geschichte von Harry Potter. Das Abenteuer geht weiter: nach 19 Jahren! Der Hype ist verständlich. Aber ist das Buch/Theaterskript auch so gut, wie alle erwarten? Ich hatte schon Einiges über „Harry Potter und das verwunschene Kind“ gehört und deshalb schrumpften meine Erwartungen. Nicht alle Meinungen waren positiv, Charakteruntreue wurde unseren heißgeliebten Protagonisten vorgeworfen. Es wurde also höchste Zeit, dass ich mir selbst ein Urteil bildete. Das tat ich, als kleine Harry Potter-Fan natürlich gern. Und ich kam zu einem überraschenden Ergebnis: Dank meiner niedrigen Erwartungen war ich absolut begeistert und das überrascht mich selbst am meisten.

Inhalt


Unsere Helden sind gealtert. Ron, Hermine und Harry haben inzwischen ihre eigenen Familien und stehen im Berufsleben. Doch auch, wenn der Dunkle Lord vor fast 20 Jahren diese Welt verlassen hat, ist das Leben nicht perfekt. Harry hat sich von der Vergangenheit erholt, doch sein Sohn Albus Severus hat mit dem Namen seines Vaters zu kämpfen. Er hält ihn nicht für den Helden, den jedermann in ihm sehen will. Er ist kein Gryffindor und Quidditch hasst er wie die Pest. Und überhaupt könnte er auf Howgwarts verzichten! Als sich die Chance auftut Vergangenheit und Gegenwart zu verändern, ist Albus mit seinem Freund Scorpius zur Stelle. Doch was geschieht, wenn man den Lauf der Geschichte ändern will? Können die dunklen Mächte auch in dieser Geschichte besiegt werden?

Meinung


Ich erwähnte bereits, dass ich mit keinerlei Erwartungen an das Buch ging. Noch besser eigentlich. Ich befürchtete, dass es nicht gut sein würde. Ich gehörte nicht zu denen, die die alten sieben Bücher noch einmal gelesen haben, um sich auf diesen Teil vorzubereiten. Im Nachhinein bin ich darüber sehr froh! Ich hatte Abstand zu der Geschichte und fühlte mich authentisch in die Lage versetzt, dass tatsächlich 19 Jahre vergangen seien. Unsere alten Helden haben sich verändert und neben ihnen treten neue Figuren auf. Viele von uns sind mit Harry Potter aufgewachsen, manche haben inzwischen selbst Kinder. Meiner Meinung nach gelingt dieser Rollenwechsel gut. Wer von uns ist 19 Jahre später schon noch derselbe? Die Veränderung der Charaktere fand ich einleuchtend und realistisch. Oftmals wird angemerkt, dass vor allem Ron als Vollidiot auftritt und in ernsten Situationen nur dumme Scherze macht. Da es lange her ist, dass ich die Bücher gelesen habe, kann ich nicht mehr beurteilen, ob das früher auch schon so war. In den Filmen zumindest kommt dies sehr oft vor – und auch in „Das verwunschene Kind“. Aber damit sind wir bei einem ganz wichtigen Punkt: Das hier ist ein Theaterstück! Wir können die Regieanweisungen mitverfolgen, wir wissen, wie das Bühnenbild aufgebaut sein soll. Man muss das Ganze unter einem dramaturgischen Gesichtspunkt betrachten. In einem Theaterstück sollte auch eine komische Person auftreten, die für die Lacher sorgt. Eine Liebenswerte, die die Situation auflockern kann. Das ist Ron. Ich fand seine Sprüche keinesfalls dämlich, ich fand sie lustig. Und so fühlte ich mich in der Welt von Harry Potter sofort wieder zu Hause. Das übrigens auch von der ersten Seite an. Denn obwohl es nicht J.K. Rowling allein war, die die Feder schwang, war es doch ihre Welt. Mich konnten die Dialoge packen. Oftmals wollte ich unbedingt weiterlesen, weil ich einfach nicht glauben konnte, was da gerade passiert! Zum Teil war ich frustriert, dann schockiert, dann traurig und entsetzt. Doch der Spannungsfaden reiß nicht. Des Öfteren habe ich mich gefragt, was denn noch passiere soll. Was soll noch verändern werden? Aber am Ende flogen die Seiten dahin und alles war perfekt, wie es war. Denn das ist tatsächlich meine Einschätzung. Jeder Handlungsstrang hat seinen Sinn. Die Figuren, allen voran Albus und Scorpius, machen eine ungemeine Entwicklung durch. Die Welten, die zum Teil erschaffen werden und die die Jungs sehen, finde ich unglaublich spannend. All diese Szenarios haben mich fasziniert und dass man ab und zu alte und verlorene Figuren wiederfindet, erwärmte mir das Herz.
Es ist nicht so, dass in diesem Theaterstück Harry im Mittelpunkt steht. Es geht um zwei Generationen. Unsere bekannten Freunde, die nun die Eltern sind und eben ihre Kinder. Ich fand es toll, dass Hermine, Ron, Harry und auch Ginny noch immer befreundet sind. Wirklich gefallen hat mir aber auch die Entwicklung von Draco Malfoy und, dass er oft auftaucht. Schließlich ist er der Vater von Scorpius, Albus bestem Freund. Diese Entwicklung beobachtete ich anfangs mit Missmut. Aber hey…ist doch irgendwie viel cooler, als wenn Albus so ein Fan seines Vaters wäre, oder?! Die Freundschaft zwischen den beiden Jungen bildet den Kern dieser Geschichte und verkörpert somit die Werte, für die Harry Potter schon immer stand. Freundschaft, Liebe und Zusammenhalt kämpfen gemeinsam gegen das Böse. Für mich war vor allem das Ende unglaublich emotional. Die vorkommenden Wendungen sind zwar abschreckend, aber ich finde sie passen ins Muster. Ich bin Scorpius und Albus so gern gefolgt. Und auch ihren Eltern hat es die Augen geöffnet. Wir treffen in diesem Stück auf unsere Lieblingshelden, aber auch auf völlig neue Figuren. Wir vermissen alte Freunde und gewinnen Neue. Natürlich ist es schade, dass man nicht von allen erfährt, was aus ihnen geworden ist. Aber das würde wohl den Rahmen sprengen. Ich kann nur sagen, dass ich im Moment unbedingt nach London will, um die zwei Theaterstück-Teile zu sehen. Die Inszenierung soll großartig sein und mit diesem Skript kann ich mir das gut vorstellen. Achtung! Ich habe es bisher nicht erwähnt, aber ich denke auch, dass es klar ist. Man liest das Buch wie ein klassisches Drama. Es besteht aus Dialogen und Regieanweisungen. Mich persönlich hat es im Lesefluss absolut nicht gestört. Im Gegenteil. Ich empfand es als flüssig und schön. Schön, weil ich mich wieder zu Hause fühlte.

Fazit


Für mich trat bei diesem Buch wohl der Idealfall ein: Ich bekam für kurze Zeit ein Stück meiner Kindheit wieder. Ich genoss jede Seite und jede Handlungswendung. Ich habe neue Helden und bin mit dieser Geschichte überaus zufrieden. Aber das sicher auch nur, weil ich so viel Schlechtes über das Buch gehört habe. Ich gebe zu, dass ich an der berühmten Stelle ebenfalls den Mund verzog, aber mich hat es nicht wirklich gestört. „Harry Potter und das verwunschene Kind“ ist kein klassisches Harry Potter Abenteuer - nur eben anders! Es ist schade, dass es als solches vermarktet wird. Aber es ist ein großartiges Theaterstück. Ich konnte mich in der Handlung verlieren und finde die Entwicklung der Geschichte absolut getreu. Ich vergebe verzauberte fünf Spitzenschuhe und sollte wohl Flugtickets nach London buchen…


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