Titel: Harry Potter und das verwunschene Kind
Autor: J. K. Rowling, Jack Thorne, John Tiffany
Verlag: Carlsen
Preis: 19,99€
Seiten: 336
Kein Buch macht in diesem Jahr mehr Aufsehen als das
Theaterskript von Joanne K. Rowling. Die achte Geschichte von Harry Potter. Das
Abenteuer geht weiter: nach 19 Jahren! Der Hype ist verständlich. Aber ist das
Buch/Theaterskript auch so gut, wie alle erwarten? Ich hatte schon Einiges über
„Harry Potter und das verwunschene Kind“ gehört und deshalb schrumpften meine
Erwartungen. Nicht alle Meinungen waren positiv, Charakteruntreue wurde unseren
heißgeliebten Protagonisten vorgeworfen. Es wurde also höchste Zeit, dass ich
mir selbst ein Urteil bildete. Das tat ich, als kleine Harry Potter-Fan
natürlich gern. Und ich kam zu einem überraschenden Ergebnis: Dank meiner
niedrigen Erwartungen war ich absolut begeistert und das überrascht mich selbst
am meisten.
Inhalt
Unsere Helden sind gealtert. Ron, Hermine und Harry haben
inzwischen ihre eigenen Familien und stehen im Berufsleben. Doch auch, wenn der
Dunkle Lord vor fast 20 Jahren diese Welt verlassen hat, ist das Leben nicht
perfekt. Harry hat sich von der Vergangenheit
erholt, doch sein Sohn Albus Severus hat mit dem Namen seines Vaters zu
kämpfen. Er hält ihn nicht für den Helden, den jedermann in ihm sehen will. Er
ist kein Gryffindor und Quidditch hasst er wie die Pest. Und überhaupt könnte
er auf Howgwarts verzichten! Als sich die Chance auftut Vergangenheit und
Gegenwart zu verändern, ist Albus mit seinem Freund Scorpius zur Stelle. Doch
was geschieht, wenn man den Lauf der Geschichte ändern will? Können die dunklen
Mächte auch in dieser Geschichte besiegt werden?
Meinung
Ich erwähnte bereits, dass ich mit keinerlei Erwartungen an
das Buch ging. Noch besser eigentlich. Ich befürchtete, dass es nicht gut sein
würde. Ich gehörte nicht zu denen, die die alten sieben Bücher noch einmal
gelesen haben, um sich auf diesen Teil vorzubereiten. Im Nachhinein bin ich
darüber sehr froh! Ich hatte Abstand zu der Geschichte und fühlte mich authentisch in die Lage versetzt, dass tatsächlich 19 Jahre vergangen seien.
Unsere alten Helden haben sich verändert und neben ihnen treten neue Figuren
auf. Viele von uns sind mit Harry Potter aufgewachsen, manche haben inzwischen
selbst Kinder. Meiner Meinung nach gelingt dieser Rollenwechsel gut. Wer von
uns ist 19 Jahre später schon noch derselbe? Die Veränderung der Charaktere
fand ich einleuchtend und realistisch. Oftmals wird angemerkt, dass vor allem
Ron als Vollidiot auftritt und in ernsten Situationen nur dumme Scherze macht.
Da es lange her ist, dass ich die Bücher gelesen habe, kann ich nicht mehr
beurteilen, ob das früher auch schon so war. In den Filmen zumindest kommt dies
sehr oft vor – und auch in „Das verwunschene Kind“. Aber damit sind wir bei
einem ganz wichtigen Punkt: Das hier ist ein Theaterstück! Wir können die Regieanweisungen
mitverfolgen, wir wissen, wie das Bühnenbild aufgebaut sein soll. Man muss das
Ganze unter einem dramaturgischen Gesichtspunkt betrachten. In einem
Theaterstück sollte auch eine komische Person auftreten, die für die Lacher
sorgt. Eine Liebenswerte, die die Situation auflockern kann. Das ist Ron. Ich
fand seine Sprüche keinesfalls dämlich, ich fand sie lustig. Und so fühlte ich
mich in der Welt von Harry Potter sofort wieder zu Hause. Das übrigens auch von
der ersten Seite an. Denn obwohl es nicht J.K. Rowling allein war, die die
Feder schwang, war es doch ihre Welt. Mich konnten die Dialoge packen. Oftmals
wollte ich unbedingt weiterlesen, weil ich einfach nicht glauben konnte, was da
gerade passiert! Zum Teil war ich frustriert, dann schockiert, dann traurig und
entsetzt. Doch der Spannungsfaden reiß nicht. Des Öfteren habe ich mich
gefragt, was denn noch passiere soll. Was soll noch verändern werden? Aber am
Ende flogen die Seiten dahin und alles war perfekt, wie es war. Denn das ist
tatsächlich meine Einschätzung. Jeder Handlungsstrang hat seinen Sinn. Die
Figuren, allen voran Albus und Scorpius, machen eine ungemeine Entwicklung
durch. Die Welten, die zum Teil erschaffen werden und die die Jungs sehen,
finde ich unglaublich spannend. All diese Szenarios haben mich fasziniert und
dass man ab und zu alte und verlorene Figuren wiederfindet, erwärmte mir das
Herz.
Es ist nicht so, dass in diesem Theaterstück Harry im Mittelpunkt steht. Es
geht um zwei Generationen. Unsere bekannten Freunde, die nun die Eltern sind und
eben ihre Kinder. Ich fand es toll, dass Hermine, Ron, Harry und auch Ginny
noch immer befreundet sind. Wirklich gefallen hat mir aber auch die Entwicklung
von Draco Malfoy und, dass er oft auftaucht. Schließlich ist er der Vater von
Scorpius, Albus bestem Freund. Diese Entwicklung beobachtete ich anfangs mit
Missmut. Aber hey…ist doch irgendwie viel cooler, als wenn Albus so ein Fan
seines Vaters wäre, oder?! Die Freundschaft zwischen den beiden Jungen bildet
den Kern dieser Geschichte und verkörpert somit die Werte, für die Harry Potter
schon immer stand. Freundschaft, Liebe und Zusammenhalt kämpfen gemeinsam gegen
das Böse. Für mich war vor allem das Ende unglaublich emotional. Die
vorkommenden Wendungen sind zwar abschreckend, aber ich finde sie passen ins
Muster. Ich bin Scorpius und Albus so gern gefolgt. Und auch ihren Eltern hat
es die Augen geöffnet. Wir treffen in diesem Stück auf unsere Lieblingshelden,
aber auch auf völlig neue Figuren. Wir vermissen alte Freunde und gewinnen
Neue. Natürlich ist es schade, dass man nicht von allen erfährt, was aus ihnen
geworden ist. Aber das würde wohl den Rahmen sprengen. Ich kann nur sagen, dass
ich im Moment unbedingt nach London will, um die zwei Theaterstück-Teile zu
sehen. Die Inszenierung soll großartig sein und mit diesem Skript kann ich mir
das gut vorstellen. Achtung! Ich habe es bisher nicht erwähnt, aber ich denke
auch, dass es klar ist. Man liest das Buch wie ein klassisches Drama. Es
besteht aus Dialogen und Regieanweisungen. Mich persönlich hat es im Lesefluss
absolut nicht gestört. Im Gegenteil. Ich empfand es als flüssig und schön.
Schön, weil ich mich wieder zu Hause fühlte.
Fazit
Für mich trat bei diesem Buch wohl der Idealfall ein: Ich
bekam für kurze Zeit ein Stück meiner Kindheit wieder. Ich genoss jede Seite
und jede Handlungswendung. Ich habe neue Helden und bin mit dieser Geschichte
überaus zufrieden. Aber das sicher auch nur, weil ich so viel Schlechtes über
das Buch gehört habe. Ich gebe zu, dass ich an der berühmten Stelle ebenfalls
den Mund verzog, aber mich hat es nicht wirklich gestört. „Harry Potter und das
verwunschene Kind“ ist kein klassisches Harry Potter Abenteuer - nur eben anders! Es ist schade,
dass es als solches vermarktet wird. Aber es ist ein großartiges Theaterstück.
Ich konnte mich in der Handlung verlieren und finde die Entwicklung der
Geschichte absolut getreu. Ich vergebe verzauberte fünf Spitzenschuhe und
sollte wohl Flugtickets nach London buchen…
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