28. Dezember 2018

Rezension: "Die Grimm Chroniken - Teil fünf und sechs" von Maya Shepherd


Titel: Die Grimm Chroniken - Der goldene Apfel/ Der Tanz der verlorenen Seelen
Autor: Maya Shepherd
Verlag: Sternensa,nd Verlag
Preis: je 8,95€
Seiten: 156 & 152

Ich lese sehr gern Märchenadaptionen und deswegen konnte ich um die „Grimm-Chroniken“ keinen Bogen machen! Maya Shepherds Ideen sind wundervoll und so zog sie mich auch mit den kurzen Folgen der Märchenreihe in ihren Bann. Von Teil eins war ich absolut begeistert, bei Teil zwei musste ich ein wenig schlucken, doch Teil drei war wieder grandios! Die Welt, die die Autorin sich zusammengeschrieben hat, ist mehr als gelungen. Sie ist vielfältig, abwechslungsreich und immer wieder innovativ. Doch mit der Zeit entwickeln sich natürlich die Charaktere und der Leser weiß früh, dass aus der unschuldigen Mary einmal die böse Königin werden wird. Und so entsteht eine gewisse Antipathie gegenüber mehreren Protagonisten. In Band fünf und sechs hatte ich keine Figur, mit der ich mich identifizieren konnte und deshalb griff ich nicht so gern zu der Geschichte. Es gibt ein paar Elemente, die mir nicht recht gefallen und deswegen geht meine Bewertungskurve bei diesen Büchern leider etwas nach unten. Nichtsdestotrotz bin ich weiterhin auf das große Ganze gespannt und lese voller Freude weiter!

Der goldene Apfel
Tränen verschleierten ihren Blick, als sie ihm den goldenen Apfel aus der Hand nahm. Der Schein des Feuers spiegelte sich in seiner glänzenden Oberfläche. 
»Bis bald«, flüsterte sie, bevor sie den Mund öffnete und in die Frucht biss. Das Stück blieb ihr im Hals stecken. Sie rang nach Atem, bevor sie die Augen schloss und ihr die Knie wegsackten. Rumpelstilzchen hatte gesagt, dass man Schneewittchen nur in ihren Träumen töten könne. Will betete, dass er recht behielt. Sie durfte nicht tot sein.


Der Tanz der verlorenen Seelen
Margery fand sich an einem wundersamen Ort wieder, von dem sie nicht gewusst hatte, dass er existierte. Vor ihr erstreckte sich ein blühendes Feld. Es waren unzählige Mohnblumen. Alle erstrahlten in der verbotenen Farbe - Rot. 
»Spürst du den Windhauch?«, fragte Ember, während sie langsam durch die Wiese schritt. Sie hatte ihre Arme ausgebreitet, sodass sie mit den Fingerspitzen die Blüten im Vorrübergehen berührte. »Der Wind kommt von den vielen Seelen, welche über diese Wiese tanzen. Es sind die ruhelosen Geister der Mädchen, die deine Mutter in ihrem Keller getötet hat. Ihr Blut hat die Blumen rot gefärbt. Sie müssen nun sieben Jahre über dieses Feld tanzen, erst dann sind sie frei und dürfen in ein nächstes Leben weiterziehen.«


Aus Gründen der Einfachheit habe ich mich entschieden, Band fünf und sechs der Grimm-Chroniken in einer Rezension zusammen zu fassen. Denn leider habe ich die gleichen Kritikpunkte an beiden Folgen.
Nummer eins: Es ist nicht schwer erkennbar, dass kein Buch dieser Reihe sonderlich dick ist. Und natürlich bedeutet das, dass nicht allzu viel passieren kann. Die geringe Seitenanzahl ist für mich sogar ein absoluter Pluspunkt. Denn gerade, wenn man nicht so viel Zeit zum Lesen hat, kommt man in dieser Buchreihe trotzdem gut voran! Das Gegenargument ist aber natürlich, dass die drei Handlungsstränge immer nur sehr kurz betrachtet werden können. Denn wie die bisherigen Leser der Reihe wissen, gibt es drei Geschichten, die parallel erzählt werden. Da sind Dorian und Mary auf der Suche nach der Erdenmutter, Margery, die sich gegen ihre Mutter auflehnt und Will mit seinen beiden Freunden Maggy und Joe. In Band sechs ergibt sich beinahe noch eine vierte Handlung, weshalb man so langsam den Überblick verlieren kann. Doch der Überblick ist gar nicht das Problem. Dass die einzelnen Stränge nur so kurz betrachtet werden können, stört mich viel mehr. Außerdem wird die Geschichte von Mary und Dorian immer abstruser, doch das mag mit meinem ersten Kritikpunkt, der beginnenden Antipathie, zusammenhängen. Ich finde es jedenfalls schade, dass es zum Teil nur wenige Seiten zu einem der Stränge gibt. Vor allem Maggy und Joe geraten aus dem Fokus. Zwar verstehe ich die Strategie hinter dem Aufbau und ich werde definitiv die nächsten Bände lesen, um zu wissen, wie es weiter geht, dennoch fehlen mir meine lieb gewonnen Charaktere.
Was mich zum bereits angesprochenen Punkt bringt. Mir fehlt inzwischen das Gefühl für die Figuren der Geschichte. Margery wird immer greifbarer, was sehr interessant ist. Auch der neue Charakter „Ember“ ist vielversprechend. Will wird ebenfalls verständlicher und Joe und Maggy mochte ich sowieso schon immer. Doch dann sind da ja noch Dorian und Mary – und leider kann ich beide nicht leiden. Mary tut vollkommen merkwürdige Dinge, sowohl in der Vergangenheit, als auch der Gegenwart. In der Gegenwart ist sie ein Monster und ich warte wirklich auf den Showdown, das Ereignis, das alles erklärt. Der Wandel dieser Figur ist krass, dadurch aber interessant. Für mich sind nur leider beide Teile des Liebespaars unsympathisch und deswegen habe ich die Passagen, in denen sie um ihre Liebe kämpfen, einfach nicht gern gelesen. Hinzu kommt, dass in Teil sechs etwas offenbart wird, das ich ganz furchtbar finde. Aber ich will ja niemanden spoilern.
Ein letzter Punkt: Manchmal wird das Potenzial der Geschichte einfach nicht ausgeschöpft. Beispielsweise ist der Titel von Band sechs so interessant und dann passiert eigentlich nicht mehr, als was der Klappentext schon verrät. Das finde ich mehr als schade. Schon möglich, dass vieles wieder aufgegriffen wird, aber manchmal hat mir die Geschichte deutlich zu wenig mit dem Titel zu tun. 
So viel zu meiner Kritik. 
Kommen wir zu den positiven Punkten. Die Handlungsorte sind märchenhaft und schaurig zugleich. Die Figurenvielfalt macht die Geschichte besonders und dadurch bauen sich immer wieder neue kleine Handlungen auf. Inzwischen wurde selbst Gretel erwähnt, auf die ich sehr gespannt bin! Die anfängliche Idee der verwobenen Märchen zu einem einzigen, wird weiterhin gut umgesetzt, auch wenn es mir an der ein oder anderen Stelle etwas künstlich vorkommt. Man muss aber sagen, dass gerade erst die Hälfte der Handlung erreicht ist, was auf viele weitere spannende Momente hoffen lässt. Die Spannung ist durchaus konstant. Allerdings merkt man schon, dass es sich um „Mittelteile“ handelt. Die Geschichte befindet sich immer noch im Aufbau. Vor allem in „Der goldene Apfel“ passiert nicht sehr viel. Der Schreibstil ist in Ordnung und flüssig. Die kleinen liebevollen Zeichnungen im Buch sind umwerfend und machen jedes Buch der Reihe zu einem kleinen Schatz. Besonders wertschätzen möchte ich auch weiterhin die Schlussworte der Autorin. Maya Shepherd liefert immer wieder tolle Nebeninformationen zu den Büchern, die mich immer wieder verblüffen.


Alles in allem sind die Teile fünf und sechs der „Grimm-Chroniken“ keine schlechten Bücher. Sie glänzen mit den bereits bekannten tollen Punkten der Reihe: Charaktervielfalt, tolle Handlungsorte und ein großartiges Gesamtkonzept. Leider passierte mir in beiden Büchern zu wenig und ich beginne, ein paar Figuren wirklich zu hassen. Aufgrund dieser Antipathie griff ich nicht so gern zu diesen Folgen. Andererseits denkt man sich bei dieser Seitenanzahl wirklich immer „Ach, die paar Seiten…“ und auch deswegen geht das Konzept einfach auf. Ich habe weiterhin hohe Erwartungen an die Reihe und hoffe, dass sie wieder an Fahrt gewinnt. Denn so kann ich sowohl für „Der goldene Apfel“, als auch „Der Tanz der verlorenen Seelen“ nur drei Spitzenschuhe vergeben.



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