Titel: Die Grimm Chroniken - Der goldene Apfel/ Der Tanz der verlorenen Seelen
Autor: Maya Shepherd
Verlag: Sternensa,nd Verlag
Preis: je 8,95€
Seiten: 156 & 152
Ich lese sehr gern Märchenadaptionen und deswegen konnte ich
um die „Grimm-Chroniken“ keinen Bogen machen! Maya Shepherds Ideen sind
wundervoll und so zog sie mich auch mit den kurzen Folgen der Märchenreihe in
ihren Bann. Von Teil eins war ich absolut begeistert, bei Teil zwei musste ich
ein wenig schlucken, doch Teil drei war wieder grandios! Die Welt, die die
Autorin sich zusammengeschrieben hat, ist mehr als gelungen. Sie ist vielfältig,
abwechslungsreich und immer wieder innovativ. Doch mit der Zeit entwickeln sich
natürlich die Charaktere und der Leser weiß früh, dass aus der unschuldigen
Mary einmal die böse Königin werden wird. Und so entsteht eine gewisse
Antipathie gegenüber mehreren Protagonisten. In Band fünf und sechs hatte ich
keine Figur, mit der ich mich identifizieren konnte und deshalb griff ich nicht
so gern zu der Geschichte. Es gibt ein paar Elemente, die mir nicht recht
gefallen und deswegen geht meine Bewertungskurve bei diesen Büchern leider
etwas nach unten. Nichtsdestotrotz bin ich weiterhin auf das große Ganze
gespannt und lese voller Freude weiter!
Der goldene Apfel
Tränen verschleierten ihren Blick, als sie ihm den goldenen
Apfel aus der Hand nahm. Der Schein des Feuers spiegelte sich in seiner
glänzenden Oberfläche.
»Bis bald«, flüsterte sie, bevor sie den Mund öffnete und in die Frucht biss.
Das Stück blieb ihr im Hals stecken. Sie rang nach Atem, bevor sie die Augen
schloss und ihr die Knie wegsackten. Rumpelstilzchen hatte gesagt, dass man
Schneewittchen nur in ihren Träumen töten könne. Will betete, dass er recht
behielt. Sie durfte nicht tot sein.
Der Tanz der verlorenen Seelen
Margery fand sich an einem wundersamen Ort wieder, von dem
sie nicht gewusst hatte, dass er existierte. Vor ihr erstreckte sich ein
blühendes Feld. Es waren unzählige Mohnblumen. Alle erstrahlten in der
verbotenen Farbe - Rot.
»Spürst du den Windhauch?«, fragte Ember, während sie langsam durch die Wiese
schritt. Sie hatte ihre Arme ausgebreitet, sodass sie mit den Fingerspitzen die
Blüten im Vorrübergehen berührte. »Der Wind kommt von den vielen Seelen, welche
über diese Wiese tanzen. Es sind die ruhelosen Geister der Mädchen, die deine
Mutter in ihrem Keller getötet hat. Ihr Blut hat die Blumen rot gefärbt. Sie
müssen nun sieben Jahre über dieses Feld tanzen, erst dann sind sie frei und
dürfen in ein nächstes Leben weiterziehen.«
Aus Gründen der Einfachheit habe ich mich entschieden, Band
fünf und sechs der Grimm-Chroniken in einer Rezension zusammen zu fassen. Denn
leider habe ich die gleichen Kritikpunkte an beiden Folgen.
Nummer eins: Es ist nicht schwer erkennbar, dass kein Buch dieser Reihe
sonderlich dick ist. Und natürlich bedeutet das, dass nicht allzu viel
passieren kann. Die geringe Seitenanzahl ist für mich sogar ein absoluter
Pluspunkt. Denn gerade, wenn man nicht so viel Zeit zum Lesen hat, kommt man in
dieser Buchreihe trotzdem gut voran! Das Gegenargument ist aber natürlich, dass
die drei Handlungsstränge immer nur sehr kurz betrachtet werden können. Denn
wie die bisherigen Leser der Reihe wissen, gibt es drei Geschichten, die
parallel erzählt werden. Da sind Dorian und Mary auf der Suche nach der
Erdenmutter, Margery, die sich gegen ihre Mutter auflehnt und Will mit seinen
beiden Freunden Maggy und Joe. In Band sechs ergibt sich beinahe noch eine
vierte Handlung, weshalb man so langsam den Überblick verlieren kann. Doch der
Überblick ist gar nicht das Problem. Dass die einzelnen Stränge nur so kurz
betrachtet werden können, stört mich viel mehr. Außerdem wird die Geschichte
von Mary und Dorian immer abstruser, doch das mag mit meinem ersten Kritikpunkt, der beginnenden Antipathie, zusammenhängen. Ich finde es jedenfalls schade, dass
es zum Teil nur wenige Seiten zu einem der Stränge gibt. Vor allem Maggy und
Joe geraten aus dem Fokus. Zwar verstehe ich die Strategie hinter dem Aufbau
und ich werde definitiv die nächsten Bände lesen, um zu wissen, wie es weiter
geht, dennoch fehlen mir meine lieb gewonnen Charaktere.
Was mich zum bereits angesprochenen Punkt bringt. Mir fehlt inzwischen das
Gefühl für die Figuren der Geschichte. Margery wird immer greifbarer, was sehr
interessant ist. Auch der neue Charakter „Ember“ ist vielversprechend. Will
wird ebenfalls verständlicher und Joe und Maggy mochte ich sowieso schon immer.
Doch dann sind da ja noch Dorian und Mary – und leider kann ich beide nicht
leiden. Mary tut vollkommen merkwürdige Dinge, sowohl in der Vergangenheit, als
auch der Gegenwart. In der Gegenwart ist sie ein Monster und ich warte wirklich
auf den Showdown, das Ereignis, das alles erklärt. Der Wandel dieser Figur ist
krass, dadurch aber interessant. Für mich sind nur leider beide Teile des
Liebespaars unsympathisch und deswegen habe ich die Passagen, in denen sie um
ihre Liebe kämpfen, einfach nicht gern gelesen. Hinzu kommt, dass in Teil sechs
etwas offenbart wird, das ich ganz furchtbar finde. Aber ich will ja niemanden
spoilern.
Ein letzter Punkt: Manchmal wird das Potenzial der Geschichte einfach nicht
ausgeschöpft. Beispielsweise ist der Titel von Band sechs so interessant und
dann passiert eigentlich nicht mehr, als was der Klappentext schon verrät. Das
finde ich mehr als schade. Schon möglich, dass vieles wieder aufgegriffen wird,
aber manchmal hat mir die Geschichte deutlich zu wenig mit dem Titel zu tun.
So viel zu meiner Kritik.
Kommen wir zu den positiven Punkten. Die Handlungsorte sind märchenhaft und
schaurig zugleich. Die Figurenvielfalt macht die Geschichte besonders und
dadurch bauen sich immer wieder neue kleine Handlungen auf. Inzwischen wurde
selbst Gretel erwähnt, auf die ich sehr gespannt bin! Die anfängliche Idee der
verwobenen Märchen zu einem einzigen, wird weiterhin gut umgesetzt, auch wenn es
mir an der ein oder anderen Stelle etwas künstlich vorkommt. Man muss aber
sagen, dass gerade erst die Hälfte der Handlung erreicht ist, was auf viele
weitere spannende Momente hoffen lässt. Die Spannung ist durchaus konstant.
Allerdings merkt man schon, dass es sich um „Mittelteile“ handelt. Die
Geschichte befindet sich immer noch im Aufbau. Vor allem in „Der goldene Apfel“
passiert nicht sehr viel. Der Schreibstil ist in Ordnung und flüssig. Die
kleinen liebevollen Zeichnungen im Buch sind umwerfend und machen jedes Buch
der Reihe zu einem kleinen Schatz. Besonders wertschätzen möchte ich auch
weiterhin die Schlussworte der Autorin. Maya Shepherd liefert immer wieder
tolle Nebeninformationen zu den Büchern, die mich immer wieder verblüffen.
Alles in allem sind die Teile fünf und sechs der „Grimm-Chroniken“
keine schlechten Bücher. Sie glänzen mit den bereits bekannten tollen Punkten
der Reihe: Charaktervielfalt, tolle Handlungsorte und ein großartiges
Gesamtkonzept. Leider passierte mir in beiden Büchern zu wenig und ich beginne,
ein paar Figuren wirklich zu hassen. Aufgrund dieser Antipathie griff ich nicht
so gern zu diesen Folgen. Andererseits denkt man sich bei dieser Seitenanzahl
wirklich immer „Ach, die paar Seiten…“ und auch deswegen geht das Konzept
einfach auf. Ich habe weiterhin hohe Erwartungen an die Reihe und hoffe, dass
sie wieder an Fahrt gewinnt. Denn so kann ich sowohl für „Der goldene Apfel“,
als auch „Der Tanz der verlorenen Seelen“ nur drei Spitzenschuhe vergeben.
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