10. November 2020

Rezension: "Federn über London - Erwachen" von Sabine Schulter

 


Titel: Federn über London - Erwachen
Autor: Sabine Schulter
Verlag: selfpublished
Preis: 3,99€
Seiten: 254

Es gibt Autoren, von denen würde ich einfach alles lesen. Selbst ohne den Klappentext des neusten Werkes zu kennen. Eine dieser Autorinnen ist definitiv Sabine Schulter! Seit ich 2015 auf sie aufmerksam wurde, lese und liebe ich ihre Bücher. Warum? Weil sie so vielseitige und innovative Ideen hat, aus denen sie liebevolle und spannende Geschichten macht, die in allen möglichen Bereichen des Fantasy-Genres spielen.
Eine solche Geschichte ist auch ihr neustes Buch „Federn über London – Erwachen“. Wenn man so viele Bücher einer Autorin kennt, bestimmt man manche zu Lieblingen. Und der erste Teil der geplanten Tetralogie „Federn über London“ gehört für mich jetzt schon zu ihnen! „Erwachen“ ist eine großartige Einführung in eine spannende Welt, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte. Vielschichtige und interessante Figuren mit geheimnisvollen Vorgeschichten, eine komplexe und fantastische Welt und natürlich eine tolle Handlungsidee machen die erste Geschichte rund um Clear und die weiteren Todesengel zu einem fulminanten Reihenauftakt!


Als Clear erwacht, kann sie sich an nichts mehr erinnern. Weder weiß sie, wer sie ist, noch warum sie in einer Wanne voller blauem Wasser liegt. Als ihr eröffnet wird, dass sie gestorben ist und von nun an als Todesengel in London Seelen sammeln soll, glaubt sie an einen üblen Scherz.
Doch die schwarzen Schwingen auf ihrem Rücken überzeugen sie von der Wahrheit.
Zusammen mit ihrem Teamleiter Ease und den anderen Todesengeln sorgt sie von nun an dafür, dass die Seelen der Verstorbenen zurück in den Lebensstrom gelangen. Allerdings wartet in der Welt der Übersinnlichen noch viel mehr auf Clear und auch Londons Unterwelt mit all ihren magischen Wesen ist in Aufruhr. Denn das dunkle Nichts hat sich gerade jetzt vorgenommen, die Millionenmetropole ins Chaos zu stürzen.

Wer nun meint, dass Geschichten über Engel total langweilig seien, der sollte sich eines Besseren belehren lassen. Denn Sabine Schulters Engel haben nicht viel mit den pausbäckigen, dicken Kindergestalten gemeinsam, die man in den Kaufhäusern dieser Welt so oft sieht. Die Engel aus „Federn über London“ haben Flügel, sind jung und durchaus attraktiv. Und da hören die Klischees dann auch schon auf. Doch um sie wirklich zu beschreiben, muss ich etwas weiter ausholen und zunächst einen Blick auf den Weltentwurf der Geschichte werfen. Denn genau dieser ist das Interessante und Innovative an „Federn über London“. 
Die Engel haben Aufgaben. Jeder Mensch kennt sogenannte „Schutzengel“, denn wir verbinden den Begriff „Engel“ immer mit etwas Gutem und Friedlichem. Diese Schutzengel gibt es auch in „Erwachen“ und sie haben selbstverständlich weiße Flügel. Doch die Protagonistin ist kein solcher Schutzengel –, denn ihre Flügel sind schwarz. Clear wird nach ihrem eigenen menschlichen Tod als „Todesengel“ wieder geboren und erinnert sich an rein gar nichts aus ihrem menschlichen Leben. Sie erwacht in einer für sie (und auch für den Leser) völlig unbekannten Welt. Eine Welt, in der die Todesengel dafür sorgen, dass die guten Seelen der Menschen eingesammelt werden und die Möglichkeit haben, wiedergeboren zu werden. Das ist eine wichtige Aufgabe und diese hat von nun an auch Clear. Doch ich würde nicht von einer komplexen Welt sprechen, wenn es mit dem Unterschied „Schutz- und Todesengel“ schon getan wäre. Wo sich ein übersinnliches Wesen befindet, dort sind meistens noch mehr. Und so auch in Sabine Schulters London. Es ist voll von Übersinnlichen, wie etwa Sukkuben, Feen, Elfen, Dämonen, ja vielleicht sogar griechischen Göttern. Sie leben unter den Menschen und gehen ihren eigenen Aufgaben nach. Einige von ihnen gehören in die „Oberwelt“, andere in die „Unterwelt“, beide haben ihre Anführer. Und in der Unterwelt wird es erst so richtig spannend! Doch mehr kann ich kaum verraten.
Ihr seht also schon: Diese Fantasy-Welt ist neu! Und das hat mir unglaublich gut gefallen! Die Autorin führt sehr gut in alle diese neuen Dinge ein und nimmt den Leser mit. Die Protagonistin des Buches ist Clear. Bis auf diesen Namen, der natürlich nicht ihr menschlicher war, weiß sie rein gar nichts über sich selbst. Zumindest keine genauen Informationen. Sie hat Weltwissen, das ja. Doch sie muss sich nach ihrem Erwachen als Engel neu kennenlernen. Das ist auf der einen Seite sehr spannend, führt auf der anderen aber auch dazu, dass der Leser zunächst eine Beziehung zu ihre aufbauen muss. Und das ist schwer, wenn man nicht genau weiß, mit wem man es zu tun hat. Nichtsdestotrotz ist Clear sehr sympathisch und gibt offen zu, mit der Situation überfordert zu sein. Doch nach und nach findet sie sich zurecht, auch wenn sie noch viel zu wenig über diese magische Welt weiß. Das liegt übrigens daran, dass die Engel eine Art Ausbildung durchlaufen und Entwicklungsschübe durchmachen. Erst wenn Clear alle drei Entwicklungsphasen hinter sich hat, verfügt sie über all ihre Fähigkeiten und tatsächlich auch über das Wissen ihres eigenen Todes. Denn natürlich hat es einen Grund, warum Clear ein „Todes“- und kein normaler Engel geworden ist. Doch welcher?
Clear ist einer von fünf Todesengeln, die über London wachen. Diese vier weiteren Charaktere nehmen nicht alle den gleichen Teil in der Handlung ein, doch sie sind allesamt liebenswert. Egal, ob das der impulsive Black, die verschlossene Tune oder die ruhige Wet ist. Sie haben alle ihre Details, die sie sehr besonders machen. Der Teamleiter ist der älteste der Todesengel: Ease. Ihn zeichnet eine ganz besondere Ruhe und Besonnenheit aus, die mir sehr gut gefiel. Ease ist eine spannende und vielschichtige Figur, die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Auch Clear vertraut ihm sofort und zwischen ihnen entsteht eine Zuneigung, die vielleicht noch tiefer reichen wird. Doch darüber kann ich nur spekulieren.
Neben den Engeln und übersinnlichen Wesen spielen noch die Verras eine besondere Rolle. Hierbei handelt es sich um gefallene Sterne, die sehr viel Macht besitzen und die Engel nutzen diese Macht. Ihr habt keine Vorstellung, wie die Verras aussehen? Das kann ich gut verstehen. Doch glaubt mir, ihr werdet sie lieben! Ich war sehr überrascht, als sie das erste Mal „in persona“ auftauchten, doch die Autorin hat mir mit ihrer Erschaffung eine unglaubliche Freude gemacht. Ich liebe die Verras. Besonders Zerus!
Ich könnte noch so viel mehr zu dieser Geschichte und ihren Details erzählen, doch dann könnt ihr auch gleich das Buch lesen. Also noch ein paar kurze Informationen zur Geschichte.
Diese wird in diesem Reihenauftakt eigentlich nur angerissen. Den größten Teil des Buches nimmt die Einführung in die Welt in Anspruch samt all ihrer interessanten Wendungen und auch die ersten Aufträge werden geschildert. Es passiert derzeit etwas in der Welt der Übersinnlichen. Doch wer zieht die Strippen? Wer hetzt die einzelnen Wesen gegeneinander auf? Es ist absehbar, dass hier etwas Großes geschieht. Und natürlich sind Clear, Ease und die anderen Todesengel mittendrin! Es wird also definitiv spannend. Besonders gelungen ist neben den Kapiteln, die in der Unterwelt spielen, das Finale! Es geht rasant und spannend zu und man hält als Leser den Atem an und fiebert mit. Das tut man natürlich teilweise auch, weil die Autorin es versteht, mit ihrem Schreibstil zu begeistern. Er passt sehr gut zur Geschichte, wird schnell, wenn es spannend wird und findet viele schöne Beschreibungen für die ruhigen Stellen.
Übrigens wird das Buch auch so vielschichtig durch die verschiedenen Erzählperspektiven. Nicht nur Clear erzählt die Geschichte, Teile davon auch Ease und manche sogar Lance, der Teamleiter der Schutzengel. Es gibt also noch einige Charaktere mehr, die ich hier gar nicht genauer betrachten konnte.
Als letztes muss ich natürlich noch sagen, wie wunderschön das Cover des Buches ist. Ich habe mich sofort verliebt! Des Weiteren passt es zu einhundert Prozent zur Geschichte.

„Federn über London – Erwachen“ ist etwas Neues, etwas Gewagtes und Unbekanntes. Doch mich konnte die Autorin mit dieser Geschichte absolut begeistern! „Erwachen“ ist keine 0-8-15 Geschichte über Engel, hier ein bisschen Liebesgeschichte, da ein bisschen Drama. „Erwachen“ ist eine vielschichtige und interessante Geschichte, die Spannung bietet und den Leser Neues entdecken lässt. Sie verzichtet auf große Liebesschwüre nach nur wenigen Tagen des Kennens, sondern legt ihren Wert auf die Figurenentwicklung, Charaktertiefe und überraschende Wendungen. Dieser Reihenauftakt kann nur einen kleinen Teil dieser großen Welt abdecken, doch das gelingt sehr gut! Wenn man am Ende ist, hat man das Gefühl, dass die Geschichte grade erst angefangen hätte und will einfach nur weiterlesen. Und weil ich an Clear und Ease wirklich einen Narren gefressen habe, kann ich natürlich nicht anders, als dieses Buch mit 5 Sternen zu bewerten. Ich freue mich schon sehr, zu erfahren, wie es mit den „Federn über London“ weitergehen wird.



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