26. November 2020

Rezension: "Der Turm des roten Königs" von Janis Nebel

 


Titel: Der Turm des roten Königs
Autor: Janis Nebel
Verlag: selfpublished
Preis: 4,99€
Seiten: 351

Fantasygeschichten sind heutzutage oft Trilogien – so auch die „Merles Fluch“-Reihe aus der Feder von Janis Nebel. Den Reihenauftakt habe ich nahezu verschlungen und mich über so viel Innovation gefreut. Band zwei war ein solider „Mittelteil“, der einen extrem gemeinen Clifhänger hatte. Und Band drei? Diesem habe ich entgegengefiebert! Und ich muss sagen, mit „Der Turm des roten Königs“ hat die Geschichte einen spannenden und sehr authentischen Finalteil bekommen, der sich wunderbar einfügt und alle Erwartungen erfüllt.

Merle und Kenai sind dem Roten König in die Hände gefallen und alles scheint verloren. Während Kenai im Kerker ums Überleben kämpft, droht sich Merle in den Intrigen des königlichen Hofes zu verfangen. Um Kenai zu helfen, muss sie nicht nur mit ihren schlimmsten Feinden zusammenarbeiten, sie muss auch einen Mord begehen: Der Rote König soll durch ihre Hand sterben. Aber viel Zeit bleibt ihr dafür nicht, denn sie muss den Anschlag durchgeführt haben, bevor der Hohepriester in die Zitadelle zurückkehrt. Merle braucht einen Plan – und Mut!

Die Welt, in der die junge Merle aufgewachsen ist, ist sehr typisch für das Genre „Fantasy“. Und doch hat die Autorin es geschafft, ihre Protagonistin im Laufe der Handlung sehr stark werden zu lassen, neue Handlungselemente zu schaffen und den Leser immer mal wieder zu überraschen. Ein Beispiel dafür ist „die Gabe“. Weiß man im ersten Band noch nicht einmal, was genau es damit auf sich hat, ist man nun zu Beginn des dritten Teils nahezu ein Experte. 
„Der Turm des roten Königs“ setzt beinah genau dort ein, wo Band zwei endet. Diesen nahtlosen Übergang gab es bereits zwischen Band eins und zwei, sodass man wunderbar weiterlesen kann, wenn man die Handlung noch präsent hat. In meinem Fall lagen einige Monate zwischen dem Lesen von Band zwei und drei. Nach und nach erinnert man sich aber wieder, da die Autorin viele wichtige Dinge im Laufe der Geschichte erwähnt. Das ist nicht so typisch, wie bei vielen anderen Büchern und deswegen brauchte ich einen Moment, um wieder richtig in Merles Welt anzukommen. Doch nachdem ich das geschafft hatte, fand ich mich gut zurecht. 
Man wird quasi in die Geschichte katapultiert, denn es passiert so viel! Das Buch hat eine normale mittlere Länge und doch hatte ich das Gefühl, dass sich so viele Dinge verändern, weil einfach so viel geschieht. Prinzipien, denen ich als Leser absolut treu war, habe ich am Ende vollkommen verworfen. Plötzlich war normal, was anfangs undenkbar war. Das klingt jetzt so abwertend, dabei ist genau das Gegenteil gemeint. Die Handlung strotzt nur so von Storyturns und anderen Wendungen. Merle, die Protagonistin, geht immer weiter neue Wege, um an ihr Ziel zu kommen. Und mit vielen davon habe ich einfach nicht gerechnet. Ihr Ziel ist von Anfang an klar: Sie muss den roten König töten, das Land befreien und auch ihre Mutter rächen. Doch in ihrer Gefangenschaft – im Turm des roten Königs – lernt sie so viel Neues. Sie weiß nicht, wem sie vertrauen kann. Und ob ihr Ziel wirklich das richtige ist. Auch als Leser zweifelt man, unter anderem, weil die Autorin absichtlich in die Irre führt. Aber das macht die Sache spannend. Der Handlungsverlauf von „Der Turm des roten Königs“ hat es in sich. Er steuert auf das Finale zu, welches ebenfalls sehr spannend ist. Der ein oder andere hat sicher Vermutungen, wie es mit Merle, Kenai und dem roten König zu Ende gehen kann, aber ob diese auch zutreffen? Ist der rote König wirkliche der Böse in dieser Gleichung? Meine Vermutung zumindest wurde bestätigt und doch wurde ich überrascht – und das mag ich. Ich finde es gut, wenn Bücher nicht vollkommen vorhersehbar sind, weshalb ich diesen Reihenabschluss unter anderem sehr schätze!
Neben dem Aufbau der Handlung sind auch die Figuren dieser Reihe sehr gelungen. In diesem Teil nimmt Merle allerdings den größten Raum ein. Das war ein bisschen schade, da ich Kenai wirklich lieber mag. Doch der sitzt im Kerker und rückt dementsprechend in den Hintergrund. Seine Stelle wird von Larren, dem roten König, eingenommen. Bei ihm handelt es sich um eine interessante und sehr vielschichtige Figur. Was genau sein Ziel ist, war mir lange nicht klar. Doch mit der Zeit entwickelt man durchaus Verständnis für diesen Massenmörder. Suspekt, oder? Oder doch nicht? Das zumindest muss auch Merle sich fragen.
Neben dem roten König selbst gibt es auch einige neue Nebenfiguren, die mir gut gefielen. Das sind vor allem Personen, die in der Zitadelle arbeiten und mit denen man sich identifizieren kann. 
Da es sich um einen Reihenabschluss handelt, kann ich nicht viel mehr zur Handlung sagen. Allerdings ist dieses Buch sehr emotional. Man kann mit Merle und Kenai mitfühlen und fragt sich an manchen Stellen, wie man wohl selbst reagieren würde. Der abschließende Kampf ist verlustreich, so viel steht fest. Aber auch der Abschied von tollen Charakteren gehört zu einer guten Buchreihe dazu. Gleichzeitig kann man sich auf ein Wiedersehen mit den bekannten tollen Figuren freuen, wie zum Beispiel Harri oder Skip.
Der Schreibstil von Janis Nebel hat mir wieder gut gefallen. Dieses Mal stolperte ich auch über keine Vokabeln oder andere unbekannte Begriffe. Man kann dieses Finale flüssig weglesen und sich noch einmal in Merles Welt entführen lassen.

Auch ohne viele Einblicke in die Handlung gewährleisten zu können, kann ich sagen, dass „Der Turm des roten Königs“ ein gelungener Abschluss der Trilogie ist. Merle hat sich über drei Bücher hinweg enorm entwickelt und ihre Stärken entdeckt. Doch ob diese im abschließenden Kampf ausreichen, das müsst ihr selbst herausfinden. Eine spannende Geschichte, viele unerwartete Wendungen, ein guter Schreibstil und vielschichtige Charaktere warten auf euch! Und da mir all das so gut gefallen hat, vergebe ich fünf Sterne.

 


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