Titel: Der Turm des roten Königs
Autor: Janis Nebel
Verlag: selfpublished
Preis: 4,99€
Seiten: 351
Fantasygeschichten sind heutzutage oft Trilogien – so auch
die „Merles Fluch“-Reihe aus der Feder von Janis Nebel. Den Reihenauftakt habe
ich nahezu verschlungen und mich über so viel Innovation gefreut. Band zwei war
ein solider „Mittelteil“, der einen extrem gemeinen Clifhänger hatte. Und Band
drei? Diesem habe ich entgegengefiebert! Und ich muss sagen, mit „Der Turm des
roten Königs“ hat die Geschichte einen spannenden und sehr authentischen
Finalteil bekommen, der sich wunderbar einfügt und alle Erwartungen erfüllt.
Merle und Kenai sind dem Roten König in die Hände gefallen
und alles scheint verloren. Während Kenai im Kerker ums Überleben kämpft, droht
sich Merle in den Intrigen des königlichen Hofes zu verfangen. Um Kenai zu
helfen, muss sie nicht nur mit ihren schlimmsten Feinden zusammenarbeiten, sie
muss auch einen Mord begehen: Der Rote König soll durch ihre Hand sterben. Aber
viel Zeit bleibt ihr dafür nicht, denn sie muss den Anschlag durchgeführt
haben, bevor der Hohepriester in die Zitadelle zurückkehrt. Merle braucht einen
Plan – und Mut!
Die Welt, in der die junge Merle aufgewachsen ist, ist sehr
typisch für das Genre „Fantasy“. Und doch hat die Autorin es geschafft, ihre
Protagonistin im Laufe der Handlung sehr stark werden zu lassen, neue
Handlungselemente zu schaffen und den Leser immer mal wieder zu überraschen.
Ein Beispiel dafür ist „die Gabe“. Weiß man im ersten Band noch nicht einmal,
was genau es damit auf sich hat, ist man nun zu Beginn des dritten Teils nahezu
ein Experte.
„Der Turm des roten Königs“ setzt beinah genau dort ein, wo Band zwei endet.
Diesen nahtlosen Übergang gab es bereits zwischen Band eins und zwei, sodass
man wunderbar weiterlesen kann, wenn man die Handlung noch präsent hat. In
meinem Fall lagen einige Monate zwischen dem Lesen von Band zwei und drei. Nach
und nach erinnert man sich aber wieder, da die Autorin viele wichtige Dinge im
Laufe der Geschichte erwähnt. Das ist nicht so typisch, wie bei vielen anderen
Büchern und deswegen brauchte ich einen Moment, um wieder richtig in Merles
Welt anzukommen. Doch nachdem ich das geschafft hatte, fand ich mich gut
zurecht.
Man wird quasi in die Geschichte katapultiert, denn es passiert so viel! Das
Buch hat eine normale mittlere Länge und doch hatte ich das Gefühl, dass sich
so viele Dinge verändern, weil einfach so viel geschieht. Prinzipien, denen ich
als Leser absolut treu war, habe ich am Ende vollkommen verworfen. Plötzlich
war normal, was anfangs undenkbar war. Das klingt jetzt so abwertend, dabei ist
genau das Gegenteil gemeint. Die Handlung strotzt nur so von Storyturns und
anderen Wendungen. Merle, die Protagonistin, geht immer weiter neue Wege, um an
ihr Ziel zu kommen. Und mit vielen davon habe ich einfach nicht gerechnet. Ihr
Ziel ist von Anfang an klar: Sie muss den roten König töten, das Land befreien
und auch ihre Mutter rächen. Doch in ihrer Gefangenschaft – im Turm des roten
Königs – lernt sie so viel Neues. Sie weiß nicht, wem sie vertrauen kann. Und
ob ihr Ziel wirklich das richtige ist. Auch als Leser zweifelt man, unter
anderem, weil die Autorin absichtlich in die Irre führt. Aber das macht die
Sache spannend. Der Handlungsverlauf von „Der Turm des roten Königs“ hat es in
sich. Er steuert auf das Finale zu, welches ebenfalls sehr spannend ist. Der
ein oder andere hat sicher Vermutungen, wie es mit Merle, Kenai und dem roten König
zu Ende gehen kann, aber ob diese auch zutreffen? Ist der rote König wirkliche
der Böse in dieser Gleichung? Meine Vermutung zumindest wurde bestätigt und
doch wurde ich überrascht – und das mag ich. Ich finde es gut, wenn Bücher
nicht vollkommen vorhersehbar sind, weshalb ich diesen Reihenabschluss unter
anderem sehr schätze!
Neben dem Aufbau der Handlung sind auch die Figuren dieser Reihe sehr gelungen.
In diesem Teil nimmt Merle allerdings den größten Raum ein. Das war ein
bisschen schade, da ich Kenai wirklich lieber mag. Doch der sitzt im Kerker und
rückt dementsprechend in den Hintergrund. Seine Stelle wird von Larren, dem
roten König, eingenommen. Bei ihm handelt es sich um eine interessante und sehr
vielschichtige Figur. Was genau sein Ziel ist, war mir lange nicht klar. Doch
mit der Zeit entwickelt man durchaus Verständnis für diesen Massenmörder.
Suspekt, oder? Oder doch nicht? Das zumindest muss auch Merle sich fragen.
Neben dem roten König selbst gibt es auch einige neue Nebenfiguren, die mir gut
gefielen. Das sind vor allem Personen, die in der Zitadelle arbeiten und mit
denen man sich identifizieren kann.
Da es sich um einen Reihenabschluss handelt, kann ich nicht viel mehr zur
Handlung sagen. Allerdings ist dieses Buch sehr emotional. Man kann mit Merle
und Kenai mitfühlen und fragt sich an manchen Stellen, wie man wohl selbst
reagieren würde. Der abschließende Kampf ist verlustreich, so viel steht fest.
Aber auch der Abschied von tollen Charakteren gehört zu einer guten Buchreihe
dazu. Gleichzeitig kann man sich auf ein Wiedersehen mit den bekannten tollen
Figuren freuen, wie zum Beispiel Harri oder Skip.
Der Schreibstil von Janis Nebel hat mir wieder gut gefallen. Dieses Mal
stolperte ich auch über keine Vokabeln oder andere unbekannte Begriffe. Man
kann dieses Finale flüssig weglesen und sich noch einmal in Merles Welt
entführen lassen.
Auch ohne viele Einblicke in die Handlung gewährleisten zu
können, kann ich sagen, dass „Der Turm des roten Königs“ ein gelungener
Abschluss der Trilogie ist. Merle hat sich über drei Bücher hinweg enorm
entwickelt und ihre Stärken entdeckt. Doch ob diese im abschließenden Kampf
ausreichen, das müsst ihr selbst herausfinden. Eine spannende Geschichte, viele
unerwartete Wendungen, ein guter Schreibstil und vielschichtige Charaktere
warten auf euch! Und da mir all das so gut gefallen hat, vergebe ich fünf
Sterne.
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