24. Februar 2016

Rezension und Ankündigung: "Die Cavendish-Villa" von Cecily von Hundt

Hallo ihr Lieben!

Heute habe ich eine Rezension zum neuen Roman von Cecily von Hundt für euch. Als kleine Vorankündigung: Ich hatte das Glück ihr ein paar Fragen stellen zu dürfen, die morgen hier erscheinen werden.Ich wünsche euch ganz viel Spaß!

Eure Julia



Titel: Die Cavendish-Villa
Autor: Cecily von Hundt
Verlag: MIDNIGHT Ullstein
Preis: 4,99€ (ebook)
Seiten: 209


Durch Zufall bin ich auf den interessanten Roman „Die Cavendish-Villa“ von Cecily von Hundt gestoßen. Der Klappentext sagte mir sofort zu und auch der geringe Seitenumfang bot seinen Reiz. Also stürzte ich mich mitten in die Geschichte des merkwürdigen Dorfes im alten England und begab mich mit Kommissar Eisenhout auf die Suche nach der Wahrheit. Doch die Wahrheit bringt auch seine dunklen Seiten mit sich und davon gibt es in „Die Cavendish-Villa“ eine ganze Menge. Ein Roman, der durch eine gewisse Tiefe besticht, der aber so kurzweilig ist, dass man sich von vielen Handlungssträngen mehr gewünscht hätte.


Klappentext


Haddenford – ein behüteter englischer Ort, so meint man. Doch ein Ereignis überschattet die Geschichte des Dorfes: In den Zwanzigerjahren kamen bei einem Brand unzählige Bewohner ums Leben, der Fall wurde nie aufgeklärt. Als Jahrzehnte später neue Indizien auftauchen, nimmt sich Kommissar Mortimer Eisenhout dem Fall an – die Spuren führen ihn die Cavendish-Villa zu den Schwestern Alice und Florence, die damals alleine mit ihrem kleinen Bruder in dem Haus lebten. Ihre Mutter war eine Außenseiterin im Dorf, sie wohnte in der Irrenanstalt – weil sie beschuldigt wurde auf einem Fest ihre eigenen Gäste vergiftet zu haben. Gibt es einen Zusammenhang mit dem Brand? Was haben die Cavendish-Schwestern damit zu tun?

Meinung


Der Roman wird von einer gewissen Düsternis bestimmt. Wir befinden uns in einem winzigen englischen Dorf, in dem seit Generationen die gleichen Familien leben. Jeder kennt jeden und jeder kennt auch jeden der verstorbenen Verwandten. Man bleibt unter sich. Und genau das war auch der große Fehler der Familie Cavendish: Der attraktive und reiche Geschäftsmann nahm sich eine Frau von Außerorts. Ein junges und wunderschönes Mädchen, mit dem er eine Familie gründete. Doch die Probleme mit der Dorfgemeinschaft waren vorprogrammiert und die gesamte Familie musste ihn am eigenen Leib erfahren. Die Ereignisse der Vergangenheit tragen seine Wurzeln bis in die Gegenwart, in der wir versuchen die Ereignisse zu verknüpfen.
Die Geschichte wird keinesfalls so gradlinig erzählt, wie ich es gerade begonnen habe. Der Leser folgt zwei Perspektiven. Den Kommissar Mortimer Eisenhout, der kurz vor der Pensionierung steht, erreichen neue Beweise zum großen Brand des Dorfes in den 20er Jahren. Er ist gezwungen den Fall neu aufzurollen – und das, wo er nur noch knapp 200 Tage zu arbeiten hat. Doch viele Möglichkeiten bleiben ihm nicht. Das Dorf ist klein und somit auch der Kreis der Verdächtigen. War der Brand, bei dem unglaublich viele Frauen aus dem Dorf umkamen, etwa kein Unfall? 
Neben dieser Perspektive wird zumeist im Wechsel ein Abschnitt aus dem Tagebuch von einer der Cavendish-Schwestern erzählt. Die jüngere der beiden Schwestern, Florence, ist ein betrübtes Mädchen. Über diese Art der Erzählung, in der Gegenwart und Vergangenheit verknüpft werden, erfährt der Leser allmählich den Ablauf der damaligen Ereignisse. Florence ist die tragische Figur des Romans. Sie scheint keine wirkliche Kindheit gehabt zu haben, da das Dorf die Familie zutiefst verabscheute. Nachdem ihre Mutter den Giftanschlag ausgeführt hatte und dabei ihr Vater starb, steht sie mit ihrer kränkelnden Schwester und ihrem behinderten Bruder alleine da. Zwei Mädchen gegen ein ganzes Dorf. Die Melancholie von Florence ist schnell greifbar. In ihrem Tagebuch werden Gespräche wie etwa das Folgende geschildert:
„Ich rieche den Herbst“, sagt sie. „Riechst du ihn auch?“ „Unsinn.“ „Doch, ganz sicher. Er liegt in der Luft. Es riecht nach Tod.“ (3%)

Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Themen Familie und Vergänglichkeit eine große Rolle im Buch spielen. Hinzu kommt das große Monster der Vergangenheit. Mortimer ist gezwungen sich mit diesem auseinderzusetzen. Auch seine eigene Familie scheint nicht ganz schuldlos zu sein und er kommt zu Gedanken wie:
„Gibt es so etwas wie eine Kollektivschuld? Eine vererbbare Schuld, die du mit in deine Wiege gelegt bekommst, zusammen mit den niedlichen, flauschigen Kuscheltieren, den guten Wünschen und einem Ring aus getriebenem Silber?“ (44%)

Ein interessanter Gedanke wie mir scheint. Während Mortimer versucht die Wahrheit ans Licht zu bringen und auch noch einen weiteren Mord aufklären muss, beschäftigt ihn seine eigene Familiengeschichte ganz gewaltig. Wie hier schon erkennbar ist, ist der Schreibstil von Cecily von Hundt in Teilen sehr tiefgründig, manchmal sogar schwierig. Manche Stellen musste ich mir markieren, da sie doch sehr ungewöhnlich und dennoch schön sind. Die Cavendish-Frauen haben eine besondere Liebe zur Pflanzenwelt. Ein letztes Zitat zur Vollständigkeit daher noch (, der einem Vergleich einer Pflanze angelehnt ist):
„Ein rasches Aufflammen, ein Überschuss an süßem Duft und leichte Farben, die hier und da pastellene Farbkleckse in die Landschaft malen, und dann das ebenso schnelle Sterben und Vergehen. Es erinnert mich immer an unsere eigene Vergänglichkeit, den kurzen Höhepunkt, den unser Erdenleben hat […]“ (13%)
Dieses Zitat war für mich sehr ästhetisch und weitreichend. Der künstlerische Sinn kommt durch und dieser Stil passt gut zur Geschichte. Allerdings muss ich sagen, dass mir das Buch wirklich zu kurz war. Die Kapitel sind ebenfalls extrem kurz. Man bekommt eine Szene aus Mortimers Handeln geschildert und danach folgt ein Teil aus Florence Tagebuch. Problematisch am Tagebuch fand ich, dass es einfach keinen Tagebuch-Charakter hat. Die Gedanken von Florence werden zwar deutlich, allerdings ist es einfach nur eine Erzählung aus der Vergangenheit von Florence selbst. Niemand würde in seinem Tagebuch Unterhaltungen mit genauem Wortlaut festhalten. Jedenfalls kann ich mir das nicht vorstellen. Das fand ich wirklich schade. Natürlich sind die Szenen trotzdem authentisch, allerdings entsprechen sie einfach keinem Tagebuch. Normalerweise bin ich ein Fan von solchen Perspektivwechseln und auch von kurzen Kapiteln, aber hier kommt beides sehr ins Extreme. Die Kapitel sind so kurz, dass sie manchmal nur ein Gespräch einfangen. In den Perspektivwechseln fiel es mir manchmal schwer zwischen den verschiedenen Charakteren zu unterscheiden. Obwohl es im Buch ja eigentlich nicht allzu viele von ihnen gibt, haben mich die Namen mit „Mr. oder Mrs“ doch ganz schön verwirrt. Besonders wenn von der folgenden Generation mit gleichem Namen die Rede war. Denken sollte der Leser zwischendurch also auf alle Fälle!
Allerdings ist „Die Cavendish-Villa“ ansonsten eher eine nette Lektüre zum Entspannen. Das Ende war spannend, dennoch war dieses Spannungsmoment auch zu kurz. Ich hätte mir gewünscht, dass einfach weiter ausgeholt worden wäre. Man hätte das Buch sicher auch um 50 Seiten verlängern können. In diesem Roman passiert nichts Herausragendes, aber ich empfand ihn dennoch als lesenswert. Leider war ich zum Teil verwirrt und nahm das Geschehen als etwas unspektakulär wahr, aber der Familiengedanke in der Handlung gefiel mir sehr gut:
„Wenn ich die Geschichte von Florence Cavendish lese, wird mir klar, dass sie ihre Familie über alles geliebt hat und mit all ihrer Kraft verteidigen würde. Und wer würde das nicht?“ (9%)
Mortimer hat das Tagebuch von Florence natürlich auch gelesen und befragt sich später auch dazu. Die Wahrheit kommt ans Licht. Der Umgang mit ihr ist allerdings sehr interessant.

Fazit


Alles in allem finde ich den Roman authentisch, zum Teil sehr lebensnah und auch tragisch. Dennoch bin ich der Meinung, dass man mit dieser wundervollen Idee noch mehr hätte anfangen können. Der Hass der Dorfbewohner kommt wunderbar herüber, ein paar Schnörkel mehr in der Handlung hätten aber gut getan. Die Zielgruppe sind sicher verträumte Frauen, die gern kleine Geheimnisse lüften. Für mich war die Aufklärung nicht so dramatisch, wie man es aus der Inhaltsangabe erwarten würde. Ich habe das Buch gern gelesen und vergebe daher 3,5 Spitzenschuhe. Bei „Die Cavendish-Villa“ handelt es sich um einen Roman, dessen Geschichte die 20er Jahre tatsächlich so geschrieben haben könnten. In dem Buch steckt eine Menge Wahrheit, die auch auf heute übertragbar ist. Dafür steckt wenig Aufregendes darin, wer allerdings an Familiendramatik und einem Hauch historischem interessiert ist, sollte zu dieser Lektüre greifen.



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