Titel: Infernale
Autor: Sophie Jordan
Verlag: Loewe
Preis: 17,95€
Seiten: 384
„Wirst du als Mörder geboren?“ Diese Zeilen sind im Buchumschlag von „Infernale“ der Inhaltsangabe vorangestellt. Sophie Jordan hat mit ihrem Roman eine höchst interessante Idee erschaffen, in der erschreckend viel Realismus steckt. Was wäre wenn unsere DNA Aufschluss über unser Gewaltpotenzial geben würde, wenn sie uns zu Mördern machen könnte? Wie würden die Menschen darauf reagieren? Und wäre jeder, der dieses Gen trägt automatisch ein Mörder, auch wenn er es selbst nie merken würde?
All dies sind Fragen, die Sophie Jordan mit ihrer Protagonistin Davy durchlebt.
Sie schickt den Leser auf eine grausame Reise, auf der er das talentierte
Vorstadtmädchen begleitet, wie sie von ganz oben nach ganz unten fällt. Eine
Geschichte über ein relativ realistisches Szenario und all seine Abgründe -
Eine mehr als interessante Lektüre!
Inhalt
Davy ist ein Wunderkind. Schon mit drei Jahren beherrschte
sie das Klavier und innerhalb der Jahre kamen noch zahlreiche Instrumente und
Opernarien hinzu. Sie ist beliebt, hat eine tolle und wohlhabende Familien und
den besten Freund der ganzen Schule. Doch innerhalb von Sekunden verändert sich
ihr gesamtes Leben. Sie ist Trägerin des berüchtigten HTS-Gens, das nur Mörder
tragen. Sie ist eine Gefahr für die Gesellschaft und muss sich von nun an daran
gewöhnen, nie wieder ein anerkannter Teil von ihr zu sein. Keine normale
Schule, kein Julliard-Stipendium – keine Zukunft. Nach und nach verliert sie
alles, dabei ist sie alles andere als gefährlich, oder? Ihren Abschluss kann
sie nur mit anderen Trägern in einem „Käfig“ eingepfercht machen. Aber sind
alle Träger gleich Mörder? Oder gibt es unter ihnen auch die Guten? Die, die
sogar zur Liebe fähig sind?
Meinung
Der Handlungsplot, den die Autorin eröffnet, ist schwer zu
erfassen. Das Buch beginnt sehr schnell und der Leser ist direkt im Geschehen.
Schnell beginnt man mit Davy mitzuleiden, was leider auch eine ganze Weile
nicht aufhört. Die Emotionen sind in diesem Buch sehr überschwemmend. Davy
macht eine totale Gradwanderung durch. Man erlebt hautnah mit, wie sie von der
Gesellschaft ausgeschlossen wird und wie selbst ihre eigene Mutter lernen muss,
sie nicht mit anderen Augen zu betrachten. Sophie Jordan lässt einen
miterleben, zu was wir Menschen fähig sind. Nur indem man einen Menschen
plötzlich anders sieht. Ja, was wäre, wenn plötzlich bekannt wird, dass jemand
aus deiner Familie ein Mörder ist – ohne bisher ein Mörder zu sein?!
Mich konnte die Autorin mit dieser Idee absolut überzeugen, denn ich glaube,
dass das erschaffene Szenario nicht sehr fern von unserer Welt ist. Selbst wenn
es das Gen nicht gibt, glaube ich, dass unsere Gesellschaft grausam sein kann
und dass die Reaktionen, die in diesem Buch geschildert werden, durchaus im
Rahmen des Möglichen liegen (man muss nur einen Blick in die Vergangenheit werfen). Auch Sophie Jordan selbst widmet sich in ihrer
Danksagung lediglich diesem Thema – der Angst vor Gewalt. Allein wegen diesem Themenkomplex
lege ich jedem dieses Buch ans Herz. Denn in gewisser Weise ist es auch eine
Warnung, oder nicht?
Davy ist keinesfalls gewalttätig. Dennoch wird sie mit diesem Stempel versehen,
was ihr gesamtes Leben verändert. Allerdings ist sie dennoch ein anfangs sehr verzogener
und oberflächlicher Charakter. Ich empfand sie später als sehr authentisch und ihr
Wandel hat mir gefallen. Man entwickelt gemeinsam mit ihr einen gewissen Hass
auf die Menschen, der durch Davys Entwicklung nachvollziehbar wird. Man kommt
nicht umhin ihre früheren Freunde zu hassen. Die vielen Ungerechtigkeiten, die
Davy erleben muss, haben mich sehr mitgenommen. Ich war regelrecht fassungslos.
Ein gutes Zeichen, wenn mich ein Buch so bewegen kann! Sie ist eine gute
Protagonistin, deren Gefühle immer im Fokus stehen. Dennoch erschien sie mir
manchmal etwas blass.
Der männliche Gegenpol ist Sean. Ebenfalls ein Träger, der hier vor allem in der Rolle des unnahbaren Helden auftritt. Es gibt zahlreiche Situationen, in denen er Davy beschützen muss. Dennoch hatte ich eine kleine Schwäche für diesen missverstandenen Riesen, der sich lediglich in der Welt anpasst. Gil ist ebenfalls eine der besten Figuren in „Infernale“. Er ist der nette Typ von nebenan, der so gar nicht wie ein Mörder wirkt. (Aber wenn ich das hier schon über zwei von drei Trägern sagen kann, wie viele sind dann wirklich gefährlich?) Meiner Meinung nach lassen sich die Charaktere leider recht leicht in Stereotypen einordnen. So fügen sie sich gut in die Geschichte, erscheinen manchmal aber eben etwas schwach. Gut gefiel mir übrigens noch Davys Familie, allen voran ihr Bruder, dessen Liebe ich sehr realistisch fand!
Der männliche Gegenpol ist Sean. Ebenfalls ein Träger, der hier vor allem in der Rolle des unnahbaren Helden auftritt. Es gibt zahlreiche Situationen, in denen er Davy beschützen muss. Dennoch hatte ich eine kleine Schwäche für diesen missverstandenen Riesen, der sich lediglich in der Welt anpasst. Gil ist ebenfalls eine der besten Figuren in „Infernale“. Er ist der nette Typ von nebenan, der so gar nicht wie ein Mörder wirkt. (Aber wenn ich das hier schon über zwei von drei Trägern sagen kann, wie viele sind dann wirklich gefährlich?) Meiner Meinung nach lassen sich die Charaktere leider recht leicht in Stereotypen einordnen. So fügen sie sich gut in die Geschichte, erscheinen manchmal aber eben etwas schwach. Gut gefiel mir übrigens noch Davys Familie, allen voran ihr Bruder, dessen Liebe ich sehr realistisch fand!
Apropos Liebe. Natürlich gibt es eine Liebesgeschichte. Die Prinzessin und ihr
unnahbarer Beschützer – Klischee pur. Mich störte das aber nicht, denn diese Geschichte
steht nicht im Vordergrund und entwickelt sich auch nur sehr langsam. Für mich
gehört sie in jedem Fall dazu und Sean und Davy passen auch wunderbar zusammen.
Zwei markierte Träger, die einfach nur überleben wollen.
Das Buch ist in zwei Teile eingeteilt, von denen mir der
erste besser gefiel. Dort geht es allgemein um die Trägerschaft, während sich
der zweite mit einem speziellen Ausbildungslager beschäftigt. Die
Konfrontationen aus Teil eins waren für mich einfach interessanter. Manchmal
fehlte mir außerdem der rote Faden, da man nicht genau wusste, worauf die
Geschichte hinaus will.
Der Schreibstil ist schön und authentisch. Sophie Jordan konnte mich fesseln und
berühren. Vor jedem Kapitel sind Einschübe, wie etwa Aktenausschnitte oder
Gesprächsaufnahmen. So bekommt man noch einen anderen Einblick in die Welt, in
der Davy lebt. So lernt man auch Dr. Wainwright besonders zu hassen, ohne dass
er je vorkommt. Auch ist es so, dass es viele Träger gibt, die tatsächlich so
sind, wie jeder sie sieht. Doch sollte man sich doch fragen, ob nicht in jedem
ein kleines Monster schlummern kann, ganz ohne die dazugehörige DNA. Vielleicht
sorgt ja gerade das Verurteilen dafür, dass man wird, wie jeder es erwartet.
Fazit
„Infernale“ ist ein tolles Jugendbuch mit einer sehr guten
Idee. So fremd sollte uns der Gedanke von Verfolgung bestimmter Gruppierungen
und deren Ausschluss aus der Gesellschaft nicht sein. Sophie Jordan trägt diese
Thematik auf eine anderen Ebene und paart sie mit einer etwas anderen
Liebesgeschichte. Ich habe das Buch sehr gern und voller Spannung gelesen. Auch
wenn mir Spannung innerhalb der Handlung manchmal fehlte, sorgte das Konzept
dafür, dass ich die Geschichte verschlang. Ich vergebe 4 von 5 Spitzenschuhen
und warte nun darauf, wie es mit Davy, Sean, Gil und all den anderen Trägern
weitergehen wird.
Eine schöne und sehr treffende Rezension! Ich fand es gerade so erschreckend und faszinierend zugleich, weil es Verfolgung und Isolation aufgrund einer bestimmten DNA ja leider schon oft gab und immer noch gibt - in diesem Fall eben nicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk, sondern aufgrund des Mördergens, aber man kann es sehr gut auch sinnbildlich sehen. Leider sind die Reviews zum zweiten Teil sehr ernüchternd, ich hoffe nicht, dass es wirklich so sehr abnimmt. Warten wir mal ab! :)
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