Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten
Autor: Agatha Christie
Sprecher: Martin Maria Schwarz
Verlag: der Hörverlag
Preis: 9,99€
Dauer: 2h 58min
Ich bin ein riesiger Hercule Poirot-Fan! Angefangen hat
meine Zuneigung, wie bei so vielen, mit „Mord im Orientexpress“. Ich wandte
mich den Klassikern wie „Tod auf dem Nil“ und „Tod in den Wolken“ zu und war
jedes Mal wieder begeistert. Selbst die englische Serie mit David Suchet in der
Hauptrolle begeistert mich bis heute. Kurz: Der belgische Detektiv hat es mir
angetan. Doch was ich bisher versäumt hatte, war das Medium des Hörbuchs. Ich
habe zahlreiche Bücher und Kurzgeschichten, gefüllt mit den spannenden Fällen,
gelesen und viele Filme und Episoden gesehen – doch ich hatte nie eine
Geschichte lediglich gehört. Das holte ich nun mit einem mir gänzlich unbekannten
Fall nach: „Auch Pünktlichkeit kann töten“ aus der Feder der berühmten Agatha Christie.
Der Hörverlag hat 2018 eine neue Auflage herausgebracht und zu genau dieser
griff ich. Und was soll ich sagen: Es war genau die richtige Entscheidung!
Sir Gervais ist für zwei Charaktereigenschaften bekannt, für
seine Exzentrik und für seine Pünktlichkeit. Er hat Hercule Poirot in einem
Brief seine Ermordung angekündigt, kümmere sich aber selbst um seine
Sicherheit. Das kann der belgische Meisterdetektiv natürlich nicht auf sich
sitzen lassen und fährt auf das Landgut, um mit dem Hausherrn zu sprechen. Doch
Sir Gervais erscheint nicht zum Dinner. Für Poirot ist sofort klar: Ein Mörder
läuft frei herum!
Beginnen wir beim Äußeren: Es handelt sich um drei CDs, die
alle etwa eine Stunde Laufzeit haben. So kommt das Hörbuch auf eine Gesamtlänge
von 2:58 Stunden. Tatsächlich handelt es sich um eine vollständige Lesung, was
man sich bei dieser Kürze kaum vorstellen kann. Die äußere Aufmachung ist
meines Erachtens sehr ansprechend und passt genau zum Inhalt der Geschichte.
Das Cover lehnt sich an die „Agatha-Christie-Serie“ aus dem Randomhouse Verlag
an und passt somit sehr gut ins Sortiment. Die Farbe Rot dominiert das Cover,
was ebenfalls gut passt. Der abgebildete Spiegel spielt in dem Fall eine
Schlüsselrolle, ebenso wie eine davonlaufende Frau, weshalb beide Darstellungen
sehr gut passen und gleichzeitig nicht zu viel verraten. Das Cover macht
neugierig und das kann man dank der Geschichte auch sein. Das beiliegende
Booklet ist übrigens sehr kurz und informativ gehalten. Neben den
Kurzbiografien von Agatha Christie und dem Hörbuchsprecher Martin Maria Schwarz
lässt sich noch eine Personenübersicht finden, die wahrlich hilfreich sein
kann.
Denn der Fall ist nicht ganz einfach zu durchblicken. Hinzu kommt, dass der
Klappentext die Tatsachen nicht wirklich wiederspiegelt. Denn Sir Gervais
schreibt Poirot zwar einen Brief, dieser ist dem Detektiv aber völlig
unbekannt. Eine noch größere Anmaßung ist aber, dass Sir Gervais Poirot
befiehlt, sich bereit zu halten und zu seinem Gut zu reisen, wenn er es ihm
aufträgt. Das ist gar nicht nach dem Geschmack des eitlen Poirot, dennoch reizt
ihn etwas an dem Brief. Und das zurecht: Als Poirot zum geforderten Zeitpunkt
auf dem Gut ankommt, stellt sich heraus, dass Sir Gervais unpünktlich ist – und
das war er seit 20 Jahren nicht. Schnell wird klar: Er ist tot. Die Polizei
hält es für Selbstmord, denn dieser ist gut inszeniert. Aber Poirot weiß es
besser, schließlich spricht allein die Anwesenheit des belgischen Detektivs
gegen einen Selbstmord. Und so beginnt Poirot zu ermitteln. Wie immer mit
Feuereifel, Präzision und seinen kleinen grauen Zellen.
Das Konzept des Hörbuchs ist sehr einfach. Nachdem der Hörer in das Setting und
die Umstände eingeführt wurde, landet Poirot schnell im Haus der Familie
Gervais. Dort tummeln sich verschiedene Charaktere, zehn an der Zahl und hinzu
kommt noch der Tote. Als Hörer ist es gar nicht so einfach, den Überblick zu
behalten. Der Sprecher Martin Maria Schwarz versucht aber jedem Charakter eine
andere Stimme zu verleihen, was durchaus gelingt. Nachdem Poirot auf die
verschiedenen Personen getroffen ist und herauskam, dass der Hausherr ermordet
wurde, ermittelt er gemeinsam mit dem leitenden Polizeibeamten. Hierfür gehen
die beiden in einen Raum des Hauses und lassen nach und nach die Personen, die
sich im Haus befinden, kommen. Sie werden verhört, Poirot zieht seine Schlüsse,
ermittelt noch einmal auf eigene Faust und präsentiert einen Tag später den
Täter in versammelter Runde. Also: ein absolut klassischer Poirot.
Das bekannte Konzept kommt hier besonders gut zum Tragen und man kann als Hörer
sehr gut folgen. Die Fülle an Figuren macht es dennoch ein wenig kompliziert.
Daher ist das Booklet mit der Personenübersicht überaus hilfreich. Nach und
nach versteht man allerdings die Beziehungsgeflechte und die Motive vieler
Personen. Ich selbst bin zu keinem Zeitpunkt auf des Rätsels Lösung gekommen.
Die Auflösung gefiel mir aber überaus gut, denn sie ist clever und logisch.
Außerdem gibt es am Ende zusätzlich eine moralische Komponente, die mir gut
gefiel.
Die Personenvielfalt ist erstaunlich und sehr abwechslungsreich. Ich will gar
nicht jede Figur vorstellen, doch es sei erwähnt, dass die Bandbreite wirklich
groß ist. Da wäre die Ehefrau, die dümmlich scheint und sich selbst für die
Wiedergeburt der ägyptischen Pharaonin Hatschepsut hält, dann die emanzipierte
Adoptivtochter, die scheinbar nicht in Trauer verfällt oder der geldgierige
Neffe, der durchaus bereit wäre eben diese reiche Adoptivtochter zu ehelichen.
Dann wären da noch zwei ehemalige Männer vom Militär, ein Anwalt, ein junger Captain der Polizei und zwei überaus merkwürdige Frauen. All diese Figuren
ergeben ein tolles Ensemble für ein tolles Stück.
Der Schreibstil von Agatha Christie ist bemerkenswert, sehr mündlich und absolut
flüssig. Man fühlt sich sofort wie ein Beteiligter und fühlt sich in der
Geschichte wohl. Dazu trägt auch der Sprecher bei. Martin Maria Schwarz hat
eine angenehme Stimme, die sehr variantenreich ist. Er gibt den verschiedenen
Figuren viele verschiedene, aber charakterstarke Stimmen. Lediglich den
Detektiv selbst spricht er etwas merkwürdig. Er betont Poirots französischen
Akzent etwas zu stark, was das Zuhören erschwert. Tatsächlich ist das meine
einzige Kritik am ganzen Hörbuch. Und deswegen habe ich nochmal überlegt, warum
mich der Akzent sonst nie gestört hat. Es mag daran liegen, dass wenn man
Episoden und Filme im Fernsehen sieht, man eben auch die Figur dazu sieht und
die Stimme deswegen in den Hintergrund gerät. Das geht bei einem Hörbuch natürlich
nicht und deswegen komme ich zu dem Schluss, dass der aufgesetzte Akzent trotz
erschwertem Zuhören sehr authentisch ist.
Authentisch ist insgesamt ein gutes Stichwort, denn es passt
hervorragend zu diesem Hörbuch. „Auch Pünktlichkeit kann töten“ ist eine sehr
spannende Geschichte, in der der berühmte Detektiv wieder zu Höchstformen
aufläuft. Die Spannung liegt in den Verhören und der Entwicklung verschiedener
Figuren, wie Beziehungen. Ich habe Martin Maria Schwarz sehr gern zugehört,
denn er bringt die Geschichte toll rüber. Zu kritisieren bleibt lediglich, dass
das Hörbuch viel zu kurzweilig ist. Doch andererseits ist genau das toll. Ich
vergebe 5 von 5 Spitzenschuhen für das Hörbuch, denn es ist ein wahrer
Hörgenuss gewesen, den ich gern empfehle.
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