Titel: Herz aus Schatten
Autor: Laura Kneidl
Verlag: Carlsen
Preis: 12,99€
Seiten: 464
Laura Kneidls Stern ist schon vor einer Weile am
Autorenhimmel aufgegangen. Veröffentlichungen in mehreren großen Verlagen sind
das Resultat ihrer wundervollen Arbeit. Und ich muss sagen, dass ich es dieser
Frau sehr gönne! Sie ist ein wirklich lieber Mensch, der hart an
seinen Geschichten arbeitet. Die neuste Geschichte, die mir von ihr in die
Hände fiel, ist „Herz aus Schatten“. Es handelt sich um eine düstere
Fantasygeschichte mit einer Prise Romantik, in der die Dunkelheit das
entscheidende Element ist. Trotz kleiner Schwächen ist dieser Roman anders und
unterhaltsam und daher absolut gelungen.
Seit Jahrhunderten wird die Stadt Praha von dunklen
Kreaturen bedroht. Sie lauern in den Wäldern und gieren nach dem Blut der
letzten verbliebenen Menschen. Als Bändigerin ist es die Aufgabe der
17-jährigen Kayla, die Stadt vor den Ungeheuern zu schützen. Mit ihren
Fähigkeiten gelingt es ihr, einen Schattenwolf zu zähmen. Doch dann geschieht
das Unfassbare: Der Wolf verwandelt sich in einen jungen Mann. Er kann sich
nicht an seine Vergangenheit erinnern und immer wieder kommt seine monströse
Seite zum Vorschein …
Das erste, was dem Leser bei „Herz aus Schatten“ auffällt,
ist die düstere Atmosphäre. Bereits das Cover fängt es sehr gut ein und so ist
man direkt in der zwielichtigen Welt von Kayla angekommen. Der Einstieg ins
Buch fiel mir ein bisschen schwer und zwischendurch hatte es meiner Meinung
nach auch seine Längen. Aber das Setting und der Weltentwurf sind wirklich
grandios! Wie der Klappentext schon erzählt, lebt Kayla in einer Stadt, die von
einer Mauer vor dem Wald außerhalb beschütz wird. In diesem Wald leben
verschiedene Monster, die die Menschen angreifen. Die Bändiger haben durch ihre
Gene die besondere Fähigkeit ein solches Monster an sich binden zu können und
die Kontrolle über das Wesen zu übernehmen. Das Monster kämpft sein Leben lang
auf der Seite des Bändigers, was aber keine Schoßhündchenbeziehung darstellt.
Die Machtverhältnisse sind klar und so verhalten sich auch die Bändiger
gegenüber den Monstern. Kaylas Vater ist der Chef der Bändiger und sie
selbst will keine solche sein. Sie hat Angst vor den Monstern und noch mehr
Angst hat sie davor, ein so gefährliches Wesen an sich zu binden. Denn die
Monster leben in und von Dunkelheit, die zweifelsfrei auch auf die Bändiger
abfärbt. Und dennoch beugt Kayla sich ihrem Schicksal…
Die Erklärung der Welt gelingt der Autorin wirklich gut. Die Szenerie konnte
mich packen und ich fand den Anfang sehr spannend, als Kayla ein Monster an
sich binden muss. Danach lässt das Buch ein bisschen federn, bevor es zum Ende
hin wieder richtig Fahrt aufnimmt. Es herrscht eine solide Grundspannung, die
für Unterhaltsamkeit sorgt.
Kayla ist eine gute Protagonistin, die nichts mit Klischees gemein hat. Sie ist
stark und sehr rebellisch. Sie ordnet sich ihrem Vater nicht unter, sondern
kämpft für das, was sie für richtig hält. Sie hinterfragt die Ordnung und geht
ihren eigenen Weg, was ich sehr bewunderte. Die zweite Hauptfigur des Buches ist
ihr Schattenwolf/verwandelter Mann. Kalya tauft ihren Wolf Lilek und staunt
nicht schlecht, als er irgendwann kein Schattenwolf mehr ist. Dieser Plottwist,
der schon vom Klappentext angekündigt wird, geschieht erst nach vielen
Seiten. Das gefiel mir allerdings sehr gut, denn die Geschichte nimmt sich die
Zeit, die sie für ihre Entwicklung braucht. Tatsächlich fand ich den ersten
Teil sogar etwas spannender, als den, in dem Lilek zum Menschen wird. Und
dennoch ist Lilek eine interessante Figur. Er erinnert sich an nichts und
gemeinsam mit Kayla versucht er herauszufinden, was es mit den Monstern und den
Menschen auf sich hat. Die beiden Protagonisten ergänzen sich gut und werden
von tollen Nebenfiguren begleitet. Kaylas bester Freund Alexandr ist ein sehr
sympathischer Kerl, der für viel Freude in der Geschichte sorgt. Auch Malek und
„die wilde Jagd“ sind starke Charaktere. Hinzu kommt noch Kaylas Bruder Jakub
und ihre Eltern. Das Konzept bricht schon allein mit Konventionen, weil Kaylas
Eltern getrennt sind – und nicht etwa, weil der Vater eine neue Frau kennen
gelernt hat. Kaylas Mutter hat ihn für eine andere Frau verlassen, was
erfrischend anders ist und in diesem Roman von keinem Charakter hinterfragt
wird. Diese kleinen Nuancen gefielen mir an der Handlung wirklich gut!
Insgesamt ist die Geschichte wirklich interessant, kurz vor Ende fehlte mir
aber immer ein bisschen die Zielführung. Es geschieht relativ viel im Buch und
das Ziel der Geschichte war für mich dadurch nicht erkennbar. Aber so schlimm,
wie es sich anhört, ist es nicht. Man wird wunderbar unterhalten und ist vom
Ende durchaus überrascht. Ich persönlich habe mit der Wende überhaupt nicht
gerechnet, fand sie aber aufgrund der Logik sehr gut. Eine lange Zeit des
Buches geht es um den Beziehungsaufbau zwischen Lilek und Kalya. Das geschieht
zuerst als Mensch und Wolf und später zwischen Mann und Frau. Zwischen den
beiden entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte, die wirklich schön ist. Die
Liebesgeschichte ist gut verpackt und nicht das Hauptaugenmerk der Geschichte,
was mir gut gefiel. Und dennoch gehört sie natürlich genau dorthin.
Der Stil von Laura Kneidl ist sehr schön und passt gut zum Genre. Die Autorin
fängt die Düsternis sehr gut ein und hat ein Händchen für ihre Protagonistin,
die auch dadurch gerade so authentisch wird.
„Herz aus Schatten“ besticht durch sein besonderes Setting
und den tollen Weltentwurf voller Geheimnisse. Für mich hatte das Buch viel
Innovatives in sich und daher hat es Spaß gemacht zu lesen. Die Charaktere sind
sehr gut gelungen, allen voran die Protagonistin, die durch Frechheit zu
glänzen weiß. Aber auch die Nebenfiguren sind toll. Laura Kneidls Stil
ist sehr angenehm und lässt den Leser das Buch schnell verschlingen. Manchmal
empfand ich den Beziehungsaufbau zwischen Lilek und Kayla etwas lang und die
Zielführung zu schwammig, aber alles in allem konnte mich das Buch gut
unterhalten. Ich vergebe vier leuchtende Spitzenschuhen für ein Buch voller
Dunkelheit.
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