26. Februar 2018

Rezension: "Der letzte Stern" von Rick Yancey


Titel: Der letzte Stern
Autor: Rick Yancey
Verlag: Goldmann
Preis: 9,99€
Seiten: 384


Nachdem ich „Die 5. Welle“ im Kino gesehen hatte, griff ich zum Buch. Der Film hatte mich so neugierig gemacht, dass ich dringend herausfinden musste, ob das Buch auch so gut ist. Und nachdem ich diese These bejahen konnte, musste ich natürlich wissen, wie es weitergeht. Leider ließ ich mir dabei aber Zeit. Ich las „Das unendliche Meer“ und fand das Buch verwirrend, aber mitreißend – kompliziert, aber großartig. Mein Fehler? Sich mit dem Lesen des Finals erneut Zeit lassen. Denn Rick Yancey hat eine kuriose, komplizierte und verworrene Geschichte geschrieben, in der man unbedingt drin sein muss, um sie zu verstehen. Nur mit all den kleinen Informationen kann man das große Ganze entwirren. Fehlen einem aber die Informationen, wird es schwer. Doch obwohl ich zu viel vergessen hatte, war das Buch merkwürdig und phänomenal zugleich. Es hat mich wahnsinnig mitgenommen – durch seine Brutalität, seine Liebe, seine Emotionen. Ich kann diese Reihe nur empfehlen und suche dringend jemanden, mit dem ich über sie diskutieren kann.

Sie kamen, um uns zu vernichten: die 'Anderen', eine fremde feindliche Macht. Vier Wellen der Zerstörung haben sie bereits über die Erde gebracht. Sie töteten unzählige Menschen, zerstörten Häuser und Städte, verwüsteten ganze Landstriche. Sie verbreiteten ein tödliches Virus und schickten gefährliche Silencer, um jedes noch lebende Wesen aufzuspüren. Jetzt ist die Zeit der fünften Welle gekommen, die Vollendung ihres Plans, alles Menschliche auszurotten. Doch noch gibt es Überlebende: Cassie, Ben und Evan werden weiterkämpfen. Sie wollen die Menschheit nicht aufgeben. Und wenn sie sich selbst dafür opfern müssen ...

Vor dem Lesen musste ich erst einmal wieder in die Welt von Cassie und Co. eintauchen, damit ich überhaupt wieder wusste, wie „Das unendliche Meer“ endet. „Der letzte Stern“ schließt nahtlos an seinen Vorgänger an und man hätte durchaus in einem Rutsch weiter lesen können. Vielleicht auch sollen. Denn ich wusste zum Beispiel nicht einmal mehr, wer Razor ist. Ist er tot? Wo ist Ringer? Was war mit ihr geschehen? Denn schließlich ist sie es, die sich in Band zwei zur zweiten Protagonistin mausert. Insgesamt verschiebt Yancey sein Handlungskonstrukt. Was mit einer ganz normalen Dystopie begann, in der ein Mädchen im Mittelpunkt steht, wird zu einem Weltzerstörungsszenario mit wechselnden Protagonisten und sehr viel ernsterem Kern. Es handelt sich bei dieser Reihe nicht um das klischeehafte Jugendbuch – es ist viel mehr. Und das liegt vor allem am Stil des Autors. Rick Yancey hat sich eine fantastische und unglaublich komplizierte Geschichte ausgedacht. Allein das ist bemerkenswert, doch er beweist wahnsinniges Gespür für seine Charaktere und noch viel mehr für seinen Ausdruck. Es gibt so viele tolle Stellen in „Der letzte Stern“, die zitierungsfähig sind! Es gibt so schöne, ja sogar poetisch Stellen! Ringer ist eine so intelligente Person und ihr Denken so radikal, dass ich allein mit ihren Zitaten Seiten füllen könnte. Yancey erfasst den menschlichen Kern ausgesprochen gut. Man kann sich in den Aussagen wieder finden, man glaubt sie. Denn würde man in diesem Szenario leben müssen, würde uns allen bewusst werden, was uns Menschen wirklich ausmacht: Vertrauen, Zusammenarbeit und Liebe. Und das sind Dinge, die „die Anderen“ der Menschheit nehmen wollen. Doch zum Glück hat Yancey für genau die richtigen Charaktere gesorgt. 
Ich war schon immer ein riesiger Fan von Cassie. Das Motiv der großen Schwester, die den Teddy ihren Bruders durch die halbe Welt trägt, ist einfach großartig! Insgesamt spart Yancey übrigens nicht an Symbolen, was mir persönlich sehr gefällt. Cassie opfert sich für Samy auf und dieser ist gar nicht mehr der kleine Junge: Er ist Soldat. Sam ist ein erstaunlicher Charakter. Ich wusste nie, ob ich ihn mögen soll oder nicht. Doch er tat mir leid, ich habe ihn bewundert. Ohne ihn würde „Der letzte Stern“ nicht funktionieren. Und das lässt sich von allen wichtigen Charakteren sagen: Zombie, Ringer, Evan. Zombie ist eigentlich ein einfacher Junge, aber seine Entwicklung ist radikal und meiner Meinung nach positiv. Ringer ist keine Sympathieträgerin. Sie ist das Mädchen, das niemals lächelt. Und doch weiß sie zu kämpfen. Es sei dahin gestellt, ob man die Charaktere dieser Geschichte wirklich mögen muss oder vielleicht sogar kann. Aber sie machen diese Geschichte so einzigartig. Evan ist einer meiner persönlichen Lieblinge, doch leider kommt er etwas kurz. Mein Herz brach, als sein Urteil gefällt wird. Und noch mehr brach es, als das Buch sich seinem Finale näherte. Denn wie der Klappentext schon sagt: Die Figuren würden alles für ihre Welt tun, auch wenn sie sich für diese opfern müssten. Ich finde das Ende so mutig und passend. Es gibt nicht einen Satz in diesem Buch, den ich dem Autor nicht geglaubt habe. Rick Yancey schreibt seine Geschichte nämlich authentisch – und wie. So abgedreht der Weltentwurf auch ist, so viel Wahrheit steckt in der Geschichte, so viel Intelligenz.
Und doch habe ich Kritik: Denn es werden nicht annähernd alle Fragen beantwortet. Vielleicht liegt das auch mit daran, dass ich selbst viele Informationen vergessen habe. Aber am Ende des Buches war ich wirklich verwirrt. Wer ist Vosch wirklich? Was ist seine Aufgabe? Und was soll uns die Geschichte vermitteln? Mir hat sie vor Augen geführt, wie wichtig Vertrauen für uns Menschen ist, die Zweisamkeit, die Liebe. Denn dafür steht Cassie! Ich habe mir ein vollkommen anderes Ende erwünscht, aber ich bin dennoch damit zufrieden. Denn Yancey bleibt seiner Idee und seinen Figuren treu. 
Hinzu kommt, dass der Leser nie weiß, was als nächstes passiert. „Der letzte Stern“ ist eine spannende Angelegenheit. Und durch den Stil wird es noch spannender. Denn inzwischen gibt es so viele verschiedene Perspektiven, so viele Stellen, an denen erzählt wird. Man bekommt Einblicke ist Zombies, Cassies und Ringers Innenleben, aber genauso auch in das von Sam, von Evan, von Silencern…ja von den 7 Milliarden Opfern…Der Stil ist einfach spannend und so auch die Handlung. 
Als letztes muss ich noch sagen, dass auch die Aufmachung des Buches sehr schön ist. Der Glanzeffekt des Covers passt toll zur Geschichte, ebenso wie die innere Gestaltung. 



„Der letzte Stern“ beantwortet zwar nicht annähernd alle Fragen, die der Leser im Laufe der Reihe gesammelt hat, aber er sorgt dennoch für Klarheit. Und vor allem sorgt er für ein authentisches Ende voller Selbstaufopferung, Vertrauen und Liebe. Meiner Meinung nach lenkt Rick Yancey durch diese Reihe unseren Blick wieder auf das Wesentliche, darauf, was uns Menschen ausmacht. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, diese Reise anzutreten, auch wenn ich dafür Brutalität in Kauf nehmen musste. Das Buch und seine Handlung mögen roh erscheinen, aber sie sind so echt verfasst, dass man mitfühlen muss. Bei mir rief „Der letzte Stern“ die ganz großen Emotionen hervor und deswegen vergebe ich volle fünf Spitzenschuhe. Das Buch hinterlässt Fragezeichen, aber auch ein unglaubliches Leseerlebnis.



2 Kommentare:

  1. Hey Julia,

    ich habe mir die Rezension jetzt nicht durchgelesen, sondern nur geguckt, wie viele Spitzenschuhe du ihm gibst. Muss ja noch Band 2 lesen und will mich nicht zu den vorherigen Bänden spoilern. Aber alle 5 Schuhe sprechen ja für sich.

    Gruß Isbel

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    1. Oh ja, ich freue mich, dass der zweite Teil nun auf deiner Leseliste steht! Ich drücke die Daumen, dass dir die Reihe weiterhin auch gut gefällt! :)
      Und das Buch ist auf seine eigene Art wirklich toll! Die volle Anzahl spricht auf jeden Fall für sich ;)
      Liebe Grüße,
      Julia

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