4. August 2016

Rezension: "Alles, was ich sehe" von Marci Lyn Curtis


Titel: Alles, was ich sehe
Autor: Marci Lyn Curtis
Verlag: Königskinder Verlag
Preis: 18,99€
Seiten: 432

„Alles, was ich sehe“ ist ein weiterer Schatz aus dem Königskinderverlag. Eine ungewöhnliche (nicht ganz realistische) und traumhafte Geschichte wartet zwischen den Buchdeckeln. Die 17-jährige Maggie ist erblindet und muss sich von nun an ganz anders durchs Leben kämpfen. Als sie den kleinen Ben trifft, verändert sich alles. Doch kann das wirklich sein? Kann sie um ihn herum sehen? Eine herzergreifende Geschichte wird hier erzählt, die uns allen zeigt, wie schwer und leicht das Leben zugleich sein kann. Starke Freundschaften und starke Gefühle stehen hier im Zentrum und trotz kleiner Mängel konnte mich das Buch absolut überzeugen. Humorvolle Protagonisten, ein schöner Stil und eine wunderbare Botschaft ist alles, was ich sehe.

Inhalt

"Als könnte man jemanden vor seinem Leben bewahren. Das Leben macht, was es will, auch wenn man noch so vorsichtig ist." (50%)

Und das muss Meggie schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Denn das Leben, das es eigentlich immer gut mit ihr meinte, hat einen Tiefschlag parat. Nach einer Hirnhautentzündung verliert sie ihr Augenlicht und erblindet. Doch wie soll man das Leben plötzlich blind meistern, wenn man die Welt um einen herum 16 Jahre lang sehen konnte? Wenn man schon ein Fußballstipendium sicher hatte? Für Maggie ändert sich alles, doch akzeptieren will sie es trotzdem nicht. Und dann dieses Wunder: Sie kann wieder sehen. Und zwar einen einzigen Jungen und einen kleinen Fleck um ihn herum. Der 10-jährige Ben wird Meggies Freund und so kann sie die Welt tatsächlich wieder eingeschränkt sehen. Doch sobald Ben weg ist, ist sie genauso blind wie zuvor. Wie kann das sein? Und dann wäre da noch Bens großer Bruder Mason, für den Maggie mehr als nur schwärmt und das nicht nur, weil er der Sänger ihrer Lieblingsband ist. Doch Mason hält Maggie für eine Lügnerin. Er glaubt ihr nicht, dass sie blind ist, sondern seinen Bruder nur ausnutzen will. So falsch liegt er gar nicht, denn auf eine gewisse Weise nutzt Maggie Ben aus. Oder? Aber warum kann sie ihn, und zwar nur ihn, sehen? Als sie es endlich herausfindet, merkt Maggie, dass ihr die Zeit davon läuft und dass es Schlimmeres im Leben gibt, als blind zu sein.

Meinung


Im Grunde ist dies genau die Botschaft des Buches. Man kann das Leben meistern und zwar ganz egal, wie eingeschränkt man ist. Lebe das Leben nach den Möglichkeiten, die du hast. Ich finde diesen Gedanken sehr schön und wichtig. Manchmal vergessen wir allzu leicht, wie schön das Leben ist und wissen vieles nicht zu schätzen. In „Alles, was ich sehe“ wird dem Leser gezeigt, dass das Leben schwer sein kann. Aber dass man sich mit ihm arrangieren muss und mehr noch: es genießen. 
Maggie ist zu Beginn des Buches sehr verbittert. Sie will sich nicht anpassen, sie will einfach überhaupt nicht blind sein. Doch sie hat keine Wahl. Dennoch verweigert sie die Stunden bei ihrer Blindenlehrerin, sie konzentriert sich nicht in der Schule und bricht alle alten Kontakte ab. Dass es ihr damit nicht gut geht ist offensichtlich. Doch selbst die Beziehung zu ihrer Mutter, ihrem Vorbild, bricht immer weiter. Maggie steht fast am Tiefpunkt, als Ben ihr begegnet. Ben ist der Held des Buches. Der kleine 10-jährige Junge ist unschlagbar. Ich glaube tief in meinem Herzen, dass es wirklich Menschen wie ihn gibt. Und dennoch ist dieser Gedanke auch traurig. Denn Ben nimmt das Leben wie es kommt und stellt sich selbst hinter anderen zurück. Er selbst hat eine Krankheit, die ihn dazu zwingt an Krücken zu laufen, doch das hält ihn nicht ab, Schwimmwettkämpfe zu machen oder auf sonstigen Gebieten ein Genie zu sein. Bens Herz ist riesig. Und er schenkt es Maggie. Nicht in diesem Sinne – obwohl er gern andeutet, dass Maggie bestimmt eine tolle Frau für ihn wäre. Nein, die beiden teilen eine Freundschaft, die sehr ungewöhnlich ist. Eine 17-jährige und ein 10-jähriger. Auch Bens Bruder Mason findet das eher komisch. Mason ist ebenfalls ziemlich toll. Allerdings ist er sehr viel ambivalenter als Ben. Dennoch kann man verstehen, dass Maggie sich in ihn verliebt. Dass er der Sänger ihrer Lieblingsband ist – was schon irgendwie komisch ist, oder? – ist hier eher nebensächlich. Auch ohne die Band wären Maggies Gefühle für ihn gewachsen. Trotzdem nehmen die „Loose Cannons“ einen Teil im Buch ein, denn für Maggie ist Musik sehr wichtig. Das Mädchen, das man am Anfang kennen lernt, ist trist und pessimistisch.
"Ich hatte zwar wenig vermittelbare Fähigkeiten vorzuweisen, aber im Lügen war ich unschlagbar. Dummerweise kannte auch Mom mein Talent." (14%)
Doch Maggie verändert sich. Sie beginnt mehr zu reflektieren und wagt auch ein paar Schritte mehr in ihrer Blindheit. So taucht auch Clarissa auf, die ich sehr gern mochte. Maggies Eltern sind authentisch. Ich weiß wirklich nicht, wie es wäre, wenn mein Kind plötzlich blind wäre. Schon allein, wenn ihr so etwas ebenfalls denkt, ist es das Lesen des Buches schon wert. Die Geschichte hat keinen besonderen Höhepunkt bis kurz vor Ende. Eigentlich geht es vielmehr um die Entwicklung von Maggie und die Entwicklung der verschiedenen Beziehungen um sie herum. Aber schon das ist sehr spannend. 
Komisch und wichtig zugleich ist für das Buch der Punkt, dass Maggie Ben sehen kann. Ich hatte anfangs Probleme mit diesem Umstand, weil er doch einfach ziemlich unlogisch und medizinisch nicht erklärbar ist. Auch nachdem Maggie herausfindet, warum sie ihn sehen kann, wird die Sache nicht realer. Doch muss es überhaupt realistisch sein? Kann nicht auch ein Hauch Traum/Wunder in eine Geschichte miteinfließen? Ich habe diesen Faktor einfach irgendwann akzeptiert und konnte das Buch sehr genießen. Es ist eine Mischung aus Freundschaft, Liebe und Selbstfindungsprozess. Es ist eine Geschichte über das Leben, die mit viel Humor erzählt wird. Das Buch und sein Schreibstil sind einfach herzlich. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und konnte es schnell und angenehm lesen. Einziger Kritikpunkt ist für mich das Ende. Es ist passend zum Buch und sehr schön. Mir persönlich war alles aber ein bisschen zu perfekt. Andererseits gönnt man das den Protagonisten auch.

Fazit


Ich würde wirklich sagen, dass ich etwas aus „Alles, was ich sehe“ mitnehmen und lernen konnte. Mir haben die Protagonisten sehr gefallen, allen voran Ben. Maggie wird durch ihn manchmal zu einer Nebenfigur ihrer eigenen Geschichte, doch das ist gar nicht so schlimm. Marci Lyn Curtis hat einen wundervollen Roman geschrieben, der einfach alles hat. Vor allem aber hat er Herz und regt in gewisser Weise zum Nachdenken an. Man bekommt noch einmal vor Augen geführt, was Freundschaft sein kann und was im Leben wirklich wichtig ist. Der Humor des Buches ist toll und ich habe es sehr genossen! Nur weil die Idee ein bisschen abgedreht ist, heißt das nicht, dass das Buch nicht toll sein kann. Ich vergebe 4,5 Spitzenschuhe und danke dem Buch, dass es mit in gewisser Hinsicht ein wenig die Augen geöffnet hat.




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