29. März 2018

Rezension: "Asche, Schnee und Blut" von Maya Shepherd


Titel: Die Grimm Chroniken - Asche, Schnee und Blut
Autor: Maya Shepherd
Verlag: Sternensand Verlag
Preis: 8,95€
Seiten: 160


Mit ihrer Idee zu den „Grimm-Chroniken“ konnte Maya Shepherd mich vollkommen überzeugen und deswegen legte ich mir sofort „Die Apfelprinzessin“ zu, inhalierte das Buch und wartete auf die zweite Folge mit dem Titel „Asche, Schnee und Blut“. Die „Grimm-Chroniken“ ist ein faszinierendes Projekt der talentierten Autorin, mit dem sie sich von der Märchenmasse abheben kann. Diese Reihe hat das bekannte Phänomen einer Fernsehserie in sich: „Ach, eine Folge geht noch…“, denkt man nach Beenden der letzten. Denn die Reihe hat Suchtpotenzial. Die Handlung wird nur nach und nach erarbeitet, man bekommt immer wieder kleine Informationen, während sich das große Ganze entwickelt. Nach einem tollen Start legt „Asche, Schnee und Blut“ gekonnt nach und erweitert dieses Märchenkonstrukt. Man gelangt tiefer in diese einzigartige Welt und wird dennoch überrascht. Und am Ende? Da denke ich mir: „Ach, eine Folge geht noch…“

Die zweite Folge der 'Grimm-Chroniken' enthüllt ein Schneewittchen, wie es bisher niemand kannte. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, ebenso wie zwischen Wahrheit und Lüge, Vergangenheit und Gegenwart, Traum und Realität. 
»Wer hat Ihnen das angetan?«, flüsterte Maggy.
Der Mann richtete seine grauen Augen auf sie. »Schneewittchen«, stieß er mit seinem letzten Atemzug hervor, bevor sein Herz zum Stillstand kam.


Wer bedauerlicherweise noch nichts von den „Grimm-Chroniken“ gehört hat, dem will ich diese innovative Idee kurz näher bringen. Maya Shepherd hat es sich zur Aufgabe gemacht, die „Lügen“ der Grimmbrüder aufzudecken und die wahre Geschichte rund um die böse Königin zu erzählen. Gibt es unzählige Märchen? Oder handelt es sich vielmehr um ein einziges? Was steckt wirklich in den Märchen von Jacob und Wilhelm Grimm? Die Autorin hat sich zu diesem Thema eine etwa 12-teilige Serie ausgedacht, die deswegen immer nur in kurzen „Folgen“ erscheint. Eine Folge hat um die 160 Seiten.. So viel zum Konzept, das eben stark an eine typische Fernsehserie angelegt ist. Das Tolle ist, dass der Effekt guter Serien auch hier zum Tragen kommt: Durch die Kürze und die richtige Dosierung der Handlungsabschnitte will man einfach immer wissen, wie es weiter geht. Selbst, wenn einem Teile der Folge nicht so gefallen haben, der Drang weiterzulesen ist wahnsinnig groß!
Und für dieses Konzept ziehe ich weiterhin meinen Hut. Ich habe von so etwas bisher noch nicht gehört und sicher gab es anfangs auch Bedenken. Aber Maya Shepherds Mut wird belohnt, denn „Die Grimm-Chroniken“ mausert sich zurecht zum Erfolg. Aber genug der allgemeinen Worte.

In „Asche, Schnee und Blut“ kommt man sehr gut rein, selbst wenn man ein paar Informationen aus dem Vorgänger vergessen haben sollte. Die vorangegangenen Geschehnisse werden gut wieder eingestreut, sodass man schnell wieder in der Geschichte ist. Die Serie spielt derzeit über zwei Handlungsstränge – einen im 16. Jahrhundert, der andere 2012. Beide Stränge sind natürlich miteinander verbunden und ergänzen sich in gewissem Maße. Der Wechsel zwischen beiden ist sehr interessant und gelungen. In unserer heutigen Zeit haben sich Wilhelm, genannt Will, und seine Freunde Maggie und Joe in eine verrückte Märchenwelt aufgemacht, um Schneewittchen aufzuhalten. Wieso? Das wissen sie auch nicht so genau, aber irgendetwas stimmt mit ihrer Umgebung eindeutig nicht. Die Geschehnisse lassen sich einfach nicht mehr logisch erklären und spätestens, als sie Schneewittchen gegenüber stehen, ist ihnen klar: Sie muss aufgehalten werden. Nur Will scheint in der Lage zu sein, dies zu bewältigen. Aber ist Schneewittchen überhaupt die Böse? Nicht umsonst sagt man das doch von ihrer Mutter, oder? Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse unglaublich gut und das Geschehen ist sehr spannend!
Der Handlungsstrang aus der Vergangenheit beschäftigt sich mit einer der mysteriösen Figuren, die eben erwähnt wurden: Die Mutter von Schneewittchen, besser bekannt als böse Königin. Nur ist Mary noch überhaupt nicht böse. Sie ist ein lebenslustiges und wunderschönes Mädchen, auf dem ein Fluch lastet. Sie verliebt sich und hier kommt der erste Plottwist zum Tragen, der auf beide Erzählsstränge Einfluss hat. Die Episode in der Vergangenheit ist ebenso spannend, wie die der Gegenwart. Mary und Dorian sind ein interessantes Gespann, das mir gerade im letzten Kapitel sehr gut gefallen hat. Die beiden lieben sich, doch die Welt hat etwas dagegen und deswegen sind sie gezwungen die Regeln zu brechen. 
Insgesamt kommen viele Märchenelemente vor, die in neuer Zusammensetzung auftreten. Es geht nicht nur um Schneewittchen, sondern auch um viele andere. Bisher sind Elemente von Rumpelstilzchen und Hänsel und Gretel vorgekommen. Doch auch andere Geschichten wie Alice im Wunderland oder Bram Stokers Dracula spielen eine Rolle. Die Paarung ist sehr interessant, allerdings muss man sich auch darauf einlassen. Ich bin sehr gespannt, welche Märchen noch alles auf den Plan treten werden – es werden einige sein. 
Ein Punkt, der schon an einen Spoiler grenzt, hat mich im Buch überrascht. Maya Shepherd lässt Schneewittchen als Vampir erscheinen, was irgendwie merkwürdig ist. Durch den Erzählstrang aus der Vergangenheit wird dieses Thema aufgegriffen und sogar vertieft. Ich konnte mit dieser Interpretation erstmal nichts anfangen und es macht in „Asche, Schnee und Blut“ den Eindruck, als wenn das Element zentral sei. Das ist es sicher auch, doch die Bedeutung ist eine Momentaufnahme und in den „Grimm-Chroniken“ soll es keinesfalls um eine abgedrehte Vampirgeschichte gehen. Trotzdem ist das Thema sehr präsent. Nach und nach konnte ich mich damit aber anfreunden, denn die Andeutungen in den Märchen lassen durchaus einen solchen Schluss zu. Auf jeden Fall gibt Maya Shepherd der Geschichte damit einen neuen Dreh, der toll umgesetzt wird.
Es gibt noch so viele angedeutete Dinge, Fragen an die Geschichte und unklare Handlungsstränge. Es steht noch viel bevor, aber ich finde gerade diese Andeutungen so toll. Ich bin sehr gespannt, wie beide Handlungsstränge irgendwann zusammenkommen werden. Auch nach dem zweiten Teil ist der Leser noch relativ unwissend, doch der Nebel lichtet sich langsam. Die Geschichte baut sich noch immer auf und dennoch ist man bereits tief in ihr drin.
Die Charaktere sind sehr interessant, wenn auch noch nicht völlig ausgeschöpft. Viele haben noch Potenzial, doch man soll sie auch noch nicht vollkommen kennen. Das große Geheimnis um Will fasziniert mich und ich bin gespannt, wie er sich noch zum Helden entwickeln wird. Was ist Schneewittchen wiederfahren? Warum wird Mary böse? Ist sie böse? Alles in allem agieren die Figuren sehr gut miteinander und die aufgeweckte Maggie nimmt eine tolle Position ein.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, manchmal blumig und märchenhaft, dann wieder blutig und grausam. Er passt sehr gut zur Geschichte und erlaubt das erneute Inhalieren von ihr.


Zwischenzeitlich hatte ich so meine Probleme mit „Asche, Schnee und Blut“, was sich aber gelegt hat. Ich bewundere den Gesamtaufbau und das Einbinden der Märchengeschichten sehr und freue mich auf den nächsten Teil. Die Zeit mit einer Folge vergeht wahnsinnig schnell und nach Beenden stellt sich der Suchtfaktor ein. Ich vergebe 4,5 Spitzenschuhe für die zweite Folge und habe die dritte bereits hier liegen. Denn...: “Eine Folge geht noch!“



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