Titel: Die Grimm Chroniken - Asche, Schnee und Blut
Autor: Maya Shepherd
Verlag: Sternensand Verlag
Preis: 8,95€
Seiten: 160
Mit ihrer Idee zu den „Grimm-Chroniken“ konnte Maya Shepherd
mich vollkommen überzeugen und deswegen legte ich mir sofort „Die
Apfelprinzessin“ zu, inhalierte das Buch und wartete auf die zweite Folge mit
dem Titel „Asche, Schnee und Blut“. Die „Grimm-Chroniken“ ist ein
faszinierendes Projekt der talentierten Autorin, mit dem sie sich von der
Märchenmasse abheben kann. Diese Reihe hat das bekannte Phänomen einer
Fernsehserie in sich: „Ach, eine Folge geht noch…“, denkt man nach Beenden der
letzten. Denn die Reihe hat Suchtpotenzial. Die Handlung wird nur nach und nach
erarbeitet, man bekommt immer wieder kleine Informationen, während sich das
große Ganze entwickelt. Nach einem tollen Start legt „Asche, Schnee und Blut“
gekonnt nach und erweitert dieses Märchenkonstrukt. Man gelangt tiefer in diese
einzigartige Welt und wird dennoch überrascht. Und am Ende? Da denke ich mir: „Ach,
eine Folge geht noch…“
Die zweite Folge der 'Grimm-Chroniken' enthüllt ein
Schneewittchen, wie es bisher niemand kannte. Die Grenzen zwischen Gut und Böse
verschwimmen, ebenso wie zwischen Wahrheit und Lüge, Vergangenheit und Gegenwart,
Traum und Realität.
»Wer hat Ihnen das angetan?«, flüsterte Maggy.
Der Mann richtete seine grauen Augen auf sie. »Schneewittchen«, stieß er mit
seinem letzten Atemzug hervor, bevor sein Herz zum Stillstand kam.
Wer bedauerlicherweise noch nichts von den „Grimm-Chroniken“
gehört hat, dem will ich diese innovative Idee kurz näher bringen. Maya
Shepherd hat es sich zur Aufgabe gemacht, die „Lügen“ der Grimmbrüder
aufzudecken und die wahre Geschichte rund um die böse Königin zu erzählen. Gibt
es unzählige Märchen? Oder handelt es sich vielmehr um ein einziges? Was steckt
wirklich in den Märchen von Jacob und Wilhelm Grimm? Die Autorin hat sich zu
diesem Thema eine etwa 12-teilige Serie ausgedacht, die deswegen immer nur in
kurzen „Folgen“ erscheint. Eine Folge hat um die 160 Seiten.. So viel zum Konzept, das eben stark an eine typische
Fernsehserie angelegt ist. Das Tolle ist, dass der Effekt guter Serien auch
hier zum Tragen kommt: Durch die Kürze und die richtige Dosierung der
Handlungsabschnitte will man einfach immer wissen, wie es weiter geht. Selbst,
wenn einem Teile der Folge nicht so gefallen haben, der Drang weiterzulesen ist
wahnsinnig groß!
Und für dieses Konzept ziehe ich weiterhin meinen Hut. Ich habe von so etwas
bisher noch nicht gehört und sicher gab es anfangs auch Bedenken. Aber Maya
Shepherds Mut wird belohnt, denn „Die Grimm-Chroniken“ mausert sich zurecht zum
Erfolg. Aber genug der allgemeinen Worte.
In „Asche, Schnee und Blut“ kommt man sehr gut rein, selbst wenn man ein paar
Informationen aus dem Vorgänger vergessen haben sollte. Die vorangegangenen
Geschehnisse werden gut wieder eingestreut, sodass man schnell wieder in der
Geschichte ist. Die Serie spielt derzeit über zwei Handlungsstränge – einen im
16. Jahrhundert, der andere 2012. Beide Stränge sind natürlich miteinander
verbunden und ergänzen sich in gewissem Maße. Der Wechsel zwischen beiden ist
sehr interessant und gelungen. In unserer heutigen Zeit haben sich Wilhelm,
genannt Will, und seine Freunde Maggie und Joe in eine verrückte Märchenwelt
aufgemacht, um Schneewittchen aufzuhalten. Wieso? Das wissen sie auch nicht so
genau, aber irgendetwas stimmt mit ihrer Umgebung eindeutig nicht. Die
Geschehnisse lassen sich einfach nicht mehr logisch erklären und spätestens,
als sie Schneewittchen gegenüber stehen, ist ihnen klar: Sie muss aufgehalten
werden. Nur Will scheint in der Lage zu sein, dies zu bewältigen. Aber ist
Schneewittchen überhaupt die Böse? Nicht umsonst sagt man das doch von ihrer
Mutter, oder? Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse unglaublich
gut und das Geschehen ist sehr spannend!
Der Handlungsstrang aus der Vergangenheit beschäftigt sich mit einer der
mysteriösen Figuren, die eben erwähnt wurden: Die Mutter von Schneewittchen,
besser bekannt als böse Königin. Nur ist Mary noch überhaupt nicht böse. Sie
ist ein lebenslustiges und wunderschönes Mädchen, auf dem ein Fluch lastet. Sie
verliebt sich und hier kommt der erste Plottwist zum Tragen, der auf beide
Erzählsstränge Einfluss hat. Die Episode in der Vergangenheit ist ebenso
spannend, wie die der Gegenwart. Mary und Dorian sind ein interessantes
Gespann, das mir gerade im letzten Kapitel sehr gut gefallen hat. Die beiden
lieben sich, doch die Welt hat etwas dagegen und deswegen sind sie gezwungen
die Regeln zu brechen.
Insgesamt kommen viele Märchenelemente vor, die in neuer Zusammensetzung
auftreten. Es geht nicht nur um Schneewittchen, sondern auch um viele andere.
Bisher sind Elemente von Rumpelstilzchen und Hänsel und Gretel vorgekommen.
Doch auch andere Geschichten wie Alice im Wunderland oder Bram Stokers Dracula
spielen eine Rolle. Die Paarung ist sehr interessant, allerdings muss man sich
auch darauf einlassen. Ich bin sehr gespannt, welche Märchen noch alles auf den
Plan treten werden – es werden einige sein.
Ein Punkt, der schon an einen Spoiler grenzt, hat mich im Buch überrascht. Maya
Shepherd lässt Schneewittchen als Vampir erscheinen, was irgendwie merkwürdig
ist. Durch den Erzählstrang aus der Vergangenheit wird dieses Thema
aufgegriffen und sogar vertieft. Ich konnte mit dieser Interpretation erstmal
nichts anfangen und es macht in „Asche, Schnee und Blut“ den Eindruck, als wenn
das Element zentral sei. Das ist es sicher auch, doch die Bedeutung ist eine
Momentaufnahme und in den „Grimm-Chroniken“ soll es keinesfalls um eine
abgedrehte Vampirgeschichte gehen. Trotzdem ist das Thema sehr präsent. Nach
und nach konnte ich mich damit aber anfreunden, denn die Andeutungen in den
Märchen lassen durchaus einen solchen Schluss zu. Auf jeden Fall gibt Maya
Shepherd der Geschichte damit einen neuen Dreh, der toll umgesetzt wird.
Es gibt noch so viele angedeutete Dinge, Fragen an die Geschichte und unklare
Handlungsstränge. Es steht noch viel bevor, aber ich finde gerade diese
Andeutungen so toll. Ich bin sehr gespannt, wie beide Handlungsstränge
irgendwann zusammenkommen werden. Auch nach dem zweiten Teil ist der Leser noch
relativ unwissend, doch der Nebel lichtet sich langsam. Die Geschichte baut
sich noch immer auf und dennoch ist man bereits tief in ihr drin.
Die Charaktere sind sehr interessant, wenn auch noch nicht völlig ausgeschöpft.
Viele haben noch Potenzial, doch man soll sie auch noch nicht vollkommen
kennen. Das große Geheimnis um Will fasziniert mich und ich bin gespannt, wie
er sich noch zum Helden entwickeln wird. Was ist Schneewittchen wiederfahren?
Warum wird Mary böse? Ist sie böse? Alles in allem agieren die Figuren sehr gut
miteinander und die aufgeweckte Maggie nimmt eine tolle Position ein.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, manchmal blumig und märchenhaft, dann
wieder blutig und grausam. Er passt sehr gut zur Geschichte und erlaubt das
erneute Inhalieren von ihr.
Zwischenzeitlich hatte ich so meine Probleme mit „Asche,
Schnee und Blut“, was sich aber gelegt hat. Ich bewundere den Gesamtaufbau und
das Einbinden der Märchengeschichten sehr und freue mich auf den nächsten Teil.
Die Zeit mit einer Folge vergeht wahnsinnig schnell und nach Beenden stellt
sich der Suchtfaktor ein. Ich vergebe 4,5 Spitzenschuhe für die zweite Folge
und habe die dritte bereits hier liegen. Denn...: “Eine Folge geht noch!“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (Link einfügen) und in der Datenschutzerklärung von Google.