3. März 2018

Rezension: "Eine Handvoll Lila" von Ashley Harring Blake


Titel: Eine Handvoll Lila
Autor: Ashley Harring Blake
Verlag: Magellan
Preis: 18,00€
Seiten: 352



Der Magellan Verlag ist für seine besonderen Geschichten bekannt. Hinzu kommen zumeist noch unglaublich detailreiche und wunderschöne Cover. So eher die Regel, als die Ausnahme bei Magellan. Und beides trifft auch auf das neue Buch „Eine Handvoll Lila“ zu. Es handelt sich um ein Buch, das sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog! Ich liebe das Piano als Instrument und die dargestellten Tasten sind einfach traumhaft. Dazu der einprägsame und ungewöhnliche Titel, die Farbe Lila und all die Noten. Ein perfektes Cover! Doch auch der Klappentext macht Lust auf mehr und er lässt bereits erahnen, dass die Geschichte dahinter intensiv, ernst und beeindruckend ist. „Eine Handvoll Lila“ handelt von einem Mädchen, das eigentlich schon alles erleben musste und noch immer leidet. Das Buch ist einfühlsam und besonders, es ist erschreckend und nimmt den Leser emotional mit. Mir gefiel nicht immer, was ich gelesen habe, aber es hat mich berührt! Denn dieses Buch ist wirklich etwas Besonderes!

Lila lackierte Fingernägel sind das Markenzeichen von Grace und ihrer Mutter Maggie. Dabei könnten sie sonst nicht unterschiedlicher sein: die ehrgeizige Grace will nach der Schule Musik studieren, denn sie ist eine begabte Pianistin. Ihre Mutter dagegen ist das personifizierte Chaos und stolpert von einer schlechten Entscheidung in die nächste, ohne zu verstehen, was sie ihrer Tochter damit antut. Erst als Eva in ihr Leben tritt, glaubt Grace, sich mit ihrer Hilfe endlich aus den Fängen ihrer Mutter und der engen Kleinstadt befreien zu können. Doch als Maggie immer mehr an Bodenhaftung verliert, steht auch die Zukunft der beiden Mädchen auf dem Spiel. Jetzt ist es an Grace, sich und Eva zu retten, und endlich zu lernen, wie man liebt und wie man loslässt.

Ich wollte „Eine Handvoll Lila“ aus verschiedenen Gründen lesen. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass das Cover mich beeindruckt hat. Das Thema der Musik war ebenfalls wichtig, aber der Klappentext reizte mich auch, denn er lässt eine sehr pure Geschichte erahnen. Meiner Meinung nach lässt sich das Buch in keine Schublade sortieren, denn es ist unglaublich vielseitig. Im Zentrum steht auf jeden Fall Grace. Sie ist die Protagonistin und der Leser muss zusehen, wie ihr Leben ein ständiges Auf und Ab imitiert. Grace ist eine unglaublich starke Persönlichkeit, die einfach viel zu früh erwachsen werden musste. Sie ist erst 17 Jahre alt und gibt alles für ihren Traum, Pianistin zu werden. Man erfährt sehr früh von einem Vorspiel in New York, für das sie in wenigen Monaten eingeladen wurde. Ihr Traum scheint zum Greifen nah zu sein. Doch nach und nach wird dem Leser klar, dass Graces Leben nicht nur chaotisch, sondern die reinste Katastrophe ist! Und das liegt an ihrer Mutter Maggie. Auch sie ist eine starke Frau, doch sie personifiziert all das, was Trauer mit einem Menschen macht und wie sie ihn in Abgründe stürzt. Denn Maggie ist schon längst am Abgrund. Sie ist Alkoholikerin, zieht von einer Wohnung in die nächste, findet immer wieder den neuen „Richtigen“, schleppt ihre Tochter immer weiter und gibt keinerlei Halt. All die Details um Maggie kommen im Buch nur nach und nach ans Tageslicht und jedes neue Detail machte mich als Leser fertig. Es ist einfach so traurig, zu beobachten, wie Maggie den Geburtstag von Grace vergisst, nicht mehr weiß, was sie am letzten Abend getan hat oder ihre eigene Tochter bestiehlt. Mir fehlten wirklich immer wieder die Worte! Und das Schlimmste daran: Es ist so realistisch! Ich konnte die Figurenzeichnung von Maggie sehr gut verstehen. Und genau diese Zeichnung macht auch aus Grace den Menschen, den wir kennen lernen: immer wieder verletzt, immer wieder enttäuscht. Diese Mutter-Tochter Beziehung ist grauenhaft, ist genauso wie sie nicht sein sollte und es zerriss mir das Herz. Aber jede Sekunde ist diese Beziehung authentisch beschrieben, sie wird unglaublich gut dargestellt und mich hat dieses ganze Thema sehr beeindruckt! Vor allem, wie Grace eben damit umgeht. Der Leser kommt nicht umhin, sich zu fragen, wie er selbst handeln würde, wenn die eigene Mutter so agiert. „Eine Handvoll Lila“ schildert Abgründe des täglichen Lebens, befasst sich aber mit wichtigen Themen (und häufiger auftretenden, als man denkt), wenn man mich fragt. 
Und der Alkoholismus, die Trauerverarbeitung und die Beziehungsentwicklung sind nicht einmal die  präsentesten Themen des Buches. Das große ist ein anderes. Denn die Liebesgeschichte des Buches spielt sich zwischen zwei Mädchen ab. Oh ja. Grace verliebt sich in Eva. Dabei hatte Grace bereits männliche Freunde. Sie ist bisexuell und geht vollkommen offen damit um! Ich finde es großartig, wie Grace zu diesem Schluss kommt, wie allgemein über Bisexualität geurteilt wird und auch, wie diese dargestellt wird. Denn Liebe ist Liebe. Und genau diese Botschaft bringt das Buch toll herüber. Für mich war es manchmal ein bisschen befremdlich, die Szenen zwischen den Mädchen zu verfolgen. Aber diese sind immer sehr sensibel beschrieben und ich fand sie auch sehr authentisch. Das Thema der Sexualität ist sehr gut geschildert und spielt eine große Rolle im Buch. Eva ist ein interessanter Charakter. Sie führt ein ähnlich furchtbares Leben, wie Grace. Denn ihre Mutter ist vor kurzem gestorben, von New York ging es ins kleine Kaff am Meer und sie gab das Balletttanzen auf. Eva ist vielschichtig und bringt viel Frische in die Geschichte. Grace ist vom ersten Augenblick an von ihr fasziniert. Diese Faszination konnte ich natürlich nicht in dieser Weise nachvollziehen, aber sie passt zum Buch. Nebenbei bemerkt, ist Eva übrigens farbig. Mir gefiel die Charakterauswahl des Buches sehr gut! Es bricht mit Konventionen. Die Protagonisten sind innerlich kaputt, bisexuell oder farbig. Man hat es hier nicht mit einer heile-Welt-Geschichte zu tun. Man befindet sich in der Realität. So brutal es auch ist. Aber Ashley Herring Blake macht eine tolle Geschichte daraus.
In dieser hat mir manchmal aber der Spannungsbogen gefehlt. Zwischenzeitlich plätschert die Geschichte nur vor sich hin, bis sie am Ende richtig Fahrt aufnimmt. Die letzten 60 Seiten sind super spannend und interessant! Das Ende des Buches gefiel mir auch sehr, denn es ist einfach passend. Ebenfalls toll sind übrigens die liebevollen Nebenfiguren. Luca ist Graces bester Freund und er sorgt für so viel Freude im Buch! Auch seine Mutter Emmy ist ein so herzlicher Charakter, der dem Buch sehr gut tut. Zu Maggie brauche ich glaube ich nichts mehr zu sagen. Sie sorgte immer wieder dafür, dass ich verstört vor dem Buch saß. Denn „Eine Handvoll Lila“ macht genau das mit dem Leser: Es nimmt ihn emotional mit und lässt ihn nicht mehr los! Ich war von der Handlung zeitweise erschreckt und ich finde wenig an der Geschichte richtig schön. Aber beeindrucken konnte sie mich dennoch!
Der Stil der Autorin ist flüssig und natürlich. Man kommt schnell durchs Buch, ihr Spannungsaufbau gefiel mir allerdings nicht so.


Alles in allem ist „Eine Handvoll Lila“ ein Buch mit wertvollen Themen unserer modernen Gesellschaft. Es ist pur, leidenschaftlich, emotionsgeladen und erschreckend realistisch. Jeder Handlungsfaden weist Authentizität auf und man kann die Geschichte glauben. Diese hat so viele Aspekte, so viele verschiedene Diversity-Faktoren, dass das Buch allein deswegen interessant ist. Es geht um eine kaputte Mutter-Tochter-Beziehung, um ein Mädchen, das für seine Träume einstehen will, aber viel zu wenig interessiert, was es selbst vom Leben will und um eine gleichgeschlechtliche Liebe. Aber ich wiederhole mich: Liebe ist Liebe. Und genau das bringt „Eine Handvoll Lila“ auf den Punkt. Es ist nicht immer einfach im Leben – aber es ist das Leben. Und Grace macht das Beste daraus. Ich vergebe 4 von 5 Spitzenschuhen.



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