25. Oktober 2018

Rezension [Hörbuch]: Die Schwestern von Mitford Manor - Unter Verdacht" von Jessica Fellowes



Titel: Die Schwestern von Mitford Manor - Unter Verdacht
Autor: Jessica Fellows
Sprecher: Juliane Köhler
Verlag: Der Hörverlag
Preis: 12,95€
Seiten: 496
Dauer: 10h 49m


Ich suchte nach einem spannenden Hörbuch für eine sehr lange Autofahrt. Beim Stöbern fiel mir dann „Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht“ ins Auge. Das Cover ist wunderschön und suggeriert sofort den Charme der 20er Jahre. Und dann steht im Klappentext auch noch etwas von einem Mord, kleinen Detektivtätigkeiten und vielen Geheimnissen. Das Ganze auch noch mit einem Hauch Historischem durch die Verortung zwischen den Weltkriegen. Nach dem überzeugenden Klappentext fiel die Wahl sofort auf das Hörbuch. Der Anfang ist tatsächlich auch noch sehr gut gelungen und auch das Finale ist spannend. Doch dazwischen gibt es immer wieder Längen und Nebenschauorte. Die Spannung ist nicht konstant, aber das Hörbuch hat dennoch seinen Charme!

London, 1920: Für die 19-jährige Louisa geht ein Traum in Erfüllung. Sie bekommt eine Anstellung bei den Mitfords, der glamourösen und skandalumwitterten Familie aus Oxfordshire. Endlich kann sie der Armut und dem Elend der Großstadt entfliehen und dafür auf ein herrschaftliches Anwesen ziehen. Louisa wird Anstandsdame und Vertraute der sechs Töchter des Hauses, allen voran der 17-jährigen Nancy, einer intelligenten jungen Frau, die nichts mehr liebt als Abenteuer und gute Geschichten. Als Florence Nightingale Shore, eine Krankenschwester und Freundin der Familie, am helllichten Tag ermordet wird, beginnen Nancy und Louisa eigene Ermittlungen anzustellen. Schnell erkennen sie, dass nach den Wirren des Ersten Weltkrieges jeder etwas zu verbergen hat.

„Die Schwestern von Mitford Manor“ sind eine sechsbändig angelegte Buchreihe aus dem Piper Verlag. Sechs Töchter – sechs Bücher. Bei „Unter Verdacht“ steht die älteste Tochter Nancy im Vordergrund. Insgesamt muss man aber sagen, handelt es sich in erster Linie um eine Familiensaga und nur in zweiter um einen Kriminalfall. Des Weiteren hat das Hörbuch einen gewissen historischen Anspruch, denn Geschichte mischt sich mit Fiktion. Während des Hörens wusste ich es noch nicht, doch es gab die Mitford-Schwestern tatsächlich. So kann ich im Nachhinein biografische Fakten der Schwestern in der Geschichte erkennen, doch man sollte dennoch nie vergessen, dass es sich um einen (fiktiven) Roman handelt, auch wenn man etwas über historische Figuren hört.
Das wird beim Hören allerdings deutlich. Denn obwohl die Geschichte vor allem mit einem authentischen Setting und zeitgetreuen Figuren glänzen kann, geschehen doch viele konstruierte Dinge. Aber vorn vorn: Das Hörbuch beginnt sehr spannend mit dem Mord an besagter Florence Shore. Erst danach rückt die Protagonistin in den Mittelpunkt. Das ist nicht etwa eine der Mitford-Schwestern, sondern die gute und schüchterne Louisa. Louisa stammt aus ärmlichen Verhältnissen aus London und versucht alles, um ihrem Leben zu entfliehen. Dennoch ist sie verantwortungsbewusst und gerecht. Sie ist eine tolle und bewundernswerte Protagonistin. Ich mochte sie wirklich sehr, denn obwohl sie naive Seiten hat, handelt sie nachvollziehbar. Man kann sich gut in sie hineinversetzen und fühlt mit ihr. 
Man verfolgt die meiste Zeit des Buches über Louisa und ihre Geschichte kreuzt die der anderen Figuren. So trifft sie zunächst auf den Bahnpolizisten Guy, mit dem eine Liebelei angebahnt wird. Guy ist ein wirklich toller Kerl und eine der freundlichsten Figuren des Buches. Er hat klare Ziele und weiß diese zu verfolgen. Der kleine Handlungsstrang um die beiden gefiel mir sehr gut. 
Aber es gibt viele Handlungsstränge und Fäden. Mir persönlich waren es zu viele. Da wäre die Geschichte mit Louisas Onkel Steven, das Gebändel mit Guy, die Aufklärung des Shore-Mordes, der Roland-Fall, Nancys Vernarrtheit und und und… Die meisten Geschichten sind berechtigt und führen alle zusammen und dennoch ist nicht jede davon spannend. Die Aufklärung des Mordes ist ein zentrales Element, doch bis Nancy, Louisa und Guy auch nur ansatzweise auf der richtigen Fährte sind, vergeht viel, viel Zeit. Und diese Zeit wird mit Familiensaga-Elementen gefüllt. Leider sind diese nicht immer spannend. Am Ende der ersten CD hatte die Spannungskurve deutlich abgenommen und erst im Laufe der zweiten CD geht sie wieder nach oben. Dann bleibt sie dort aber auch konstant und führt zu einem spannenden Höhepunkt. Das Ende des Buches gefiel mir nämlich sehr. Doch der Weg dahin ist lang.
Die anderen Mitford-Schwestern sind lediglich Nebenfiguren. Ich konnte sie kaum auseinander halten, was aber am Hörmedium lag. Nancy ist eine quirlige Person, die der Geschichte immer mal wieder Schwung verleiht. Den Handlungsfaden rund um Roland fand ich persönlich nicht so gut. Nancys Geltungsbedürfnis wird in diesem aber sehr deutlich. Ich glaube, dass die anderen Schwestern in den anderen Bänden noch mehr Würdigung erfahren. Für Nancy ist das in diesem Teil allerdings gut gelungen!
Das Setting des Buches ist ebenfalls gelungen. Das Flair der 20er kommt gut beim Hörer an. Die Figuren sind authentisch und sich selbst sehr treu. Der Erzählstil ist manchmal etwas trocken. Obwohl sich die Sprecherin Juliane Köhler viel Mühe gibt, schweift man beim Hören manchmal ab. Die Stimme der Vorleserin ist dennoch sehr angenehm und passt gut zur Geschichte. Der etwas monotone Stil wird durch einen Wechsel zu Briefen gebrochen, die zwischendurch im Roman Platz finden. Das gefiel mir gut.
Man muss aber insgesamt ein geduldiger Hörer sein, um Freude an diesem Hörbuch zu haben. Die ganzen liebevollen Details kommen nur zum Tragen, wenn sie auch gewürdigt werden. Die Geschichte ist gut durchdacht und alle Handlungsfäden laufen am Ende zusammen. Es gibt interessante Wendungen in beinahe jeder Nebenhandlung. Doch manchmal dauert es eben sehr lange, bis beim Leser die Spannung ankommt.


„Die Schwestern von Mitford-Manor – Unter Verdacht“ ist ein sehr vielfältiges Hörbuch. Der Roman beinhaltet historische und fiktive Züge, behandelt eine Familiensaga und einen Kriminalfall. Der Mix von allem ist sehr gelungen und mittendrin finden wir eine sehr sympathische Protagonistin, der auch viele weitere gut ausgearbeitete Figuren an die Seite gestellt werden. Es macht Spaß, sich im Mitford-Universum zu bewegen. Doch es gibt noch so viel mehr Schauorte, dass nicht nur die Autorin zwischendurch abschweift, sondern auch der Hörer. Das Hörbuch hat viel Charme und ein schönes Setting. Es glänzt mit einer gut durchdachten und manchmal überraschenden Geschichte. Doch um all diese Wendungen zu schaffen, braucht es viel Zeit. Und diese Zeit geht auf Kosten der Spannung. Das Hörbuch hat einige Längen und das wird für den Hörer anstrengend. Ich mochte das Hörbuch, weise aber auf die Schwächen hin. Und deswegen vergebe ich 3,5 Spitzenschuhe. Ich bin dennoch sehr gespannt, was noch aus der Geschichte der sechs Mitford-Schwestern gemacht wird!



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