Hallo ihr Lieben!
In kürzerer Zeit als erwartet, darf ich euch heute den zweiten Reisebericht des Jahres präsentieren. Und ich freue mich jetzt schon, dass es nicht der letzte sein wird. Wer mich kennt, weiß, dass ich vor kurzem meine Masterarbeit abgegeben habe und nun die verbleibende Zeit bis zum Referendariat gut nutzen möchte. Bisher habe ich das auch geschafft. Ich tue Dinge, für die ich sonst nie die Zeit gefunden habe und natürlich habe ich mir vorgenommen, noch viel von der Welt zu sehen. So reise ich nicht nur nächste Woche zum dritten Profi-Tennisturnier in diesem Jahr, sondern auch im September nach Paris - für die Stadt, nicht für ein Tennisturnier.
Aber das alles hat herzlich wenig mit dem Ort zu tun, von dem ich euch heute berichten möchte. Letztes Jahr bekam ich von meinem Vater eine Auschwitz-Reise zum Geburtstag geschenkt. Ich weiß, das klingt makaber. Aber ich habe ja nun einmal Geschichte studiert und werde dieses Fach in nicht allzu fernen Zukunft unterrichten. Deshalb war es mir sehr wichtig, das wohl grausamste Vernichtungslager der Nazis zu besuchen und mich selbst dadurch weiterzubilden. Mein Vater hat ebenfalls einen Geschichtsfaible und sich besonders mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinander gesetzt. (Übrigens nicht wirklich mein Lieblingsthema.) Da Auschwitz aber doch ganz schön weit weg von Bremen liegt, kann man nicht mal eben für einen Tag dorthin fahren. Und deswegen reisten wir für fast fünf Tage ins wunderschöne Krakau.
Krakau - ein überraschendes Juwel
Ich war noch nie in Polen. Aber man kennt ja die Vorurteile - Autos klauen und so weiter. Herzlich lachen musste ich daher auch, als mein Vater sich tatsächlich eine Autokralle besorgte :D Aber Freunde, die fiesen Vorurteile gegen Polen kann ich absolut nicht bestätigen. Alles, was ich von Polen wahrgenommen und gesehen habe, war einfach nur wunderbar. Die Menschen sind freundlich, die Städte sicher und zumindest Krakau ist eine absolut weltoffene, westlich orientierte Stadt, die einfach nur traumhaft schön ist!
Und deswegen möchte ich euch nach langer Vorrede nun Krakau ein wenig näher bringen! Hierbei klammere ich den Auschwitz-Tag aus, denn von dem möchte ich separat in den nächsten Tagen einen eigenen Bericht schalten. Die Themen sind einzeln betrachtet irgendwie harmonischer..
Die Anreise und andere Strapazen
Mein Vater ist ein wenig wahnsinnig. Das ist nichts Neues für mich. Warum wahnsinnig? Naja, wir fuhren mit dem Auto nach Krakau. Grundsätzlich kein Problem. Und auch, dass die Fahrt um die 10 Stunden dauert, war ja zu erwarten. Aber mein Vater ist einer von der Sorte, der am liebsten zwei Tage vor eigentlichem Reiseantritt losfahren würde, damit auch alles klappt und man gut durchkommt :D Ich übertreibe natürlich maßlos. Denn die frühe Losfahrzeit lag auch in meinem Sinne. Aber naja... dass drei Uhr morgens doch irgendwie unchristlich ist, werdet ihr mir alle bestätigen :D Meine Nacht war also sehr kurz und den größten Teil des Tages verbrachte ich im Auto. Das war aber gar kein Problem. Wir kamen super durch (wer hätte wirklich mit etwas anderem gerechnet?!) und hörten ein ganzes Hörbuch auf dem Hinweg (wen es interessiert: "Hummeldumm"). Daher verging die Fahrt wunderbar. Unser Hotel war schnell erreicht und auch wenn die Gegend gar nicht so sicher wirkte, war unsere Unterkunft wirklich klasse.
Nach kurzer Pause wollten wir schon mal die Stadt erkunden. Normalerweise ist mein Freund immer der Guide durch fremde Städte. Ich verlasse mich bei der Kartenlesung absolut auf ihn. Der Reiseführer hingegen gehört immer mir, denn ich werde nie müde, etwas über die Sehenswürdigkeiten zu predigen, während man davor steht. Darin bin ich wirklich unschlagbar. Nun musste ich aber zusätzlich zum Reiseführer auch die Kartenarbeit übernehmen, was gar nicht so leicht war, da unser Hotel gar nicht auf der Karte war :D Aber hey, Kleinigkeiten.
Wir schafften es in die Innenstadt und ich bin noch heute von der traumhaften Altstadt von Krakau geflasht! Krakau besitzt einen der größten Marktplätze weltweit, der sich über 200m x 200m erstreckt. Und überall ist er von schönen Gebäuden gesäumt. Auf dem Bild sehr ihr hier die zentralen "Tuchhallen" wo früher mit Tüchern und Salz gehandelt wurde.
Kleiner Fact am Rande. Krakau hat 130 Kirchen, wurde mir gesagt. All diese Kirchen sind am Sonntag voll besetzt. Oh ja, es gibt einen Anteil an Katholiken von 98% in Polen. Schon krass! Und der Glaube ist tatsächlich allgegenwärtig. Nicht nur, weil so viele Kirchen überall zu finden sind. Auch die Menschen gehen viel offensiver mit dem Thema um und repräsentieren diesen Glauben. Mein Vater und ich machten ein kleines Spiel daraus: Wer zählt am Tag mehr Nonnen? Das war keinesfalls respektlos, sondern einfach nur ungewohnt. Das Minimum waren übrigens 7 Nonnen am Tag und das war schon eine schwache Quote. Ein bisschen stutzig waren wir schon, als wir Nonnen mit Smartphones und Autos sahen. Schwört man nicht allem Weltlichem ab? Nun gut, ich kenn mich da jetzt auch nicht so aus.
Am ersten Abend machten wir also einen Rundgang, orientierten uns, aßen und kehrten abends wieder im Hotel ein. Für die nächsten Tage schmiedete ich aber natürlich schon Pläne...
Die drei großen Attraktionen
Insgesamt hat Krakau drei große Touristenbereiche. Das ist die historische Altstadt mit dem Marienkirche, dem Marktplatz und anderen Kirchen. Dann die sogenannte Wavel. Das ist der Berg, auf dem das Schloss steht. Das Schloss ist einfach traumhaft. Und dann gibt es noch das jüdische Viertel Kazimir, das wohl das hippste Viertel heutzutage ist.
Am ersten Tag quälte ich meinen Vater durch die Altstadt. Man muss es leider wirklich so sagen. Es ist wohl offensichtlich, dass bei meinem Alter, mein Vater keine 40 mehr ist. Rechnet zwanzig Jahre drauf und ihr habt sein Alter. Daher waren meine kilometerweiten Märsche schon ein bisschen unüberlegt. Als ich dann auch noch eröffnete, den Kirchturm der Marienkirche besteigen zu wollen, seufzte mein Vater nur, ergab sich aber seinem Schicksal. Aber ich greife vor.
Die wunderschöne Altstadt
Kommt man in Krakaus Altstadt, geschieht dies durch das alte Stadttor. Auch ein Teil der Befestigungsanlage steht noch. Die könnt ihr hier auf dem linken Bild sehen. Durch das Tor gelangt man auf den Königsweg, der am Marktplatz vorbei bis zum Schloss führt. Die Straßen sind so süß und schön gemacht, dass dieser Spaziergang eine wahre Freude ist. Auf dem rechten Bild könnt ihr den Blick aus dem Tor bis hin zur Marienkirche auf dem Marktplatz sehen. Unser erster Halt war genau diese Marienkirche.
Wir hatten ein zufälliges Glück. Der Altar der Kirche wird aktuell über acht Jahre restauriert. Deswegen wird er nur für wenige Stunden am Tag geöffnet. Dies geschieht allerdings mit einer sehr schönen Zeremonie. Täglich um 11.30 Uhr öffnet sich eine Seitentür der Kirche, lässt die zahlenden Touristen ein und diese versammeln sich im Kirchenschiff vor dem geschlossenen Altar. Um 11.50 Uhr kommt eine Nonne, laute Musik schallt in der Kirche und die Schwester öffnet traditionell den Altar. Zum Vorschein kommt ein mit Blattgold verzierter Altar aus dem 13. Jahrhundert, der 11m x 13m groß ist. Er ist einer der größten Europas und wirklich wunderschön, wie ihr sehen könnt.
Nach dem Kirchbesuch gingen wir zum Universitätsviertel. An der Universität hat nicht nur der verehrte Papst Johannes Paul II. studiert, sondern auch Kopernikus. Wir sahen nur den Innenhof, doch der war schon wirklich toll! Die ein oder andere Kirche nahmen wir ebenfalls mit, bevor wir wieder auf dem Markplatz landeten, uns einen Kaffee gönnten und warteten, bis es Zeit für die Turmbesteigung wurde.
Ja, ich schickte meinen Vater hinauf. 271 Stufen. Also insgesamt sogar 542. Tja...er war froh, als er oben war, sagen wir es so :D
Ich musste auch einmal durchatmen, ich bin ja so ehrlich.
Vom Kirchturm aus hat man einen wunderschönen Blick über die Stadt und für mich war das ein wahres Highlight! Ist der Ausblick nicht traumhaft?
Von Drachen und anderen Legenden
Aber der Tag war noch lange nicht vorbei. Weiter ging es zur Wavel. Aber wer kann schon ahnen, dass die Tickets für das Schloss aus Konservierungsgründen nur begrenzt vorhanden sind. Tja, Pech gehabt. Aber wir konnten noch Tickets für die Drachenhöhle erwerben. Denn, solltet ihr es nicht wissen, Krakau hat viele Legenden zu bieten. Unter anderem verscheucht man die Tauben auf dem Marktplatz nicht, weil es verzauberte Ritter sein sollen. Mein Vater und ich machte uns auch hier einen Spaß daraus und grüßten die wehrten Ritter, wenn wir an ihnen vorbei kamen.
Eine andere Legende ist die um den Drachen. Man kann wirklich überall in Krakau Drachenfiguren oder Plüschtiere erwerben. Der Drache ist das Symbol Krakaus. Was hat es aber mit dem Wesen auf sich? Im Mittelalter soll unter dem Schloss in der Drachenhöhle ein Drache gelebt haben. Die Jungfrauen Krakaus wurden ihm geopfert. Erst ein Schneider konnte den Drachen besiegen, indem er ihm ein Schaf in die Höhle brachte, das mit fiesen Dingen gefüllt war. Der Drache musste wegen der Schräfe in seinem Hals seine Höhle verlassen und ans Ufer der Weichsel stürzen. Er trank und trank und trank. So viel, dass er am Ende platze. Puff.
Tja, so ist die Legende. Etwas Wahres muss aber an ihr dran sein. Denn in der Höhle wurden tatsächlich große Tierknochen gefunden - und Menschenknochen. Heute ist von der Legende noch immer die Höhle erhalten, durch die wir den Wavelhügel verließen. Sie liegt tief unten im Berg und ist tatsächlich gruselig. Am Ende der Höhle steht heute eine große Drachenfigur, die sogar alle 5 Minuten Feier spuckt. DIE Attraktion für Kinder in Krakau.
Das jüdische Viertel
Gegen Abend zog es uns dann nach Kazimir - das jüdische Viertel. Dass Krakau eine lange jüdische Geschichte hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Das Viertel ist nicht sonderlich groß und dennoch gibt es sieben Synagogen, zwei christliche Kirchen und einen schönen Marktplatz dort.
Das Viertel hat seinen ganz eigenen Charme und ist heute überaus beliebt. Dort fanden wir übrigens auch einige Biergärten... Wir besuchten die schönste und bekannteste Synagoge - die Remu-Synagoge und den alten jüdischen Friedhof. Beides war interessant, ich hatte beides aber eindrucksvoller erwartet. Das tolle an Kazimir ist die Atmosphäre. Es ist ein tolles Viertel! In einem der schnuckeligen Restaurants aßen wir zu Abend.
Auf dem Rückweg zum Hotel fanden wir noch einen jüdischen Buchladen und mein Vater ließ mich in Ruhe stöbern. Es gab tatsächlich eine tolle Ecke mit deutscher Literatur und da ich sowieso noch Taschengeld hatte, kaufte ich das Buch "Schreiben nach Auschwitz" von Günther Grass. Eine Kurzrezension wird sich an den Auschwitzbericht anschließen.
Einmal Prinzessin sein...
Am nächsten Tag brachen wir früh nach Auschwitz auf, davon später mehr. Nach dem anstrengenden Tag zog es uns erneut in die Altstadt. Wir aßen direkt am Marktplatz traditionelle polnische Gerichte und ließen es uns gut gehen. Am Platz stehen übrigens immer sehr viele Pferdekutschen, die Stadttouren machen. Ich bin kein Pferdefreund. Mein Vater auch nicht. Wir haben beide leider eine Pferdehaarallergie. Aber da ich doch in meinem Herzen ein klein bisschen Prinzessin bin, zogen mich die geschmückten Pferde und die weißen Kutschen magisch an. Magisch ist übrigens auch ein Wort, das man zur Abendastmospähre von Krakau benutzen muss. Es gibt so viele tolle und talentierte Musiker am Marktplatz! Ein Akkoredon-Trio hatte es meinem Vater angetan, ich fand ein Trio aus Cello, Geige und Querflöte besonders interessant. Aber auch andere junge Künstler tummeln sich dort und spielen großartige Musik!
Mein Vater war so von der Atmosphäre verzaubert, dass er mich tatsächlich zu einer Kutschfahrt einlud. Eine kurze, aber immerhin. Mehr hätten wir dank unserer Allergie wohl auch nicht geschafft. Ich durfte einen Abend Prinzessin sein und konnte ihn absolut genießen!
Die Wavel (oder auch: ein Schloss)
Der letzte volle Tag wurde für die noch nicht gesehenen Dinge verwendet. Zum einen war das das Schloss. Es sollte mir nicht nochmal passieren, dass ich kein Ticket bekomme. Leider hatte ich unterschätzt, dass es ca. 4km bis zum Schloss Fußmarsch waren. Mein armer Vater. So früh am Morgen. Aber ich erreichte mein Ziel und erstaubte zwei der letzten 120 Tickets für den Tag. Das Schloss von Krakau war mir völlig unbekannt. Dabei ist es einfach wunderschön! es ist sehr gut restauriert und bietet interessante Ausstellungen! Wir besuchten die Regierungsräume, die Privatgemächer und den Kronschatz.
Außerdem ging ich noch in die wichtigste Kirche ganz Polens: die Wavel-Kathedrale. Hier sind die ganzen Könige Polens begraben und auch der 2010 verstorbene Präsident Lech Kaczynski mit seiner Frau. Die Kathedrale ist eine Mischung aus allen Zeitaltern, da immer wieder neue Kapellen angebaut wurden. Sie ist wunderschön! Diesmal ging ich allein auf den Kirchturm, besichtigte die Glocken und später die Königsgräber.
Das Schloss machte mich als kleines Mädchen wieder sehr glücklich. Und danach ging es dann zu letzten Station des Aufenthalts: Schindlers-Fabrik. Die Fabrik von Oskar Schindler ist inzwischen ein Museum mit einer Dauerausstellung über Krakaus Juden. Ich kann euch dieses Museum nur empfehlen! Es ist didaktisch gut aufgebaut und sehr modern gemacht! Es bietet viele Quellen, hat aber einen tollen Zugang. Ich selbst war schon ziemlich platt an diesem Tag, aber hielt tapfer durch. Ich tobte mich noch im Museumsshop aus und dann ging es wieder ins Hotel. Ein toller und ereignisreicher Trip ging zu Ende.
Kleine Errungenschaften...
Am nächsten Tag ging es (diesmal erst um 6 Uhr früh) zurück nach Deutschland. Eine Vollsperrung der A2 sorgte dafür, dass unsere Rekordzeit doch noch vernichtet wurde. Aber hey - dafür sind wir ja so früh losgefahren. Insgesamt muss ich sagen, dass Krakau absolut eine Reise wert ist! Eine so tolle Stadt mit so schönen Gebäuden, Kirchen und anderen Sehenswürdigkeiten. So viele Zeiten sind hier vereint, dass diese Stadt einfach nur Spaß macht! Solltet ihr einmal Gelegenheit haben, die Stadt zu besuche, TUT ES. Dank meines Vaters hatte ich ein schönes Taschengeld für die Reise bekommen und hier könnt ihr meine Errungenschaften sehen, die ich für mich kaufte. Die kleinen Souvenirs für meine Familie sind natürlich längst bei ihnen angekommen. Bei dem T-Shirt handelt es sich um mein erstes Hard Rock Cafe Shirt. Und ich liebe es! Außerdem musste ich natürlich bei buchigen Dingen zugreifen. Das erwähnte Werk von Grass, ein schönes Lesezeichen, ein jüdisches Notizbuch und ein Kugelschreiber aus Schindlers Fabrik. Dazu noch eine kleine Drachenfigur und das Schloss als Miniatur und fertig war mein kleiner Einkauf ;)
Ich danke euch, solltet ihr bis hierhin durchgehalten haben. Und wenn nicht, auch nicht schlimm. Vielleicht konnten ja Teile meines Berichts euch unterhalten :) Danke fürs Lesen!!
Wart ihr schon einmal in Krakau oder in einer anderen polnischen Stadt? Was sind eure Erfahrungen? Was würdet ihr gern mal sehen?
Eure Julia
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