11. Dezember 2017

Rezension: "Tochter der Flut" von Jake Halpern und Peter Kujawinski


Titel: Tochter der Flut
Autor: Jake Halpern & Peter Kujawinski
Verlag: Ravensburger
Preis: 15,00€
Seiten: 384

In einem schnuckeligen Buchladen blieb mein Blick an einem Buch hängen, das mich durch seinen Klappentext neugierig gemacht hat. Die Rede ist von „Tochter der Flut“ von Jake Halpern und Peter Kujawinski. Ich finde Bücher von mehreren Autoren immer sehr spannend und hier weckte das Thema mein Interesse. Denn die beiden Herren haben sich ein ungewöhnliches Szenario ausgedacht, das ein wenig mit den gängigen Ängsten der Menschen spielt: die Dunkelheit und alles, was in ihr passieren kann. „Tochter der Flut“ ist ein wahnsinnig ungewöhnliches Buch, das sich sehr gut lesen lässt und den Leser packt. Die Figuren sind bemerkenswert, an jeder Ecke lauern Geheimnisse und noch viel mehr Gefahren. Und das macht das gesamte Buch sehr, sehr spannend. Anfangs hatte ich meine Probleme, am Ende war ich aber begeistert. Und dennoch gibt es eine Sache, die ich kritisieren muss: Weder das Cover, noch der Titel passen zum Buch. Aber da kann die tolle Geschichte nun wirklich nichts für.

Wenn auf Marins Insel nach 14 Jahren Tag die endlose Nacht hereinbricht, muss ihr Volk fliehen. Denn die eisige Dunkelheit überlebt niemand. Doch Marin und ihr Freund Line verpassen die rettenden Boote. Und das nur, weil Line den Anhänger gesucht hat, den sie verloren hatte. Angeblich verloren. Und so wird ihr Schweigen zur Zerreißprobe ihrer Liebe. Und zum Beginn eines knallharten Überlebenskampfes …

Vom Cover von „Tochter der Flut“ schaut ein Mädchen den Leser mit entschlossenem Blick entgegen. Das Cover und der Titel machen neugierig und dann folgt der spannende Klappentext. Nach kurzem Überlegen gelangte ich zu dem Schluss, das Buch lesen zu wollen. Der Einstieg ins Buch fiel mir allerdings schwer. Auch, da ich tatsächlich etwas ganz anderes erwartet habe und meiner Meinung nach der Klappentext auch etwas anderes propagiert. Auf dem Buchrücken steht nur etwas von einem Mädchen, einem Jungen, deren Liebe und der furchteinflößenden Dunkelheit. Ich rechnete also mit einer Liebesgeschichte und zwei Protagonisten. Doch weit gefehlt. Tatsächlich gibt es drei Protagonisten und ehrlich gesagt finde ich es auch nicht in Ordnung, den dritten so vollkommen unerwähnt zu lassen. Des Weiteren geht es meiner Meinung nach nur sehr entfernt um eine Liebesgeschichte, was auch vollkommen in Ordnung ist. Denn die beiden Protagonisten Marin und Line, die als Liebespaar gemeint sind, sind erst 14 Jahre alt. Natürlich ist das alt genug, um sich zu verlieben, um von wahrer Liebe zu sprechen aber vielleicht doch etwas zu früh. Vor allem steht die Liebe nie im Vordergrund. Es gibt tiefe Gefühle und beide geben offen zu, ineinander verliebt zu sein, aber ansonsten führt dieser Erzählstrang ins Leere. Kein Kuss, keine Zärtlichkeiten. Wie gesagt, das fand ich vollkommen in Ordnung. Ich finde nur, dass der Klappentext daher vollkommen verfehlt ist! Denn eigentlich steht die dritte Person viel mehr im Vordergrund, als Marin oder Line. Es geht um Marins Zwillingsbruder Kana, der ein Geheimnis bewahren muss. Die drei bleiben gemeinsam auf der Insel zurück und schlagen sich durch. Sie arbeiten als Team, beginnen sich zu misstrauen und doch ist ihre Verbindung alles, was sie haben. Ich kam lang Zeit mit keinem der drei Protagonisten klar, obwohl sie mir alle sehr imponiert haben. Das lag aber daran, dass ich generell Probleme mit dem Anfang des Buchs hatte. Das Szenario muss erst einmal begriffen werden und dann kommen die Namen. Auch wenn das nebensächlich ist, hatte ich riesige Probleme mit den Namen. Marin = Mädchen, Line = Junge und Kana = Junge. In meinem Kopf wollte das nicht so recht zusammen passen (, vielleicht auch, weil eine gute Freundin von mir Line heißt und ich daher immer die Assoziation „Mädchen“ hatte). Bis zum Ende konnte ich das Problem nicht lösen, aber mit der Zeit wird das Buch tatsächlich so ungewöhnlich und spannend, dass ich das ausblenden konnte. Die drei Protagonisten sind trotz ihres Alters schon sehr abgeklärt und haben alle sehr interessante Geschichten.
Das Beste an dem Buch ist tatsächlich das Thema der Dunkelheit. Die Autoren haben sich eine der ältesten Ängste des Menschen zu Nutze gemacht und spielen mit ihr. Heutzutage ist es schwer vorstellbar, dass wenn der Tag sich dem Ende neigte, es vollkommen dunkel war. Viele Menschen verbinden mit Dunkelheit Angst und wenn ich so überlege, gehöre ich zu diesen Menschen dazu. Man hat sich einfach so sehr an elektrisches Licht gewöhnt, dass die Welt, mit der man in „Tochter der Flut“ konfrontiert wird, so vollkommen anders ist. Immer wieder musste ich darüber nachdenken, ob ich so mutig gewesen wäre wie Marin, Line oder Kana. Hätte ich mich im Wald auf einer Insel um Dunkeln zurecht gefunden? Hätte ich überlebt? Oder wäre ich direkt von dem Unbekannten getötet worden? Denn mit der Nacht geht natürlich auch das Unbekannte einher. Niemand weiß, was in der Nacht passiert, die 14 Jahre lang andauert. Und schon allein das macht das Buch spannend. Denn lange Zeit weiß der Leser es auch nicht – fest steht nur, dass was auch immer da ist, gefährlich ist. Und so entsteht eine Art Katz-und-Maus-Spiel gegen die Zeit. Die drei Jugendlichen wollen von der Insel runter, doch das ist kein leichtes Unterfangen und ihr Leben wird bedroht. Aber von was?
Die Figuren passen gut zur Geschichte und sind ebenso ungewöhnlich, wie diese. Der Plot ist spannend gestaltet und der Leser will vor allem am Ende wissen, wie es ausgehen wird. Man zittert mit den Protagonisten und hinzu kommt noch Kanas besondere Situation. Es ist ein spannender Mix aus Thrillerelementen, Jugendbuch aber auch Fantasy. Der rote Faden ist vorhanden und man kommt sehr schnell durchs Buch. Auch, weil die Kapitel relativ kurz gehalten werden. Die Erzählperspektive ist etwas distanziert und leider wechselt die Sichtweise andauernd. In einem Satz wird aus Marins Sicht erzählt und im nächsten plötzlich ins Lines. Das gefiel mir gar nicht. Generell ist der Stil aber gut und einfach. 
Das Buch unterhält wirklich großartig, nachdem man sich ein wenig eingelesen hat und vor allem packt es den Leser. Mich hat es aufgrund seiner Thematik gefesselt, die ja eigentlich so simpel ist, doch mit einer Urangst zu spielen, hat es in sich. Außerdem gefiel mir die Auflösung und die Logik der Geschichte. Was ich aber einfach nicht verstehen kann, sind zwei Punkte. Den fehlleitenden Klappentext sprach ich bereits an. Aber auch das Cover und der Titel passen absolut null zur Geschichte! Im Original heißt die Geschichte „Night Fall“ und hat ein Cover, das drei Silhouetten in einem dunklen Wald zeigt. DAS passt zur Geschichte. Aber nicht das Wort „Flut“, oder das verschnörkelte Gesicht. Klar, das Gesicht soll Marin und ihre Entschlossenheit darstellen. Auch die Schnörkel machen Sinn, aber ehrlich gesagt finde ich beides unglaublich schlecht gewählt. Und trotzdem kann die Geschichte nichts für diese Formalia, weswegen ich sie nicht in die Bewertung einbeziehen.


Nehme ich also die Geschichte, den Stil und das Thema zusammen, bleibt ein tolles Buch übrig. Es braucht zwar ein wenig Zeit, um sich aufzubauen und die Geschichte beginnen zu lassen, doch ist dies geschehen, wird es spannend. Die Dunkelheit bietet einfach so viele verschiedene Facetten, dass die Geschichte funktionieren muss. Da ich Anfangsprobleme hatte, kann ich nicht die volle Punktzahl vergeben. Doch ich bin mir sehr sicher, dass ich „Tochter der Flut“ so schnell nicht vergessen werde, denn die Geschichte ist außer- und ungewöhnlich. Und deswegen vergebe ich 4,5 Spitzenschuhe.



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